Seit siebzehn Jahren tritt Shirley Johnson mindestens einmal pro Woche im berühmten Blue Chicago auf. Manchmal reicht das nicht und es können auch zwei- bis viermal daraus werden.
Die 1949 geborene Sängerin kann es locker mit anderen Ladies ihrer Zunft aufnehmen: Etta James, Koko Taylor oder Ruth Brown wären Namen, mit denen sich die Sängerin messen kann.
Vom Kirchenchor in die Norfolk-Szene der Siebzigerjahre; dann nahm sie einige Singles auf und landete schließlich in Chicago. Eine Platte spielte sie für das Appaloosa-Label ein und nun ist es schon die zweite für das Chicagoer Delmark-Label.
"Killer Diller" aus dem Jahr 2002 war bereits eine tolle Platte und ihre aktuelle CD mit dem nicht minder trendigen Titel "Blues Attack" schließt sich da nahtlos an.
Sie und ihre Begleitmusiker, inklusive einer vierköpfigen Bläser-Section, legen gegenüber dem Vorgänger noch eine groß dimensionierte Schüppe oben drauf, sodass die über 60 Minuten zu einem herrlichen Exkurs in Sachen Blues wie Soul und Gospel werden.
Leider ist der Gitarrist, Saxofonist sowie Sänger Maurice John Vaughn ( Buddy Guy, Larry Davis) nicht mit von der Partie. Dafür hat er, zusammen mit Johnson einige Lieder für "Blues Attack" geschrieben.
Die Rollen von Luke Pytel, einem relativ jungen Gitarristen aus Illinois und dem Keyboarder Roosevelt Purifoy ( Larry McCray, Carey & Lurrie Bell) sind so verteilt, dass man quasi von zwei instrumentalen Hauptakteuren sprechen kann.
Tief im Soul verwurzelt, versieht sie dieses, leider nicht mehr so angesagte Genre mit frischem und feinem Glanz. "634-5789" und der Ray Charles-Hit "Unchain My Heart" stehen Pate für die gesanglichen Qualitäten der Amerikanerin.
Tja, womit wir bei einem Kern des Pudels angekommen wären und der heißt genau so wie der zuletzt genannte Track. Hat man Shirley Johnsons Version nur einmal gehört... das Ding hat einen Stachel, der sitzt und man möchte, auch wenn sich die beiden Stimmen nicht vergleichen lassen, Joe Cockers Version vergessen. Diese Leichtigkeit, mit der das Herz von Ketten gelöst wird, ist beträchtlich und signalisiert, wie man auf andere Art einen Mega-Seller interpretieren kann. Eine Johnson ist kein Cocker und sie wird mit ihrer Version leider nicht so viele Anhänger haben.
Hört man sich Track für Track durch das klasse Album, stellt man fest, dass die Protagonistin mit vielen Wassern gewaschen ist und ihre Stimme passt einfach ganz toll in das Genre-Viereck Blues, Soul, Gospel und Funk. Wobei letzterer etwas weniger angesteuert wird.
Eine Shirley Johnson hat definitiv auch das Feuer eines funkelnden Diamanten und wer sich von einer Shemekia Copeland begeistern lassen kann, sollte dieser Sängerin auf jeden Fall ebenfalls einmal auf den Zahn fühlen. Es lohnt sich, liebe Leser, denn auch wenn die Dame gerade die 60 überschreitet, ist sie quirlig und agil.
Sie hat eine exzellente Band hinter sich, in der bereits genannter Purifoy ebenfalls zum Piano wechselt und diesem dann einen Honky-Touch verpassen kann.
Nach von Johnson gesungenen Balladen liegen die Taschentücher neben dem Glas Whiskey zerfleddert auf dem Tisch. Oder man benutzt das Papiertuch, um sich die Tränen abzuwischen.
Dieser Pytel, verdammt noch eins, hat einen Saitenanschlag mit einem großen Freudefaktor. Was der sich auf seinem Arbeitsgerät zusammen zaubert, ist erstaunlich und klasse zugleich.
Einen Saxofonisten wie Laurence Fields hat man nicht im Studio, um irgendwelche, wenn auch sehr geschätzte fetzige Bläser-Sätze abzugeben. Der Herr ist für die Soli aus dieser Abteilung zuständig und auch dafür, dass so mancher Weg in Richtung Jazz geht.
»It felt so good« singt sie im gleichnamigen Song und das möchte ich auf die gesamte Platte übertragen.
Schlicht und ergreifend gut bis sehr gut ist ihre "Blues Attack" und im Alphabet passt sie doch schön zwischen Brown, Copeland, James wie auch Taylor.
Vor und nach "Unchain My Heart" gibt es ausreichend Hinhörer, um sich in beste Blues-Laune versetzen zu lassen.
Line-up:
Shirley Johnson (vocals)
Accompanied By:
Luke Pytel (guitar)
Herb Walker (rhythm guitar - #2,5,7)
Roosevelt Purifoy (piano, organ)
Lovely 'JR' Fuller, Jr. (bass)
Cornell Teague (drums)
Lawrence Fields (tenor saxophone solos - #4,7,8,9,11)
Kenny Anderson (trumpet - #2,4,7,8,11)
Hank Ford (tenor saxophone - #2,4,7,8,11)
Willie Henderson (baritone saxophone - #2,4,7,8,11)
Roberta Thomas (backing vocals - #3,4,9, tambourine - #9)
Danielle Smith (backing vocals - #3,4,9)
Billy D. Richard (bass vocals - #4)
Tracklist |
01:You're Reckless (4:57)
02:Blues Attack (4:24)
03:My Baby Played Me For A Fool (3:38)
04:634-5789 (3:13)
05:Just Like That (4:48)
06:You Shouldn't Have Been There (5:17)
07:I'm Going To Find Me A Lover (3:53)
08:Felt So Good (4:04)
09:Unchain My Heart (6:13)
10:Selfish Kind Of Gal (3:44)
11:Take Your Foot Off My Back (5:00)
12:Lost And Alone (3:08)
13:Let It Rain (6:23)
14:You Just Using Me (4:34)
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Externe Links:
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