Travis 'Moonchild' Haddix / Daylight At Midnight
Daylight At Midnight Spielzeit: 39:20
Medium: CD
Label: Earwig Music, 2008
Stil: Blues

Review vom 23.12.2008


Joachim 'Joe' Brookes
Wo hat man das schon? Tageslicht um Mitternacht.
Vielleicht zur Jahreswende, wenn alljährlich Feuerwerk-Millionen in die Luft gejagt werden.
"Daylight At Midnight" kann man aber auch ganz anders und viel besser haben. Z.B. im hohen Norden Skandinaviens, genauer in Finnland.
Travis Haddix schrieb den Titelsong seines aktuellen Albums genau dort. Seiner neuen Scheibe gibt der 1938 geborene Sänger und Gitarrist viele Freiräume, auch, was die Speicherkapazität dieses Mediums betrifft. Weniger ist oft mehr, konzentriert sich Haddix auf das Destillat der Songs, die ihm wohl zur Verfügung standen.
In seiner Stimme hat er den Soul, der eine Ballade wie "Who Could I Be" zu einer Hymne des Genres werden lässt.
Mit einer Band, in der sich unter anderem Gitarrist Bob Frank, zwischendrin auch an der Harp unterwegs, befindet, geht er konsequent seinen bluesigen Weg, der bezüglich der Spielart seines Arbeitsgerätes Momente eines Albert King hat und unter Einbezug seiner Stimme mit Son Seals oder Little Milton auf einer sehr hohen Stufe steht. Zunächst lernte der Amerikaner Klavier spielen und durch einen anderen King inspiriert, wechselte er das Spielzeug.
Gut so, denn an der Gitarre ist er ein hervorstechender Vertreter seiner Zunft und es ist schon enttäuschend, dass die CD so kurz ist. Man will einfach mehr hören.
Die Qualität der selbstgeschriebenen Songs ist hoch, sodass man dem Scheibchen immer wieder einen Spin gönnen kann.
Wenn der schon des Öfteren in Deutschland auf Tour gewesene Blueser eine funkige Version des 12-Takters auspackt, ist das Ding fast zu heiß zum Anfassen und solche Hitzewellen kommen nicht aus dem Inneren der Erde.
Selbst James Brown würde zu "What To Do" tanzen und dabei mächtig ins Schwitzen kommen. Ein Hammer, dieser Song! Mit einer fein im Vordergrund funkenden Gitarre sollte man bei den Bläser-Einsätzen am Besten direkt den Verbandskasten bereit legen, weil das Gebläse-Quartett die Lippen so etwas von spitzt, dass es ganz scharf wird.
Der Hammond B3-Mann Robert 'Red Top' Young transportiert klasse Sounds in den Äther und auch der weitere Tastenmann Gil Zachary ist toll.
Haddix erhielt seinen Spitznamen durch seine erste Single-Veröffentlichung, die aus dem Jahr 1956 stammt und selbstredend den Titel "Moonchild" hatte.
In der Ballade "Backward Baby" sind einzelne Töne aus seinem Instrument wie Nadelstiche unter die Haut und von dort setzt sich ihre Wirkung fort, bis recht schnell die passenden Nervenenden gefunden werden. Dann hat man auf der CD schon nach achteinhalb Minuten zwei Highlights hinter sich.
"Nine Behind" hat diesen unwiderstehlichen Blues-Groove, der verdammt schnell in die Fußwippe übergeht und hier sind es die Piano-Klang-Dreingaben, die für Aufmerksamkeit sorgen.
Das später gelistete "Way Back In The Country" spurt nach einem ähnlichen Strickmuster, allerdings ist es eher die Rhythmik, die bei der Suche nach Gemeinsamkeiten übrig bleibt. Der Überbau ist anders und so kann man erfahren, wie gut Haddix' Songwriting ist.
Seine Texte sind ebenfalls eine Klasse für sich und gerade die Zeilen zu "Way Back In The Country" veranlassen zum Schmunzeln, denn die Bienen müssen immer noch für so manche Aufklärungsversuche herhalten.
Die gehobene Blues-Unterhaltung setzt sich fort bis zum letzten Stück der Platte. "Blues Leftovers" ist beileibe nicht als 12-Takter-'Überrest' zu bewerten, sondern offenbart abermals seine Kunstfertigkeiten an den sechs Saiten.
So sorgt zum Ende des Jahres 2008 "Daylight At Midnight" nochmals für ein tolles Highlight. Den Blueser muss man sich merken und dafür umgehend auf die Liste setzen!
Aus dem Booklet ein Haddix-Zitat: »Europe seems to be my best market. They like what I do there, and they keep inviting me back. And that's a good thing!«
Das Büchlein ist sehr informativ und seine Aussagen tauchen immer im Text, der seine Karriere beleuchtet, auf. Die Platte wirft, im positiven Sinn, lange Schatten.
Line-up:
Travis Haddix (vocals, solo guitar)
Greg Nicholson (bass)
Ray Deforest (bass)
Mike Cohoun (lead guitar)
Bob Frank (lead guitar, harmonica)
Gil Zachary (keyboard)
Robert Young (Hammond B3)
Jeremy Sullivan (drums)

Horns:
Jeff Hager (trumpet)
David Ruffin (tenor saxophone)
Gus Hawkins (alto saxophone)
T.J. Fortunato (beritone saxophone)
Tracklist
01:Word A Lie (3:14)
02:Backward Baby (5:09)
03:Nine Behind (3:07)
04:Who Could I Be? (3:59)
05:Daylight At Midnight (2:48)
06:Way Back In The Country (3:26)
07:You Kind Of Fool (5:37)
08:What To Do (3:59)
09:Good Buddy Blues (3:19)
10:Blues Leftovers (4:26)
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