Ein Jahr vor Rock'N Roll Testament, welches Kollege Steve als Klassiker adelte, erschien mit "Second Step" das zweite Album der Band. Noch mit Basser Gerald Luciano Hartwig sowie Drummer Norbert 'Panzer' Lehmann, die ja beim Folgealbum nicht mehr dabei waren. Apropos 'Panzer', da scheint sich beim Line-up im Booklet ein Fehler eingeschlichen zu haben, denn dort ist aus Norbert ein Paul geworden. Da mir 'Panzer' Paul Lehmann gleich etwas schräg vorkam, schaute ich im I-Net nach und obwohl in manchen Artikeln der Paul einfach übernommen wurde, bleib ich beim Norbert. Salomonisch lasse ich den Paul im Line-up aber stehen; daher, liebe Leser, bei Paul einfach an Norbert denken.
Bei Karthago waren Wechsel in der Besetzung nichts Ungewöhnliches, die auch leichte Wechsel in der musikalischen Ausrichtung mitbrachten. Allerdings fallen die nicht schwer ins Gewicht, denn stilistisch hatte diese, leider unterschätzte Gruppe, enorm was auf der Pfanne. Man höre sich nur mal "I Don't Care", mit diesem schweren Orgelrollen, den vielen Breaks und dem absolut gekonnten Miteinander aller an. Wenn dann Gastsängerin Freya die backings ins Mikro haucht, Joeys Stimme und Gitarre dazustößt und sein Solo fast southern-mäßige Züge annimmt, dann rollt neben der Orgel auch eine Gänsehaut nach der anderen des Rezensenten Rücken runter. Made in Germany, aber mit internationaler Klasse. Unterschätzt, ich sagte es bereits ...
Karthago gleich Krautrock. So einfach sehe ich die Formel nicht. Progressive, Rock, mal weniger, mal mehr hart, dazu Stücke mit fast ohrwurmartigen Charakter und im Gesamten 'wenig deutsch klingend'. Sequenzen, die oft in jazzige-, in funkige Gefilde driften, und trotzdem braucht es kein Abitur, um diese Musik zu verstehen oder zu mögen. Das haben nicht wenige Bands geschafft. Erstaunlicherweise aber immer wieder welche aus deutschen Landen. Karthago ist ohne weiteres geeignet, Progliebhabern mal zu zeigen, was anno dunnemal in Deutschland auf dem weiten Kraut-Sektor so los war.
"Crosswords & Intermissions", harmonisch angejazzt mit Ingo Bischoff am Gesang, fast poppige Tendenzen, allerdings subtil verpackt. Der Gegensatz, bevor es zart proggig wird heißt "Don't Send Me Your Money, Send Me Your Heart". Joeys Gesang und auch das Songwriting (schlagt mich) erinnert zu Beginn der Nummer ganz leicht an Gov't Mule. Irgendwie kommen mir die Amis in den Sinn, ohne dass ich es nun groß erklären könnte. Später groovt das Stück eine Weile psychedelisch-angejazzt dahin, bis die Gitarre wild einbricht.
"Wild River" zeigt die balladenhafte Seite der Truppe, allerdings mit dem der Band typischen Jazz-Touch und granantenmäßigem Orgel-Spiel. Anfangs etwas gewöhnungsbedürftig präsentiert sich "Lamento Juvenil", welches zum Teil auf Spanisch gesungen wird und auch perkussiv einen Latin-Touch mitbekommen hat. Fällt etwas aus dem Rahmen, zumindest bis die Orgel ihre typischen Wellen ins Geschehen bringt und die Gitarre loslegen darf. Meine Goodies sind Tracks wie "Oberbaum' Bridge". Zum einen wegen der angebrachten Spielzeit für eine Band dieser Gattung. Karthago-Tracks brauchen Zeit sich zu entwickeln und Zeit, um stilistisch alles unterzubringen, was diese Gruppe so auszeichnet. Hinarbeiten auf gekonnt gesetzte melodische Höhepunkte unter Zuhilfenahme von leicht jazzigen Passagen und instrumentalen Sequenzen. Speziell die Orgel sei hier wieder besonders erwähnt. Herrlich auch, wie sich alle plötzlich einem wilden Jam hingeben.
Normal wäre "Second Step" nun zu Ende, aber vorliegende CD wartet mit zwei Bonustracks (Singleauskoppelungen) auf. Über "Johnny B. Goode" möchte ich den Mantel des Schweigens legen, denn die Nummer wird so präsentiert, wie sie eigentlich ist: einfach. Zwar tausendmal gehört und von Hinz und Kunz gespielt, aber für Karthago ist das meines Erachtens nichts, weil die Band da ihre Stärken nicht einbringen konnte oder wollte. Ganz anders Karthagos Version von "Going Down". Die Don Nix-Nummer erfuhr eine Vollwäsche und Karthago zeigte, wie man auch gekonnt covern konnte.
Line-up:
Ingo Bischoff (organ, grand piano, Hohner clavinet, Fender Rhodes, Mini-Moog, lead vocals - #3,8)
'Panzer' Paul Lehmann (drums, percussion, backing vocals)
Gerald Luciano Hartwig (electric & acoustic bass,Hohner blues harp, lead vocals # -7)
Joey Albrecht (electric & acoustic guitar, lead vocals - #2,4,5 parts of - #6, backing vocals - #8)
Tomy Goldschmidt (organ, timbales, cymbals, guira, vibra slap, daves, tambourine, all other percusions, lead vocals - #6)
Gäste:
Freya Wippich (vocals - #1)
Inga Rumpf, Ringo Funk (vocals - #8)
Tracklist |
01:Pacemaker (2:44)
02:I Don't Care (5:46)
03:Crosswords & Intermissions (6:44)
04:Don't Send Me Your Money, Send Me Your Heart (5:25)
05:Wild River (5:28)
06:Lamento Juvenil (Start To Fight) (3:49)
07:California Gigging (3:05)
08:'Oberbaum' Bridge (7:37)
Bonus Tracks:
09:Johnny B. Goode (2:39)
10:Going Down (3:45)
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