Unterschiedlicher kann Musik nicht ausfallen, zumindest die Tonkünste, die im Zusammenhang mit dem Trommler Alfred Vogel stehen. Einerseits spielt er Drums beim Brendan Adams Trio, andererseits ist er Gründer der Kilimandscharo Dub & Riddim Society (kurz: kdr-society).
Das multikulturelle Sextett setzt sich aus je zwei amerikanischen, afrikanischen und österreichischen Musikern zusammen. Das globale musikalische Miteinander drückt sich in collagierten Klangwelten aus, die im Traps-Studio (Bezau) aufgenommen wurden.
Hinter dem Bandnamen stehen:
Richard Cousins (USA), der durch seine Zusammenarbeit mit der Robert Cray Band zweimal mit einem Grammy ausgezeichnet wurde. Der Bassist tummelt sich auch sonst fast ausschließlich in Blueskreisen. Er zupfte die dicken Saiten u.a. schon bei Eric Clapton, Albert Collins, Etta James, B.B. King, John Lee Hooker und er war auch mit Van Morrison aktiv.
Vertritt Cousins den Blues, ist der Tastenvirtuose Peter Madsen (USA) das Aushängeschild in Sachen Jazz. Neben eigenen Alben findet man seine Credits bei Stan Getz, Bill Frisell, Joe Henderson oder Fred Wesley.
Hervé Samb (Senegal), der bei David Murray Gitarre spielte, hat mittlerweile eine eigene Band ( Hervé Samb's Group) und steht mit Anfang 30 erst am Beginn seiner Karriere.
Kofie Quarshie (Ghana) bediente seine diversen Trommeln bereits bei Peter Gabriel und der Trompeter Herbert Walser (Österreich) komplettiert das Sextett.
"Elephantro": Eine Stimme wird durch ein Effektgerät gejagt und artikuliert in englischer Spache »kdr«. Bassdrum, Handclapping, einige Töne aus der Trompete.
Die 35 Sekunden sind nicht mehr als ein einleitender Gimmick für eine einstündige Expedition in Sachen Musik.
Man wird von der ersten Sekunde an gefangen von einem höllischen Groove, mit dem "Hippies Were Dancing - The Pits" ausgestattet ist. Sehen wir den Song als eine instrumentale Vorstellung der einzelnen Musiker durch ihre Solobeiträge. In typischen Jazzstrukturen gebettet legt Herbert Walser als erster los. Sein Sound schwebt über der herrlichen Melodie. Kurze Überleitung, nicht minder groovend changiert Alfred Vogel gemeinsam mit Richard Cousins den Rhythmus und Hervé Samb übernimmt das Ruder für ein längeres Intermezzo.
Kollektiv widmet man sich in aller Kürze wieder dem Thema und aus dem Gemenge spielen sich zunächst Kofie Quarshie (percussion) und dann Peter Madsen an den Tasten in den Vordergrund. Hervorragend, sein Solo.
Langsam, ganz langsam verlassen wir den ersten Track.
"Last Flight From Rwanda" ist ein Instrumentalalbum, auch wenn der Hörer im kürzesten Song des Albums, treffend mit "Interlude: Quickie In Tobago" tituliert, auf seiner Entdeckungsreise nach Afrika gelangt und einige Singstimmen den Track beleben.
Dieser Cousins-Bass, der hat unergründliche Tiefen, die die Bassmembranen auf hervorragende Art und Weise in Schwingungen versetzten.
Ein ums andere Mal verstehen es Madsen und Samb geschickt, Herbert Walsers Trompetensound, Ton um Ton, 'zu kopieren'. Das ist Präzisionsarbeit par excellence.
Aus einem geerdeten Bewusstsein heraus, sich nichts mehr beweisen zu müssen, geben sich die Musiker jeden Freiraum, den sie brauchen oder auch einfordern.
Groove, Groove und nochmals Groove. Es zieht einen von Track zu Track, Stück für Stück die Socken aus.
Der Blechbläser, der Gitarrist und der Keyboarder kreieren mit ihren Instrumenten zum einen musikalische Landschaften, die wie mentale Filme in gedeckten Farben ablaufen, zum anderen reflektiert das Sextett die Hektik einer Großstadt.
Den gestalterischen Ideen werden keine Grenzen auferlegt. Samb, Walser und Madsen nehmen sich die Freiheit, Jongleuren gleich, mit Sounds und Effekten zu spielen.
Der Gitarrist verleugnet nicht seine musikalischen Wurzeln, die im Blues liegen, und serviert in "Pimp Roll" ein Solo der besonderen Art.
Wie auf imaginären Schienen, so gleitet das Stück dahin.
Man muss den Zirkel schon bis zum Anschlag spreizen, will man die Musik der kdr-society einkreisen.
Nahtlos geht es mit "Sunday Blunt" weiter und wir machen einen Zwischenstopp in Jamaika: Reggae ist angesagt.
Alfred Vogel 'zählt' mit den Drumsticks drei vor und es groovt auf die funkige Art. Oh Mann, ohne Problem integriert Samb einige rockige Riffs ins Soundgefüge bevor Walser die Töne seiner Trompete mit derart viel Echo versieht, dass er sich die Antworten auf seine Fragen selber geben kann.
Gemäß Titel kommt "While You Slept" auf ganz leisen Socken daher und endet abrupt nach sieben Minuten.
Schluss? Nein, die CD rotiert weiter. Zwei Minuten Stille und dann gibt es weitere drei Minuten Sounds, die frei improvisiert wurden. So klingt es zumindest, und nicht nur am Ende der Scheibe.
Alfred Vogel sagte über "Last Flight From Rwanda": »Music for your brain and booty!!« Passt!
kdr-society: Ein Team von gestandenen Musikern, die mit dieser CD, bei der man sich selbst nach zigfachem Hören noch auf einer Expedition befindet, wohl ein kleines, zeitloses Wunderwerk kreiert haben.
Line-up:
Hervé Samb (guitar)
Kofie Quarshie (percussion)
Peter Madsen (rhodes)
Richard Cousins (bass)
Herbert Walser (trumpet)
Alfred Vogel (drums)
Tracklist |
01:Elephantro (0:35)
02:Hippies Were Dancing - The Pits (8:33)
03:Interlude: Quickie In Tobago (3:59)
04:Capetown Computer (6:31)
05:Pimp Roll (4:56)
06:Sunday Blunt (5:02)
07:Between The Rox (6:15)
08:You Dance Divinely (6:40)
09:Last Flight From Rwanda (5:10)
10:While You Slept (12:12)
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Externe Links:
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