Prog Metal-Bands machen ja meistens nicht gerade fröhliche Tanzmusik. Ausnahmen mögen die Regel bestätigen - aber im 11/9-Takt lässt sich ohnehin schlecht tanzen. Nein, viel öfter geht es um ernste Themen in ernster Stimmung. Die ernste Stimmung, die die kalifornischen Newcomer von In The Silence gleich auf ihrem ersten Album präsentieren, reicht allerdings anderen Bands für Jahre. "A Fair Dream Gone Mad" ist düsterer, extrem atmosphärischer Prog Metal - eine einzige große melancholische Gefühlsstudie, bestehend aus sieben beachtlich arrangierten Songs und einem Instrumentalstück. Jeder Track ist ein kleines Kunstwerk; jeder für sich drückt eine emotionale Düsternis aus, eine innere Zerrissenheit, Leere und Aufgewühltheit, die sich auch in den Lyrics widerspiegelt. Die handeln von Tod, Trauer, Einsamkeit und verlorener Liebe. Falls das nun klingt, als würden In The Silence weinerlich vor sich hin lamentieren ...
... das Gegenteil ist der Fall. Die Band dröhnt brachial aus den Boxen. Die Passagen, in denen zerbrechliche, traurige Melodien ineinanderfließen sind wichtig, aber meistens nicht dominierend - sehr bald wird die Szenerie von eiskalten Double Bass-Salven zerrissen und von brachialen Schwermetall-Riffs zerfurcht. Es geht richtig schön basslastig-schwermetallisch zu - da wird viel Erde umgegraben. Dazu passt der expressive, elegische Gesang von Bandkopf und Songschreiber Josh Burke, der mit viel Hall abgemischt ist und manchmal sogar etwas 'entfernt' produziert wurde. Dadurch wirken seine Vocals wie verzweifelte Hilfeschreie - das hat eine beeindruckende Wirkung! Die Momente, in denen die Musik Luft holt, haben durchaus eine finstere Neo Prog-Komponente, wie sie zum Beispiel zu Riverside passt. Aber das sind nur Momentaufnahmen - wie überhaupt die Songs auf "A Fair Dream Gone Mad" ständigen Wechseln unterliegen und sich immer weiter entwickeln, nach vorn pushen, mit Atempausen. Das hat etwas wahrlich 'Lebendiges'!
Die düstere Heaviness - der beklemmende Sound und dessen tiefgreifende Wirkung - hier und da erinnert das an den Klangkosmos eines Jim Matheos. Die sinnliche Instrumentalstudie namens "Close To Me" (eine Art Innehalten auf halber Strecke des Albums) hat schon was von "Inward Bound". Und die breiten Distortions von "All The Pieces" verströmen dieses verstörende, aber fesselnde Unbehagen vom "Disconnected"-Album. Und bei diesen auch durchaus modern angehauchten, hypnotischen Klangverdichtungen fällt einem unweigerlich auch OSI ein, von und mit Kevin Moore, was den Kreis zu "Disconnected" wieder schließt. Nur bei "Your Reward" hat Josh Burke es etwas zu genau genommen - die Klargitarren-Figur, die da Trance-artig den Takt vorgibt, ist viel zu nah an "River Wide Ocean Deep" angelehnt. Viel zu nah und deutlich. Dabei ist auch dieser Song hochinteressant - wie die Sologitarre die ganze Zeit über im Hintergrund zerrt und klagt ... klasse.
In Sachen Songarchitektur haben sich In The Silence dafür viel weniger von FW abgeguckt. Da erinnert das eher an die Art und Weise, wie Communic das machen. Strophen, Pre-Chorusse und Refrains sind kaum einzeln als solche 'spürbar' - viel eher als wiederkehrende Passagen, die sich organisch und intuitiv durchentwickeln. Eine gigantische, betörende musikalische Wallung. Der Opener "Ever Closer" ist ein feines Beispiel dafür. Auch die Soli stehen nicht separiert an irgendeiner Stelle. Vielmehr drehen die Gitarristen inmitten langgezogener, aber kurzweiliger (weil hochspannender!) Instrumentalpassagen so richtig auf. Ein Höhepunkt sind die genialen, impulsiven Frickeleien in "Beneath These Falling Leaves" über temporeich verproggter, messerscharfer und dampfwalzenschwerer Rhythmussektion. Das geht mächtig in die Bauchgrube.
Einen Anspieltipp gibt es noch - außergewöhnlich, weil so straight und eingängig: "Serenity", mysteriös angefixt durch ein Akustikgitarrenintro mit pumpendem Bass, und mit einem atemberaubenden (hier als Ausnahme also doch sehr hervorstechenden) Refrain. Der hymnische Heavy Metal-Galopp könnte (wie auch einige Instrumentalpassagen) glatt von Iced Earth stammen. Der Gesang allerdings nicht - mit seinen eindringlichen, emotional verschwenderischen Vocals verbindet Bandkopf Josh Burke alle Songs zu einer Einheit. Und genau da liegt auch die 'Gefahr' für die Band. Die Premierenplatte "A Fair Dream Gone Mad" ist ein echtes Brett und klingt erstaunlich reif. Allerdings fällt es nicht immer leicht, sich zu orientieren und beim zufälligen Reinhören gleich zu erkennen, in welchem Song man sich befindet. Die weitere Entwicklung wird für In The Silence also nicht einfach und nicht unspannend - für das Debüt aber ein großes Lob!
Line-up:
Josh Burke (vocals, guitars)
Dennis Davis (bass)
Nate Higgins (guitars)
Niko Panagopoulos (drums)
Additional musician:
Jarek Tatarek (violin - #4)
Tracklist |
01:Ever Closer (6:02)
02:Seventeen Shades (6:03)
03:Serenity (6:12)
04:Beneath These Falling Leaves (7:17)
05:Close To Me (3:23)
06:Endless Sea (4:58)
07:All The Pieces (5:31)
08:Your Reward (7:31)
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