Oxygene öffnete Jean Michel Jarre die Welt des Ruhms. Mit seiner elektronischen Kunst sammelte er den goldenen Meteoritenstaub des Erfolges mit der Schaufel ein und 1978, zwei Jahre nach dem überdimensionalen Höhenflug seines Erstlings, kam "Equinoxe" auf den Markt.
Äquinoktium ... Tagundnachtgleiche ... der kalendarische Beginn von Frühling und Herbst ...
"Equinoxe" ... »[...] Conceptually, the album traces the human experience from morning through to night, suggesting different stages of consciousness through its eight movements. As ever with Jarre's work, there is a deeper truth associated with the album, its title referring to solar activity that, in ancient times, solicited social gatherings. [...]«
Diese erklärenden Zeilen zum Album stammen aus dem Booklet und wurden im Februar 2014 von Phil Alexander (MOJO Magazine) geschrieben. Gerade bei instrumentaler Musik sind der Fantasie ja kaum Grenzen gesetzt. Definitiv, wenn die Titel einer Veröffentlichung einfach nur durchnummeriert werden. Die Vorstellungskraft des Hörers hat folglich freien Lauf und den bieten alle acht Teile von "Equinoxe".
Das vorliegende Album ist wie "Oxygene". Diese Aussage trifft nur bei oberflächlichen Hörern zu. "Equinoxe Part 5" ist eine Blaupause von "Oxygene Part IV". Genau, weil diese Nummer ebenfalls zu einem Hit wurde. Allerdings sind die beiden Songs nur auf der soeben genannten Grundlage miteinander vergleichbar.
Musikalisch spielen sich zwei verschiedene Welten in den zwei Tracks ab. Die Fantasie fährt auf unterschiedlichen Strecken zum Ziel der differenzierten Verträumtheit. Wobei man über den "Equinoxe Part 5"-Weg flotter zum Fluchtpunkt der surrealen Wünsche kommt. Jean Michel Jarre ist der perfekte Illusionär des Rock'n'Roll.
Wie bei "Oxygene" verschmelzen die Lieder ohne eine Pause dazwischen zu einem großen Ganzen. Je nach Atmosphäre und Stimmung bringen einen die acht Komposition an ganz unterschiedliche Traum-Reiseziele. Deutlich wird Jean Michel Jarres Hang zur Melodie erkennbar. Dabei verzichtet er allerdings nicht darauf, den Hörer auch bis zu den wunderschönen Klängen des Space zu entführen. Darin ist er ein wahrer Meister.
In der zweiten Hälfte der Songs von "Equinoxe" kommen sehr häufig diverse Klänge von Wasser vor. So auch im abschließenden "Equinoxe Part 8 (Album Version)". Allerdings wartet Jean Michel Jarre nach den reinigenden Wassertropfen doch mit einer handfesten Überraschung auf.
Er verlegt den Beginn des Tracks in ein französisches Bistro und inszeniert mit seinen Klangerzeugern ein Liebeslied auf Chanson-Basis. Mit Fanfaren-ähnlichen Sounds zieht dann ein Gewitter auf und schließlich ist Melodie wieder Trumpf. Gemessen an der vorherigen Stücken fällt "Equinoxe Part 8 (Album Version)" flacher aus. Die Diversität fehlt. Jean Michel Jarre wirkt hier etwas uninspiriert.
Trotzdem fällt "Equinoxe" auf sehr fruchtbaren Boden. Der Nachfolger von "Oxygene" ist anders, sehr gelungen und zeigt, wie gut man auf unterschiedliche Art und Weise Traumwelten aktivieren kann. Auf jeden Fall mutieren die Fantasien nie in Alpträumen. Phasenweise mag der Protagonist nachdenklich-traurige Töne kreieren, die aber keinen depressiven Charakter haben.
Jean Michel Jarre blieb mit "Equinoxe" in der Erfolgsspur. Sein kreativer Umgang mit wohl wahren Türmen von Schaltern, Steckern, Kabeln und Tasten kommt aus der Seele und hat Seele.
Line-up:
Jean Michel Jarre (all instruments)
Tracklist |
01:Equinoxe Part 1 (2:23)
02:Equinoxe Part 2 (5:01)
03:Equinoxe Part 3 (5:11)
04:Equinoxe Part 4 (6:54)
05:Equinoxe Part 5 (3:47)
06:Equinoxe Part 6 (3:23)
07:Equinoxe Part 7 (7:24)
08:Equinoxe Part 8 [Album Version] (5:04)
(all songs composed by Jean Michel Jarre)
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Externe Links:
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