Sie sind zu dritt, sie kommen aus dem italienischen Udine und sie haben Lust auf Anderssein. Invivo, seit 2009 in der jetzigen Besetzung zusammen, haben schon zwei EPs und ihr 2010er-Debütalbum "Change Tomorrow" in ihrem Portfolio - aber dieses Album, "Arise", das soll es nun aber wirklich sein. Stolz präsentiert man die Zusammenarbeit mit Producer Fabio Trentini (u. a. Guano Apes, Subway To Sally), der Invivo tatsächlich einen satten Sound verpasst und das gut dreiviertelstündige Produkt zum Hinhörer gemacht hat. Ob allerdings genug zum Anderssein drinsteckt, das ist die Frage ... Die, die Werbung machen für Invivo, sehen die Gruppe stilistisch in der Nähe von Bands wie den Deftones, Tool, Muse und Porcupine Tree. Ja, da sind Ähnlichkeiten vorhanden; verschiedene Details von verschiedenen der genannten Bands.
Invivo sind düster, aber nicht pechschwarz, experimentierfreudig, aber nicht avantgardistisch und atmosphärisch, aber nicht suppig. Man kommt mit eiskalten, messerscharfen Prog-Riffs daher, die tief in der Magengrube zu spüren sind. Die Gitarren sind tiefgestimmt, teils klingt es doomig. Und ständig wird die mitwippende Birne jäh aus dem Takt gebracht, denn es wird links und rechts schräg abgebogen, statt die Zählzeiten gerade(aus) weiter zu zählen. Die harte Seite von Invivo ist jedoch im wahrsten Sinne des Wortes nur die halbe Wahrheit. Als Gegengift gibt es viele Strophen, die nahezu minimalistisch daher kommen, mit Effekt-beladenen Soundscapes und sich vorsichtig vortastendem Gesang. Im Chorus dann so oft die Kehrtwende: atmosphärische Power, expressiver, klagender Gesang. Bei "Breathing Sulfur" reibt sich Marco Celotti regelrecht auf, wow.
Hier gibt es zwei Highlights: zum einen "The Space" mit seinem schwebenden 6/8-Chorus, zum anderen "The Edge" - eine sagenhaft schöne, elegische Melodie, die warme und kalte Schauer auslöst. Und da wird es Zeit für weitere Vergleiche. Der sehr emotionale Gesang und die dazugehörenden erfrischend lebendigen Melodielinien erinnern an die Schweden-Progger von Andromeda. Ebenso das 'Spiel mit zwei Geschwindigkeiten': Während der intensive Gesang mit langem Atem daher kommt, frickelt im Hintergrund ein Synthesizer (wer die Tasten bedient, verrät die Band leider nicht) oder eine Gitarre in hohem Tempo. Besonders deutlich ist das beispielsweise bei "Magnets" zu hören. Das Riffing freilich, das klingt allerdings auch hier völlig anders, eher 'alternative' ...
... oder nennen wir es 'Modern Prog'? Invivo vertragen sich in dieser Hinsicht mit Bands wie Qube, (den heutigen) Crises oder - der wuchtig-intensiven Melancholie sei Dank - In The Silence. Nischenbands, klar. Aber das rhythmisch fein angespitzte, düstere Gerumpel in "The Space", zusammen mit einer etwas surrealen Keyboardwürze und den punktgenau verbauten technisch hochklassigen Läufen und Frickeleien ... nun ja, in weiten Teilen könnte die Nummer auch von Dream Theater stammen. Hier die Assoziationen - dort die Überraschungseffekte: die funkige Bassline von "The Edge", der Indie-Psychedelic-Mix von "Engage" oder die schmerzvoll-schöne Seelenstudie "Always" (ein verklärtes Piano, hauchzarter Gesang ... nicht laut, aber so intensiv!). Die Aufmerksamkeit lässt beim Hören von "Arise" nicht nach.
Invivo haben etwas Großes zusammengezimmert, kein Zweifel. Ob es aber in Sachen Innovationskraft reicht, um nachhaltig auf sich aufmerksam zu machen ... diese Frage ist dann doch zu schwer zu beantworten. Fürs erste steht nach Durchlaufen der Qualitätskontrolle jedenfalls eine dicke Kaufempfehlung.
Line-up:
Elvis Fior (drums)
Marco Celotti (vocals, guitar)
Michele Orselli (bass)
With:
Fabio Trentini (sitar - #8,11, bass - #4)
Tracklist |
01:Arise (3:53)
02:Hostage (3:47)
03:Engage (3:25)
04:Always (4:02)
05:The Space (3:46)
06:Magnets (4:42)
07:Sulfur (4:20)
08:Unchained (4:18)
09:The Edge (3:49)
10:Where It Ends (5:38)
11:Redefine (4:35)
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