Spielzeit: 40:02 Medium: CD Label: Ruf Records, 2007 Stil: Blues Review vom 27.04.2007 Joachim 'Joe' Brookes

Von Kopf bis Fuß auf Blues eingestellt. So könnte man Candye Kanes neuestes Elaborat, "Guitar'd And Feathered", ihr insgesamt achtes Album, überschreiben.
Singen kann die ehemalige Stripperin, das steht mal außer Frage und für dieses Album hat sich das einstige Model sage und schreibe 11 Gitarrist(inn)en an Land gezogen. Der Löwenanteil fällt an Bob Margolin, der mal in Diensten von Muddy Waters stand und ihrem Band-Gitarristen Heine Andersen.

Ein nicht geplanter Besuch im Kaufhaus endet immer mit dem gleichen Ergebnis: Ist man wieder draußen, findet sich irgendetwas in der Einkaufstasche, das nicht gekauft werden sollte.
So ist es auch mit dem vielfältigen Angebot auf "Guitar'd And Feathered". Hier wird jeder Blues-Fan fündig, denn es ist eine große Palette an Spielarten des Genres im Sortiment.

Mit dem Gitarristen Junior Watson und Big Maybelles' Titel "My Country Man" geht es los. R&B-Feeling im Jump-Blues-Outfit. Über Junior Watson muss man ja kein Wort verschwenden. Die Kane singt mit einer riesigen Portion Verve in der Stimme.
Erwartet man beim Gastbeitrag von Popa Chubby vielleicht heftigen Blues Rock, wird diese Hoffnung von "Crazy Little Thing" durchkreuzt, denn der Track ist eine rockige Nummer im Stil der Fünfzigerjahre. Chubby und Margolin sorgen für eine genüssliche Wiederbelegung des Rock'n'Roll.

Bob Brozman spielt, als einziger Begleiter der Sängerin, im Overdub verschiedene Steel Gitarren und auch noch die diversen Rhythmusinstrumente in "Jesus And Mohammed". Kanes Stimme goes Gospel und Brozmans Gitarren liefern voller Dynamik zwischen Fingerpicking und Slide alles mögliche.
Das hört man gerne und so ist die Nummer klar in der Rubrik 'Anspieltipp' einzusortieren.

Die Kombination Sue Foley und Margolin steht für zwei Titel, die im klassischen 12-Takter verwurzelt sind. Einerseits im von Kane geschriebene "When I Put The Blues On You", andererseits bei Guitar Slims "I Done Got Over It", in dem die Harp von Billy Watson das Feeling noch verschärft. Dieser Track ist dann auch mit etwas über 4 Minuten die längste Nummer der CD. Alle anderen laufen so um die 3 Minuten, was die Gesamtspielzeit auf 'sagenhafte' 40 Minuten schraubt.

Zwischendrin eine weitere Kane-Nummer: Mit Jeff Ross an der akustischen Gitarre ist "I'm Not Gonna Cry Today" der Gypsy-Ableger des Gemischtwarenladens und verdeutlicht gleichzeitig die Wandlungsfähigkeit der Sängerin.

Bei der angesprochenen Stilvielfalt muss die Rhythmussektion verdammt flexibel sein. Candye Kanes ältester Sohn Evan Caleb (drums) und Bill Stuve (bass), wie Andersen in ihrer Band, lösen diese Aufgabe prächtig.

Was hatten wir denn noch nicht? Wo bleibt die Funk-/Soul-Abteilung?
Die wurde mit Kanes Band eingespielt, von allen geschrieben und hört auf den Namen "I'm My Own Worst Enemy". Wow, das ist gute Laune pur, aber, wie so häufig, halt etwas kurz.
Zur Rechtfertigung muss man aber auch sagen, dass alle Songs in sich schlüssig rüberkommen.

Herrlich versüsst Sue Palmer einige Songs mit ihrem Pianospiel. Zusammen mit Tommy Yearsley II das balladeske "Goodbye My Heart" oder "Club Of The Foolish Hearts", worin ihr eine Hauptrolle zukommt.

Ein weiteres Highlight habe ich mir dann doch bis zum Schluss aufgehoben. Da wäre noch eine junge Gitarristin, die die Kane mit ins Boot genommen hat: Ana Popovic! Mit "I'm Lucky", der Titel passt prächtig, hat Candye Kane die Groove-Nummer der CD geschrieben. Hervorragend die Rhythmusabteilung (muss nochmals erwähnt werden) und die Ana bereichert den Track mit viel Gitarre, die entweder entspannt daherkommt, oder den Charakter einer rasiermesserscharfen Klinge hat.

Entweder man betritt erst gar nicht ein Kaufhaus, oder wenn doch…
Candye, gib deinen Blues!

Line-up:
Candye Kane (vocals)
Junior Watson (guitar - #1)
Dave Alvin (National Steel - #2)
Bob Margolin (guitars - #2, 3, 5, 12, 13, hand claps - #7)
Sue Foley (guitar - #3, 5)
Jeff Ross (guitar - #4, hand claps - #7)
Heine Andersen (guitar - #6, 7, 8, 9, 11)
Kid Ramos (guitar - #8)
Ana Popovic (guitar - #9)
Bob Brozman (Nation Steel, Indian Steel, guitar, percussion - #10)
Popa Chubby (guitar - #13)
Bill Stuve (bass)
Evan Caleb (drums)
Billy Watson (harmonica - #5)
Sue Palmer (piano - #6, 8, 10, Wurlitzer - #9)
Tommy Yearsley II (Hammond B3 - #6)
Kim Fox (backing vocals - #7)