Vor ein paar Tagen habe ich das neue Album der norwegischen Hardrocker Inglow vorgestellt und war sehr begeistert. Nun hatte ich die Gelegenheit, die Band in Berlin auf der Bühne zu erleben und ein Interview mit ihnen zu führen.
Es wird ein langer Abend, oder besser gesagt, eine kurze Nacht. Unser Interviewtermin ist gegen zweiundzwanzig Uhr angesetzt, nach dem Soundcheck. Ich bin bereits eine Stunde vorher im Magnet, einem kleinen Club im Szeneviertel rund um die Wrangelstraße in Berlin-Kreuzberg. Die Gegend ist wie immer gut besucht, in den schmalen Straßen reihen sich Geschäft an Geschäft und ein Restaurant an das andere. Fahrradfahrer bestimmen das Bild und Touristengruppen, besonders von jungen hippen Menschen, flanieren entlang. Der Magnet ist bekannt, steht in fast jedem guten Reiseführer und ist deshalb immer stark frequentiert. Berliner Nachtschwärmer, Szenegänger und Touris geben sich die Klinke in die Hand. In verschiedenen Räumen können die Gäste auf unterschiedliche Musikstile tanzen und ausgelassen feiern. Im großen Saal befindet sich die Bühne und auf der ist das aktuelle Aushängeschild Norwegens in Sachen Hard Rock im Gange.
Zum Interview gehen wir in den ruhigen Aufenthaltsraum, machen es uns auf dem Sofa gemütlich und nehmen ein paar alkoholfreie Drinks. Es ist ein sehr ausgelassenes und angenehmes Gespräch und ich erfahre darin vieles über die bei uns recht unbekannte Band.
Um Punkt Mitternacht, nachdem sich der Saal langsam gefüllt hat, stehen Inglow endlich auf der Bühne. Für mich ist die Nacht leider schon um sechs Uhr wieder vorbei und ich bin etwas nervös wegen des späten Beginns, da ich ja anschließend auch noch fast eine Stunde Heimweg vor mir habe. Dennoch bleibe ich bis zum letzten Ton, denn das Konzert ist sagenhaft gut. Sänger Martin Diesen zeigt auf der Bühne ein völlig anderes Gesicht als während des Interviews, bei dem er ein ruhiger Gesprächspartner war. Nun lässt er vom ersten Moment an die Sau raus und tobt wie ein Wirbelwind über die für ihn viel zu kleine Bühne. Man merkt sofort, er braucht etwas Größeres, er braucht die Mainstage eines Festivals und seine Mannen unterstützen ihn bei seinem Ziel in jeder Lage.
Inglow bestehen bereits seit mehr als einer Dekade, allerdings in dieser Besetzung erst rund zwei Jahre. Schaut man sich die Mitglieder näher an, so stellt man fest, dass neben einem Heavy Metal-Drummer die Gitarristen unter anderem aus dem Pop- und Jazzbereich stammen. Diese ungewöhnliche Symbiose scheint deren ausgewogene Musik auszumachen. Jeder ist am Songschreiben beteiligt und bringt seine Erfahrungen aus dem jeweiligen Genre mit ein. Daraus entstanden ist nun die zweite CD der Band, mit dem gleichnamigen Titel "Inglow". Bereits vor einigen Jahren wurde "Till Deaf Do Us Part" sowie drei EPs veröffentlicht. Daraus resultierend einige, in Norwegen sehr erfolgreiche Single-Auskoppelungen, die diverse Medienpreise erhalten haben. Spätestens jetzt sollte man hellhörig werden. Auch aus der neuen Platte ist nun eine Single ausgekoppelt worden und gleichzeitig dazu ein beachtenswertes Video. Die Band hat sich für eine Coverversion des Tom Petty-Titels "Free Fallin'" entschieden. Warum ausgerechnet dieser und von dieser Band, erzählt mir Gitarrist Andreas Rustad während des Interviews. Mir persönlich hat der Song bereits auf dem Album sehr gut gefallen, auf der Bühne im Magnet kommt er noch einmal um ein Vielfaches besser rüber.
Inglow spielen leider nur ein einstündiges Kurzprogramm mit einer Mischung ihrer besten Songs aus beiden CDs. Warum nur so kurz, frage ich mich, denn es gibt ausreichend Material, um ein abendfüllendes Konzert zu veranstalten. Bereits vom ersten Moment zieht es das Publikum an den Rand der Bühne. Viele rocken sofort mit den Songs mit und lassen sich durch die hervorragende Show des Frontmannes Martin Diesen animieren. Drummer Cristian Svendson treibt seine Vorderleute unermüdlich mit seinen harten Schlägen an. Er ist gut, ja sogar richtig gut, schnell und präzise. Ebenso wie seine Mitstreiter an den Sechssaitern. Abwechselnd übernehmen sie die Führung, spielen dezente Soli, ohne sich zwingend ins Rampenlicht stellen zu müssen und lassen somit ihrem Sänger den nötigen Freiraum. Ruhig im Hintergrund und oft im Blickkontakt mit seinem Drummer, verrichtet Ruben Larssen am Bass seine Arbeit. Er fällt irgendwie am wenigsten auf, bewegt sich auch nur selten und geht im dunklen Hintergrund der leider schlecht beleuchteten Bühne fast unter.
Nach nur elf Songs ist das Konzert leider schon zu Ende. Rund eine Stunde ist wie im Fluge vergangen. Trotz lautstarker 'Zugabe'-Rufe verabschiedet sich die Band und verschwindet im Backstagebereich. Für mich sind Inglow ein sehr guter Tipp für Fans, die gerne zwischen Hard und Heavy pendeln. Ihre CDs sind zu empfehlen, werden aber vermutlich nicht sofort einen Platz in den Verkaufsregalen bekommen. Da ein Merchandise-Verkauf im Magnet leider nicht vorhanden ist, ist es für die anwesenden und mit Sicherheit kaufinteressierten Fans nicht möglich, die Scheibe "Inglow" und das vorangegangene Werk "Till Deaf Do Us Part" zu erstehen. Gerne hätte ich mir auch noch die letztere zugelegt.
Allen, die nun neugierig geworden sind, kann ich nur einen Besuch der Funkausstellung (IFA) am 10. September empfehlen. Dort spielen Inglow erneut in Berlin und dann hoffentlich etwas länger.
Vielen Dank an Dennis Saia von Starkult Promotion für die Akkreditierung und an Christina Otto für die hervorragende Betreuung.
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