Gleich vorweg: Hier kommt ein Tipp!
Kraftvoll, vergleichbar am besten vielleicht mit der stimmgewaltigen Odetta, so startet das Album mit "Invocation", nur Gesang, Gitarre, Banjo, die urwüchsige Kraft eines Gospels, eines alten Folksongs, das schwingt hier mit, bevor es schon mit dem zweiten Titel losrockt mit einem gewissen Texas Blues-Feeling, "Good In '62". Doch auch dabei bleibt es nicht, denn Kurtz bietet mir hier eine der abwechslungsreichsten Platten, die mir in letzter Zeit 'untergekommen' ist.
Anteil daran hat sicher auch der alte 'Rockabilly-Haudegen' Sonny Burgess (genau der, der einst in Sam Phillips' Sun Studios aktiv war!). Sonny ist hier auf zwei Titeln zugegen, "Are You Dancing With Her Tonight" und "Hanging Around My Boy", zusammen mit dessen Band, den Legendary Pacers, natürlich aufgenommen in Memphis, in den Ardent Studios.
Auf "Billboards For Jesus" slidet Kurtz wie der Teufel (oder die Teufelin?), ein hypnotisch dahin stampfender Titel, auch geprägt durch den energisch und mit Hall unterlegten Gesang der Künstlerin.
Doch mein absoluter Favorit ist "Don't Go Down", ein langsam schleppender Titel mit reichlich Tremolo auf der Gitarre und einem Gesangsvortrag, der einem kalte Schauer über den Rücken laufen lässt und natürlich - Gänsehaut! Denn Kurtz singt hier mit einem unglaublichen Bluesfeeling, das ist emotional packend und bewegend, sie scheint hier Gefühle mit voller Kraft hinein zu legen. Es klingt unglaublich elastisch, wenn sie die Stimme dehnt und ganz mit der Melodie verschmilzt. Dazu paßt die von ihr gespielte Gitarre, die sich der Langsamkeit des Stückes unterordnet von der Stimmung her perfekt. Mein persönlicher Tipp dieser CD! Immer wieder hören!!!
Schleppender Blues im Stil eines lasziven Louisiana-Stils, das ist einer der Titel mit Burgess. "Hanging Around My Boy" kommt absolut cool und in schon leicht überheblich wirkendem Ambiente. Klasse, wenn sich dazwischen das perlende Piano von Kern Kennedy kurz schiebt, und auch ein kleines Harp-Solo von Jim Aldridge darf hier nicht fehlen. Da ist nichts zuviel, das hat keine vordergründige Aufdringlichkeit. Alles ist so herrlich locker aus dem Ärmel geschüttelt!
Dämonisch, düster und mystisch, das ist "Lou Lou Knows". Ein scheppernd-rumpelndes Schlagzeug gibt den Background für Kurtz' kurzes Lap Steel-Solo, die Keyboards umrahmen die Atmosphäre gespenstisch und plötzlich singt Dayna aus voller Kehle. Da sind schon wieder diese sich aufrichtenden Nackenhaare, das geht durch Mark und Bein, archaisch mutet das an, auf den Punkt gespielt, ohne Mätzchen. Ohne diese kommt dann auch das ganz a-capella eingesungene "You Fine Girl", wahrscheinlich mit dem Fuss als Rhythmusgeber unterstützt. Da zeigt die Sängerin, welch grandioses Feeling sie hat. Man erinnert sich unweigerlich an "Mercedes Benz" von Janis Joplin.
Das verrückteste Stück dann zum Schluss, eingespielt mit der Jazzformation Nightcrawlers aus New Orleans, einer Brassband, vergleichbar mit der Dirty Dozen Brass Band. Da rumpelt das wilde Leben der Großstadt, die Bläser wirbeln teilweise wild durcheinander, manch einer mag das für Free Jazz halten, was es aber nicht ist. So verabschiedet uns Dayna mit diesem sehr ungewöhnlichen Stück aus einer sehr ungewöhnlich zusammengestellten Sammlung von 10 Titeln.
Doch wer ist denn nun eigentlich Dayna Kurtz?
Bereits als Teenager trug sie eigene Kompositionen vor, 1997 erschien die leider nicht mehr erhältliche Liveplatte "Otherwise Luscious Life - live". Erst 5 Jahre später folgte dann "Postcards From Downtown". Und nun, nach drei weiteren CDs und einer EP, das neue Album.
Ich habe mich einmal um die alten Alben gekümmert und hierbei eine großartige Neuentdeckung gemacht. Ihr aktuelles Album ist im Verhältnis zu den älteren etwas abwechslungsreicher und stellt insofern für mich eine Sammlung dessen dar, was die Künstlerin bisher vorlegte.
Schwierig wird es, sie stimmlich einzuordnen, klingt sie doch auf den einzelnen Titeln durchaus unterschiedlich. Mal sind es Anklänge an die großartige Nina Simone, wenn ein dunkles Timbre ansetzt, dann ein Hauch Rickie Lee Jones, oder sogar Edith Piaf mit ihrem starken Ausdruck mögen hier Pate gestanden haben. Auf jeden Fall ist es Dayna Kurtz, die es, im Gegensatz zu so vielen hochgelobten neuen Stimmchen, verdient hat, viel Gehör zu bekommen.
Mein Aufruf an alle also, ihr genau das zu leihen - Gehör!
Line-up:
Dayna Kurtz (vocals, guitars, banjo - #1, lap steel - #3-8, human Hammond - #5)
Karli Maloney (vocals - #1)
Larry Baeder (lead guitar - #2)
Tony Baeard (drums - #2)
Kenny Aaronson (bass - #2)
Randy Crafton (drums - #3,6,8)
Dave Richards (bass - #3,6,8)
Peter Vitalone (Hammond & Rhodes - #3,6,8)
Keren Ann (human Hammond - #5)
Sonny Burgess (guitar - #4,7)
Jim Aldridge (sax & harp - #4,7)
Fred Douglas (bass - #4,7)
Kern Kennedy (keyboards - #4,7)
Bobby Crafford (drums - #4,7)
The New Orleans Nightcrawlers (horns - #10)
John Gros (piano - #10)
Paul Cebar (guitar - #10)
Happy Camper Choir (vocals - #10)
Tracklist |
01:Invocation (3:19)
02:Good In '62 (3:46)
03:Billboards For Jesus (4:20)
04:Are You Dancing With Her Tonight? (3:28)
05:Here Comes A Regular (6:46)
06:Don't Go Down (5:15)
07:Hanging Around My Boy (4:06)
08:Lou Lou Knows (3:22)
09:You Fine Girl (1:41)
10:Election Day (4:08)
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Externe Links:
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