Spielzeit: 49:17 Medium: CD Label: Anti-, 2011 Stil: Singer/Songwriter, Kammer-Pop Review vom 11.10.2011 Norbert Neugebauer

Marketa Irglova (richtig Markéta Irglová) ist keine neue Metal- oder Prog-Band, sondern eine 23-jährige tschechische Musikerin und Oscar-Preisträgerin. Nicht gewusst?

Zusammen mit ihrem Partner Glen Hansard (als Duo The Swell Season) trat sie in dem Film "Once" als Hauptdarsteller auf und schrieb dafür auch den Song "Falling Slowly", der als bester für den Trophäen-Gewinn 2008 ausgewählt wurde. Weitere Preise und eine Grammy-Notierung folgten. Allerdings hielt sich der nachfolgende Ruhm in Grenzen, aber immerhin sprang nun ihr erstes Solo-Album auf dem Anti-Label heraus.

Marketa Irglova hat lt. Promo-Mitteilung eine klassische Ausbildung als Pianistin und Sängerin und entschied sich als 18-Jährige für ihre jetzige Musikrichtung, die sie im weiteren Sinn als Singer/Songwriterin einordnen lässt. Heute lebt sie in Dublin. Aufgenommen wurde das Album in Chicago. Zuvor hatte sie in New York Kontakt mit u.a. iranischen Musikern bekommen, die sie teilweise auch bei den Sessions und der jetzt folgenden Tour begleiten. "Anar" ist das persische Wort für Granatapfel, dem Motiv auf dem Cover.

Sonst erfährt man leider wenig über die Produktion. Dass der PR-'Waschzettel' in englisch ist, ist wirklich kein Problem, aber weder dort, noch auf dem dürftigen Promo-Exemplar samt Einfach-Schuber gibt es irgendwelche Angaben beispielsweise über Mitmusiker. Die Hauptbegleitung der Sängerin ist das Klavier, fast alle Songs beginnen mit ein paar Tasten-Akkorden, bevor die hohe, dünne Stimme einsetzt. Nein, dieses Gesäusel, oft noch als Background-Chor vervielfacht, ist wirklich nicht meine Kragenweite. Dazu kommen ein dezentes Schlagzeug und einzelne Streichinstrumente, mitunter Bläsersätze und Percussion. Das Ganze ergibt eine Art von melancholischem Kammer-Folk-Pop mit sphärischem Singsang, der in seinen besseren Phasen von den Gesangslinien her an frühen Psychedelic-Folk erinnert. Auch in den Stücken selbst gibt es keine große Abwechslung, alles hört sich irgendwie ähnlich an. Eine Ausnahme und vielleicht ein Anspieltipp ist das bläserunterstützte, flottere "Go Back". Auf "Dokhtar Goochani" singt sie Percussion-unterstützt in einer mir unbekannten Sprache, das hebt sich ebenfalls vom Rest ab.

Zwölf zumeist getragene Stücke einer nicht gerade begnadeten Chanteuse, die vielleicht in anderem Umfeld und mit Partner besser zur Wirkung kommt. Ob sich ihr Solo-Debüt im Heer der derzeit aktiven Singer/Songwriterinnen durchsetzen kann, bezweifle ich. Einen Preis-würdigen Song habe ich jedenfalls nicht entdecken können, Grammy-hafte Qualität schon gleich gar nicht. Man darf allerdings Marketa Irglova zugute halten, dass sie mit den angegebenen 23 Jahren noch jung ist und sich weiterentwickeln kann. Vielleicht fehlt ihr einfach der richtige Produzent, der ihre sicher vorhandenen Talente auf bessere Weise zur Geltung bringt.