Quincy Jones / Complete Recordings 1955-1959
Complete Recordings 1955-1959 Spielzeit: 80:04 (CD 1), 73:37 (CD 2), 69:10 (CD 3), 71:15 (CD 4)
Medium: CD-Boxset
Label: Enlightenment, 2014 (1955-1959)
Stil: Jazz


Review vom 18.04.2014


Wolfgang Giese
Der 1933 in Chicago geborene Quincy Jones zeigte schon früh sein Talent des Arrangierens, spätestens seit der Platte "Birth Of The Band" - auf dieser Kollektion auf der dritten CD die Titel elf bis neunzehn. Doch auch zuvor gab es auf diesen kompletten Aufnahmen der Jahre 1955 bis 1959 bereits brillante Ergebnisse seines musikalischen Frühschaffens. 'Komplett' bedeutet hier, dass acht Platten auf vier CDs verteilt, im jeweiligen Original enthalten sind. Bonustracks gibt es nicht. Und ob hier wirklich ein Komplettrundumschlag gelungen ist, lasse ich einmal außer Acht.
Folgende Platten wurden berücksichtigt:
  • "Jazz Abroad" (CD1, #1-8)
  • "This Is How I Feel About Jazz" (CD 1, #9-14)
  • "Go West, Man!" (CD2, #1-9)
  • "Last Night When We Were Young" (CD 2, #10-18)
  • "Harry Arnold + Quincy Jones + Big Band = Jazz!" (CD3, #1-9)
  • "Birth Of A Band" (CD 3, #10-19)
  • "Birth Of A Band Vol.2" (CD 4, #1-11)
  • "The Great Wide World Of Quincy Jones" (CD 4, #12-21)
Dabei ist die erste hier vertretene Platte, "Jazz Abroad", eigentlich eine Show für den großartigen Drummer Roy Haynes - auch, weil es seine, von Jones arrangierte Soloplatte aus dem Jahre 1956 ist. Hier wird mit teils schwedischen Musikern eine ganz lockere Atmosphäre in Richtung einer Jam Session und klassischer Jazz im Spannungsfeld des Wechsels von Be Bop zum Hard Bop geboten, teils auch mit älteren Jazzelementen aus der Zeit vor den Fünfzigern. Jedenfalls ist die Musik sehr hochwertig und unterhaltsam und die Solobeiträge zeigen die Klasse der Musiker, unter anderem spielt Art Farmer an der Trompete. Vor allem ist es Haynes, der sein Können als Schlagzeuger durchgehend demonstrieren kann.
Erst "This Is How I Feel About Jazz" ist die erste Soloplatte von Jones. Gleich mit einem über zehn Minuten dauernden Showcase startet sie mit dem Klassiker "Walkin'". Und nicht nur dieser Titel ist ein Klassiker, gleich die ganze Platte kann man so bezeichnen, zeigt sie doch, welch großes Talent in Quincy steckte. Großartige Musiker sorgten dafür, dass es einfach eine hervorragende Platte werden musste. Mit Charlie Persip ist der Schlagzeugstuhl wiederum erstklassig besetzt und als Solisten brillieren unter anderem Phil Woods, Hank Jones oder Zoot Sims. Auch der einzigartige Bassist Charles Mingus ist vertreten. Auf dem melancholischen und wunderschönen "Evening In Paris" kann der Flötist Herbie Mann die Atmosphäre verzaubern.
Nicht minder stark besetzt folgt in der Diskografie die Platte "Go West, Man!". Westen, weil es Quincy für die Aufnahmen nach Los Angeles zog und somit ein 'Who is Who' der dortigen Westcoast-Jazzszene mitwirkte. Das bedeutete, dass die Musik leichtfüßiger wurde, mit einem Hauch mehr Kommerz versehen und mit sehr hohem Unterhaltungswert. Recht cool wirkt die Musik oft und die Arrangements sind absolut perfekt und dicht gehalten. Kurze Soli bestimmen den stark am Big Band-Sound ausgerichteten Weg. Sicher ist diese Musik nicht innovativ in diesem Sinne, sondern mehr in Richtung Unterhaltungsmusik angesiedelt, allerdings auf sehr hohem Niveau.
"Last Night When We Were Young" - auch hier ist ein wenig 'geschummelt' worden, ist es doch tatsächlich eine Soloplatte des Trompeters Art Farmer. Das vorwiegend aus Standards bestehende Repertoire ist allerdings auf großartige Weise von Jones arrangiert worden. Neben der hier kleinen Band, einem Quintett, hat er gleich ein ganzes Streicherensemble gestellt, das eine ganz besondere, eine Art 'Mitternachtsatmosphäre', verbreitet. So ist die Musik ganz warm und weich im Ausdruck, so wie Farmer mit großer Schönheit in seinem Ton glänzt. Hier ist eine ganz großartige Platte entstanden - wir befinden uns mittlerweile im Jahr 1957. Alle Titel sind in langsamer Stimmung gehalten, nur "Tangerine" überrascht als Tango.
Nun zur dritten CD, die mitHarry Arnold + Quincy Jones + Big Band = Jazz! startet. So kann ich mich nun sofort der Geburt einer Band zuwenden, dem ersten Teil von "Birth Of A Band". 'Geburt einer Band' deshalb, weil dem Musiker 1959 von der Plattenfirma gestattet wurde, eine eigene Big Band auf die Beine zu stellen. Und mit Musikern wurde hierbei nicht gegeizt, sodass Topinterpreten mit dabei waren. Zoot Sims, Phil Woods, Kenny Burrell, Clark Terry, Benny Golson und viele andere sorgten dafür, dass mittels der Arrangements des Meisters wahrhaft erhabene und hochqualitative Musik entstand - ein wirklich großartiges Jazzalbum, das vielleicht beste in Quincys Jazz-Karriere.
Dem ersten Teil sollte alsbald ein zweiter folgen, der in nichts nachstand. Obwohl mir persönlich Volume One etwas besser hinsichtlich der Titelauswahl und der Interpretation gefällt und auf Volume Two mit "Syncopated Clock" ein recht amüsant arrangiertes Stück geboten wurde, obwohl auch Stilarten wie Rhythm & Blues mit dem rockenden "Choo Choo Ch-Boogie" für Abwechslung sorgen - jedoch halte ich den ersten Teil für jazziger und Bop-orientierter. Zu guter Letzt gibt es dann noch die zehn Titel von "The Great Wide World Of Quincy Jones". Hierbei handelt es sich um eine Platte aus dem Jahr 1959. Hier wurden wiederum Klassiker des Jazz in ein frisches Gewand gepackt, ganz hervorragend ist die Version von "Caravan". Auf einigen Titeln bringt der Gitarrist Les Spann noch einen guten Farbtupfer ein und auf "Lester Leaps In" legt er ein kurzes Solo vor. Mit einem recht harten Anschlag und stark rhythmisch betonten Sound, war er doch auch mehr Begleitmusiker als Solist.
Auffällig ist, dass die anfänglich noch längeren Stücke im Laufe der Zeit immer kürzer wurden und sogar die Big Band-Arrangements weisen recht kurze Spielzeiten auf. Nur der abschließende Song auf der letzten Platte ist mit knapp über fünf Minuten ein wenig länger.
Schade finde ich es, dass Quincy Jones dem Jazz später den Rücken kehrte - wer weiß, was noch alles entstanden wäre. Aber durch diese Box können wir wenigstens viel schönen Jazz aus den Fünfzigern genießen.
Tracklist
CD 1:
01:Pogo Stick [Jones] (6:17)
02:Liza [Kahn/Gershwin/Gershwin] (5:32)
03:Jones' Bones [Jones] (5:39)
04:Sometimes I'm Happy [Ceaser/Gray/Youman] (5:49)
05:Little Leona [Acea] (4:49)
06:Miss Mopsy [Benjamin] (5:00)
07:Gone Again [Hamner/Hampton/Lewis] (5:53)
08:Hagnes [Haynes/Shihab/Acea] (5:18)
09:Walkin' [Carpenter] (10:30)
10:Stockholm Sweetnin´ [Jones] (5:36)
11:Evening In Paris [Jones] (4:03)
12:Sermonette [Adderley/Hendricks] (5:51)
13:A Sleepin' Bee [Arlen/Capote] (4:37)
14:Boo's Blues [Jones] (5:03)
CD 2:
01:Dancin' Pants [Giuffre] (3:49)
02:Blues Day [Giuffre] (4:43)
03:Bright Moon [Giuffre] (5:21)
04:No Bones At All [Mandel] (3:58)
05:The Oom Is Blues [Mariano] (5:09)
06:Be My Guest [Niehaus] (4:30)
07:Medley: What's New?/We'll Be Together Again/Time On My Hands/You Go To My Head/Laura [Haggart/Burke]/[Fischer/Laine]/[Youmans/Adamson/Gordon]/[Coots, Gillespie]/Mercer/Raksin] (6:19)
08:London Derriere [Mandel] (4:06)
09:Kings Road Blues [Niehaus] (5:07)
10:Two Sleepy People [Carmichael/Loesser] (3:20)
11:Someone To Watch Over Me [Gershwin/Gershwin] (3:34)
12:I Concentrate On You [Porter] (2:51)
13:Ill Wind [Arlen/Koehler] (3:42)
14:Last Night When We Were Young [Arlen/Harburg] (2:58)
15:Out Of This World [Arlen/Mercer] (4:11)
16:When I Fall In Love [Young/Heyman] (3:32)
17:Tangerine [Schertzinger/Mercer] (2:46)
18:What's Good About Goodbye? [Arlen/Robin] (3:39)
CD 3:
01:Quincy's Home Again [Arnold] (2:29)
02:The Midnight Sun Never Sets [Jones, Salvador] (4:05)
03:Cherokee [Noble] (3:15)
04:Count 'em [Jones, Cleveland] (5:30)
05:Brief Encounter [Arnold] (3:04)
06:Room 308 [Silver] (3:13)
07:Kinda Blues [Arnold] (5:58)
08:Meet Benny Bailey [Jones] (3:49)
09:Doodlin' [Silver] (5:12)
10:The Birth Of A Band [Jones (2:56)
11:Moanin' [Timmons] (3:11)
12:I Remember Clifford [Golson] (3:44)
13:Along Came Betty [Golson] (3:19)
14:Tickle Toe [Young] (2:58)
15:Happy Faces [Stitt] (2:44)
16:Whisper Not [Golson] (3:23)
17:The Gypsy [Reid] (4:07)
18:A Change Of Pace [Arnold/Jones] (3:22)
19:Tuxedo Junction [Dash/Feyne/Hawkins/Johnson] (2:43)
CD 4:
01:Syncopated Clock [Anderson/Parish] (2:45)
02:Choo Choo Ch-Boogie [Darling/Gabler/Horton] (2:29)
03:The Midnight Sun Will Never Set [Jones] (2:44)
04:The Preacher [Silver] (2:55)
05:Marchin' The Blues [Jones/Liston] (2:44)
06:Moanin' [Timmons] (3:04)
07:Happy Faces [Stitt] (2:42)
08:Daylie Double [Jones] (6:04)
09:Pleasingly Plump [Jones] (2:27)
10:A Parisian Thoroughfare [Powell] (3:49)
11:G'wan Train [Bown] (2:59)
12:Lester Leaps In [Young] (3:34)
13:Ghana [Wilkins] (4:37)
14:Caravan [Ellington/Mills/Tizol] (3:30)
15:Everybody's Blues [Wilkins] (4:14)
16:Cherokee [Noble] (3:10)
17:Air Mail Special [Goodman/Mundy/Christian] (2:35)
18:They Say It's Wonderful [Berlin] (3:23)
19:Chant Of The Weed [Redman] (3:13)
20:I Never Has Seen Snow [Arlen/Capote] (3:11)
21:Eesom [Potts] (5:06)
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