Elton John zählt für mich neben Tina Turner, Joe Cocker und Eric Clapton zu den unverwüstlichen Instanzen im Pop- und Rock-Business, die mich quasi durch mein gesamtes musikalisches Leben (mehr oder weniger intensiv) begleitet haben und denen dafür auf jeden Fall mein großer Respekt gebührt.
Der aus Pinner, Middlesex, Greater London stammende, geadelte Brite mit seinem berühmten Brillentick ist dabei, was meine Tonträgersammlung betrifft (ich besitze tatsächlich nur sein "Too Low For Zero"-Album als LP), trotz seiner insgesamt über 30 Studiowerke und vielem mehr der bisher am meisten vernachlässigte Künstler aus diesem Quartett, wie ich zu meiner eigen Schande gestehen muss.
Jetzt, wie der Zufall es wollte, erhielt ich mein erstes digitales Produkt von ihm, seine brandneue CD "The Diving Board", zur Begutachtung. Was mir direkt gefällt, ist die tolle Coverkonzeption und das Artwork von Mat Maitland (12-seitiges Booklet mit tollen Fotos von Tim Barber und allen Songtexten), das mich an die kultträchtigen Kreationen der damaligen Londoner Firma Hipgnosis erinnert (u. a. Pink Floyd, Bad Company, Alan Parsons, Led Zeppelin, Genesis), die dann zu Beginn der achtziger Jahre ja leider Insolvenz anmelden musste.
Musikalisch ist Sir Johns "Diving Board" für mich, produziert übrigens von T-Bone Burnett, aufgrund meiner eigenen musikalischen Präferenzen, aber eher ein Sprung ins kalte Wasser. Er und sein kongenialer Songwriter-Partner Bernie Taupin bewegen sich mit ihrem Fang aus (natürlich…) piano-dominierten Nummern, gefischt u. a. aus dezent kammermusikartig/orchestral anmutenden Lounge-, Swing-, sowie Gospel-, teilweise sogar Musical-tauglichen Pop- und Blues-Gründen, mir insgesamt über die gesamte Dauer in etwas zu seichten Gewässern.
Klasse seine dem Schriftsteller Oscar Wilde gewidmete Hommage (vermutlich kein Zufall, diesem wurde ja ebenfalls ein großer Hang zur Homosexualität nachgesagt), die hier mit tollen atmosphärischen Celli-Einlagen und klasse Tempo- und Stimmungswechseln für mich das Highlight des Silberlings darstellt.
Das instrumental gehaltene Stück "Dream" gibt es hier gleich in drei kurz gestalteten Ausführungen, die wohl jeweils als Intro/Übergang für ihre nachfolgenden Lieder gedacht sind. Am Nächsten kommt Elton mir mit dem noch am poppigsten erscheinenden "Voyeur" und den eher gospelig angehauchten Stücken wie "A Town Called Jubilee", "Can't Stay Alone Tonight", "Take This Dirty Water" oder "Mexican Vacation (Kids In The Candlelight)".
Da darf dann auch ein Doyle Bramhall II sporadisch mal die Slidegitarre surren lassen (sonst sind eigentlich gar keine Gitarren am Start), Backgroundsängerinnen voluminös ihre 'Uuuhs' und 'Aaahs' aus sich herauslassen und der Meister selbst gefällt mit flinkem und filigranem Honkytonk-Geklimper. Beim ganz am Ende befindlichen Titelstück swingt Sir Elton dann auf einer Wellenlänge mit einstigen Größen wie Frank Sinatra, Dean Martin & Co.
Elton Johns "The Diving Board" ist trotz seiner vielschichtigen Nummern ein durchaus in sich stimmiges Werk geworden, das seinen Hörer fordert und recht weit von kommerziellen Hintergedanken (das ehrt ihn) entfernt geprägt ist. Mir persönlich ist es aufgrund meiner eigenen Vorlieben insgesamt zu pianolastig, etwas zu introvertiert und über die gesamte Strecke (fast eine Stunde Spielzeit) dann doch auch etwas anstrengend.
Trotzdem eine anspruchsvolle Platte, die sicher wieder mal irgendwann an einem verregneten herbstlichen Sonntagnachmittag bei gemütlicher Beleuchtung und einem Gläschen Wein zum Relaxen auf der Couch den Weg in meinen CD-Player finden könnte.
Tracklist |
01:Oceans Away
02:Oscar Wilde Gets Out
03:A Town Called Jubilee
04:The Ballad Of Blind Tom
05:Dream #1
06:My Quicksand
07:Can't Stay Alone Tonight
08:Voyeur
09:Home Again
10:Take This Dirty Water
11:Dream #2
12:The New Fever Waltz
13:Mexican Vacation (Kids In The Candlelight)
14:Dream #3
15:The Diving Board
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