JOOL / JOOLesque
JOOLesque Spielzeit: 50:05
Medium: CD
Label: 7us music, 2009
Stil: Pop Rock


Review vom 23.08.2009


Moritz Alves
Schenkt man JOOL und seiner Plattenfirma Glauben, dann handelt es sich bei dem Hamburger Gitarristen um die neue 'House Rock'-Sensation... Bei solch hergesuchten Stilbezeichnungen frage ich mich dann immer schnell, ob man durch eine möglichst 'hippe' Schublade versuchen will, irgendwas zu kaschieren - beispielsweise mangelndes Talent.
Nun, so schlimm verhält es sich hier glücklicherweise nicht, denn der Hanseate, der bereits im zarten Alter von neun Jahren Bekanntschaft mit der Sechssaitigen schloss, hat technisch einiges auf der Pfanne, und auch was das Songwriting betrifft, steht man hier sicher keinem holprigen Anfänger gegenüber.
Dennoch verbirgt sich hinter besagtem 'House Rock' nichts anderes als stinknormaler Pop Rock der sanften Sorte, der vielleicht eine Spur durchgestylter daher kommt, als das übliche Einerlei. JOOL fabriziert auf seinem Silberling "JOOLesque" eine Mischung aus soften Gitarren-Licks, die über einer austauschbaren Rhythmus-Gruppe schweben, hinzu kommt sein weicher, verträumter Gesang. Man kann sich denken, dass dieser Mix ziemlich zahnlos ist und im Grunde keinem Menschen weh tut.
Genau das macht die Musik aber austausch- und verzichtbar. Sie ist halt einfach nur da. Würde es JOOL nicht geben, es würde ihn keiner vermissen. Diese Musik braucht kein Mensch, außer vielleicht irgendwelche Szene-Gänger und Club-Besitzer, die abseits ihrer elektronisch-musikalischen Abendgestaltung auch mal ein paar Gitarren hören wollen. Denn Jewel Timo, wie sich der Mann selbst nennt, tritt gern in 'angesagten' Clubs auf und lässt seine Gitarre dort über irgendwelchen (House-) Beats erklingen. Auf diese Weise kommt er offenbar auf der ganzen Welt herum und soll aktuell als 'heißer Scheiß' gehandelt werden. Wie dem auch sei, bei mir fruchtet sein mit verhaltenen Elektro-Spielereien gespickter Soft Rock jedenfalls überhaupt nicht.
Wesentlich cooler und ansprechender wäre es da schon gewesen, wenn JOOL sich gänzlich der Neuinterpretation diverser Blues-Klassiker gewidmet hätte. Denn genau das tut er bei den Stücken "Crossroads", "The Sky Is Crying" und "Cocaine" - allesamt altbekannte Songs, werden sie hier auf fast schon erfrischende Weise neu interpretiert. Blues-Puristen werden Jewel Timo zwar die Pest an den Hals wünschen, ich aber denke, dass genau dieser Spagat aus Tradition und Moderne dem Hamburger gut zu Gesicht gestanden hätte, sofern denn ein ganzes Album draus geworden wäre. Genau dort liegen schließlich seine musikalischen Wurzeln, seine privaten Vorlieben, die somit aus der ganzen 'hippen' Klangsuppe herausragen und die er auf diese Weise einem 08/15-Publikum hätte vermitteln können. Ansatzweise tut er das übrigens auch bei seinem "Birthday Song", der ziemlich ZZ Top-mäßig vor sich hin groovt.
Aber wenn man augenscheinlich eher als glamouröses Party-Tier und Szeneclub-Besucher auftreten möchte, dann passt so etwas auf Album-Länge wohl einfach nicht zum Image. Zu angestaubt und uncool erscheint der Blues auf den glitzernden Tanzflächen dieser Welt - ein Relikt aus einer anderen Zeit sozusagen.
Fazit: Ehrliche Herzblut-Musik sieht für mich etwas anders aus. "JOOLesque" ist ein (perfekt gespieltes und produziertes) Album, das im Grunde nirgendwo aneckt, sondern durch seine belanglose Soft Rock-Musik dem Hörer auf lange Sicht das Hirn weichkocht. Optisch eine Mischung aus Vince Neil (Mötley Crüe), Bret Michaels (Poison) und Howard Carpendale, inszeniert sich JOOL hier als Gitarre spielendes, glitzerndes Kunstprodukt.
Prädikat: größtenteils überflüssig.
Line-up:
Jewel Timo (lead and background vocals, guitar, bass, synthesizers, additional drums, drum programming, piano)

Enzo Galli (acoustic guitar - #1, flamenco guitar - #5)
Reiner 'Colours' Hubert (drums - #1, 2)
Friedrich Paravicini (cello - #2, 6, 10, 11, Wurlitzer - #6, 11)
Jan Ole Jönsson (additional drums - #2)
Stephan 'Stoppel' Eggert (drums - #3, 4)
Mirko Schaffer (additional bass - #4)
Martin Langer (drums - #6, 11)
Thies Christiansen (additional drums - #7, 12, djembe - #7) Geoff Dugmore's Brutal Beats from Zero G (drum loop - #8)
Philip Palm (drums - #10)
Achim Degen (lead and background vocals - #11, guitar - #11)
Merle Jordan (background vocals - #13)
Tracklist
01:Supersiged (4:19)
02:Shine (4:01)
03:Metrostar (3:23)
04:Supernaturally (3:23)
05:Mulholland Drive (2:51)
06:Dream On (4:41)
07:Superangel Reflight (6:50)
08:The Birthday Song (3:44)
09:Crossroads (3:06)
10:The Sky Is Crying (4:16)
11:Fade (4:32)
12:La Vida (1:55)
13:Cocaine (3:04)
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