Jess Klein / Bound To Love
Bound To Love Spielzeit: 41:58
Medium: CD
Label: UFO (United For Opportunity), 2010
Stil: Singer/Songwriter

Review vom 14.04.2010


Markus Kerren
New York - Kingston (Jamaika) - Boston - Austin. So lesen sich die bisherigen Wohnorte der Musikerin, Songwriterin und Sängerin Jess Klein. Und dass die geborene Nordstaatlerin mittlerweile in Texas gelandet ist, dürfte aufgrund der blühenden Szene in der sehr liberalen 'Musikerstadt' Austin keine große Überraschung sein. Gute zehn Jahre ist Jess jetzt schon im Musikgeschäft und legt nun mit "Bound To Love" ihr siebtes Album vor. Bei uns in Deutschland hält sich ihr Bekanntheitsgrad zwar noch in einem sehr begrenzten Rahmen, aber sie war bezüglich mehrerer Konzertreisen auch schon verstärkt in Europa - speziell in England - unterwegs.
"Bound To Love" wurde bereits in den Monaten Dezember 2008/Januar 2009 in Austin unter der Oberaufsicht von Jud Newcomb (The Resentments) und Mark Addison eingespielt, die auch musikalisch für kräftige Unterstützung sorgten. Das Komponieren und Texten hat Miss Klein zu 95 % alleine übernommen, denn neben wenigen Co-Credits fürs Songwriting befindet sich lediglich eine Coverversion auf der Scheibe. Mehr war auch gar nicht notwendig, da das vorliegende Dutzend Songs eine erfrischende Vielfalt bietet, die auf eine Musikerin schließen lässt, die über die Jahre gelernt hat, wo ihre Stärken liegen und wie sie diese am effektivsten ein- bzw. umsetzen kann.
Und wenn wir von effektiv sprechen, dann fällt der direkte Übergang zu "When The Time Comes", der Eröffnungsnummer des Albums, nicht schwer. Ein knackiger Grundrhythmus wird vorgelegt, über den Jess Klein ihren feinen Strophen-Gesang legt, um dann in einen richtig starken, von Bläsern unterstützten Refrain einzubiegen. Gerade hier kommt mir der Gesang dann fast ein bisschen zu cool, zu abgebrüht vor. Wie sich herausstellt, ist das allerdings reine Absicht, denn nach ca. 2:50 Minuten explodiert die Sängerin regelrecht und bringt eine sehr gelungene Nummer sehr aufregend nach Hause. Etwas ruhiger danach "Don't Wanna Say It", gesegnet mit einer wunderschönen Pedal Steel und einmal mehr klasse Gesangsmelodien.
Allgemein wirkt das Album beim ersten Anhören etwas 'leise', ja fast unscheinbar. Aber je mehr Durchläufe man sich gönnt, desto mehr kriechen einem diese feinen Songs unter die Haut. Bezüglich ihrer Stimme wird Jess gerne als eine Mischung aus Sheryl Crow und Joan Osborne eingeordnet, was je nach Wahrnehmung zutreffen mag, oder auch nicht. Sicher ist dagegen, dass diese Stimme nahezu alles kann, was sie können muss. Die Texte beschäftigen sich vor allem mit zwischenmenschlichen Themen, aber auch damit 'nach Hause zu kommen'. Wobei sich diesbezüglich das physische, mentale oder emotionale 'nach Hause kommen' abwechselnd die Klinke in die Hand geben. Jud Newcomb und Mark Addison sind als Musiker (und Produzenten) eine sichere Bank und auch alle weiteren Studio-'cats' sind voll da und lassen nichts anbrennen.
Bei der einzigen Cover-Version handelt es sich um John Hiatts "Before I Go", die Jess mit einer erstaunlich abgeklärten und selbstsicheren Gesangsleistung zum Besten gibt. Und an der Güte des Songwriters Hiatt gibt es sowieso nichts zu rütteln. Die starke Pedal Steel ist für "Fool" zurückgekehrt und passt hervorragend zu dieser gefühlvollen Nummer. Hier ist übrigens Slaid Cleaves als Duett-Partner zu Gast. Der einzige Track, bei dem ich gemischte Gefühle habe, heißt "Putty". Völlig uncharakteristisch für den Rest des Albums wird hier unter anderem mit Samples gearbeitet. Mag sein, dass da ein bisschen auf Radio-Einsätze geschielt wurde, wobei das aber gar nicht nötig gewesen wäre, weil auch sonst genügend Futter für dieses Medium auf "Bound To Love" vorhanden ist.
Jess Kleins Stimme klingt warm, verfügt über eine angenehme Dosis Country-Twang (ohne es damit zu übertreiben), klingt mal einschmeichelnd, mal erotisch, mal nachdenklich, melancholisch, selbstbewusst oder kann auch schon mal so richtig explodieren. Kristallklar kommen die Vocals bei "Rosalie", einer einfühlsamen Ballade, bei der sich Kleins Gesang zeitweise in ungeahnte Höhen katapultiert. "What For" ist dann leider schon der Schlusspunkt eines tollen Albums, das sich seit geraumer Zeit bei mir in Dauerrotation befindet.
"Bound To Love" ist so richtig klasse geworden und gefällt mir mit jedem Durchlauf besser. Die Scheibe eignet sich bestens für alle, die auch nur ansatzweise etwas mit Singer/Songwriter-, Roots- und Americana-Material mit Country-Einschlag anfangen können. Und somit hat der schwedische Promoter Hemifrån - der sich auf amerikanische Musiker spezialisiert hat, die in Europa weniger bekannt sind - einmal mehr ein sehr gutes Händchen bewiesen. Kommt als schönes Digipak mit allen Texten - durchaus sehr zu empfehlen!
Line-up
Jess Klein (vocals, acoustic guitar)
'Scrappy' Jud Newcomb (acoustic & electric guitars)
Mark 'Professor Feathers' Addison (keyboards, piano, machines)
Harmoni Kelley (bass)
George Reiff (bass)
Rob Hooper (drums & percussion)

Mit:
Slaid Cleaves (vocals - #7)
Matt 'The Electrician' (brass)
Kim Decamps (pedal steel)
Susan Howe (vocals - #12)
Tracklist
01:When The Time Comes
02:Don't Wanna Say It
03:Bound To Love
04:I Just Want To Know Your Name
05:Postcard
06:Before I Go
07:Fool
08:Putty
09:It Will Come To Me
10:Travelin' Woman
11:Rosalie
12:What For
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