KingBaby / Find My Way
Find My Way Spielzeit: 43:43
Medium: CD
Label: Just Playin' Music/Eigenvertrieb, 2008
Stil: Riff Rock

Review vom 29.07.2008


Olaf 'Olli' Oetken
Neulich in der nordwestdeutschen Diaspora… vier nicht mehr ganz taufrische Gestalten trafen sich um 14.00 Uhr zum geselligen Herrenabend mit integriertem Tanztee. Dieser metamorphierte alsbald zur wohlschmeckenden Hopfenblüte, garniert von diversen Kräuterleckereien, abgerundet durch eine wohlfeile Grillgourmetplatte, und mit einer neuzeitlichen Musikmaschine, deren Henkel bereits auf das Ablaufdatum hindeutet, standesgemäß flankiert.
Dabei wurde zum Aufwärmen der steifen Gelenke eine Silberscheiblette der weltberühmten Combo KingBaby in den Schacht geschmissen, auf die Nachbarn gepfiffen und somit die Regler auf akuten Klirrfaktor gestellt.
Prompt knallte den in Ehren ergrauten Herren ein fettes Saitengebrutzel mit enormer Riffschlagseite um die Ohren, um letztlich zu einem Refrain zu gelangen, der bei Bon Jovi garantiert zu Hitehren gekommen wäre, allerdings in einer Zeit, als diese noch nicht in sterbenslangweiligen Platten ersoffen. So war denn auch die entsprechende Reaktion einiger Tanzteeteilnehmer: »Ja, sehr schön, angenehme Rockmusik, könnte locker im Radio laufen, von wann ist denn die Band… Ende 80er oder eher Anfang/Mitte 90er?«
Ich persönlich, in diesem illustren Kreis deutlich der Jüngste, musste an dieser Stelle schmunzeln, denn es war meine Intention, den Herren Altrockern Sachen vorzustellen, die brandneu sind.
Tja, brandneu und Rockmusik, das passt schlicht und ergreifend nicht zusammen. Aber immerhin, KingBaby wussten durchaus zu gefallen, freilich ohne den Tanztee richtiggehend aufmischen zu können. Und diverse Radiosender werden erst recht nicht aufgemischt, denn dort ist Rockmusik zur Person non grata erklärt worden. Ob das nur Dieters Schuld ist?
Jedenfalls sind die Jungs des kalifornischen Dreiers komplett in Eigenregie unterwegs, kein Label, kein nix, aber Dank engagierter Mailorder wie SRA-MusicShop auch hierzulande als physischer Tonträger erhältlich. Und das ist gut so, denn KingBaby, aufmerksame RockTimes-LeserInnen werden es längst bemerkt haben, sind inzwischen mit ihrem zweiten Langdreher am Start und haben sich gesteigert!
Dabei fällt auf, dass nicht nur die Abspeckung auf ein Trio erfolgte, sondern mit Allan Hearn auch ein neuer Tieftonrhythmiker an Bord ist. Des Weiteren fällt auf, dass eine wundervolle Balance aus erdigen E-Gitarrenklängen, harten Riffs und teilweise süchtig machenden Refrains geschaffen wurde, von einer harmonisch groovenden Rhythmusabteilung kongenial in Szene gesetzt. Was hat doch dieses riesengroße Land eine Armut an vernünftigen PolitikerInnen und einen Reichtum an tollen MusikerInnen!
An Herrn Richards erinnert hier übrigens gar nichts mehr, Lance Bulen rifft deutlich hardrockbetonter durch die Gegend, lässt auch gerne mal die Slide aufheulen, zimmert fast immer Mitsingrefrains und weiß auch mit Molltönen umzugehen.
Aber es gibt ein Problem mit diesem Album… mit dem dritten Song, "No Skeletons Or Monkeys", gelingt KingBaby der absolute Überflieger, ich habe selten vor den heimischen Membranen dermaßen abgegroovt! In einer besseren Welt würden wir hier von einem Hit des Jahres sprechen! Diesem hohen Niveau kann ansatzweise noch der Slidefeger "Find My Way" standhalten, vielleicht auch das vollkommen schlackefreie, melancholisch sehnsüchtige "You", welches Robbie Williams und Team garantiert zur Superhitgranate verschlimmbessert hätten, und Lance Bulens intensive Hommage an seine langjährige Heimat New Orleans.
Ansonsten gibt es Qualitätsware für lange Autobahnfahrten, die wach hält und Spaß macht, aber im direkten Vergleich keine Bäume ausreißt. Für die Freunde der alten Whitesnake ist, nomen est omen, "Trouble" eine feine Sache, ertönen doch hier täuschend authentische Schlangentöne mit einem erkälteten Paul Rodgers am Mikro. Aber halt, der schwingt doch selbiges jetzt für den Queen-Zirkus. Prinzipiell tönt Lance Bulen durchgehend, bei auffallend guter Artikulation, wie ein erkälteter Paule. Ob es dabei der Coverversionen von Born On The Bayou und "Mercedes Benz" wirklich bedurft hätte, wage ich eher zu bezweifeln. Schließlich kommt noch mit dem "Mountain Song" unvermittelt etwas Lagerfeuerstimmung auf, welcher leider hörbar nicht ausgespielt wurde.
Fazit:
Wenn ich den potentiellen Überflieger "No Skeletons Or Monkeys" zum Maßstab nehme, muss leider konstatiert werden, dass hier noch viel mehr drin gelegen hätte. Lance Bulen und Mitstreiter haben definitiv Potential, aus ihrer Nische ins Rampenlicht hervorzutreten, wie auch immer dieses Rampenlicht aussehen mag. Ich werde jedenfalls den besagten Song in meinen imaginären Jahrespoll pushen, werde mir ausmalen, wie ich diese verfluchten Dudelfunkstationen damit bombardiere und habe eine Scheibe gefunden, die selbst in Dauerrotation nicht langweilig zu werden droht und müden Zwillingsvätern Beine macht, trotz der genannten Abstriche.
Da die (Eigen-)Produktion für einen glasklaren, differenzierten, druckvollen Sound ohne Härten und Datenkompression sorgt, sind letztlich 7 ½ RockTimes-Uhren der wohlverdiente Lohn. Immerhin dauerte der Tanztee dann doch etwas länger und KingBaby hatten ihn würdig eröffnet!
Line-up:
Lance Bulen (lead vocals, guitars)
Allan Hearn (bass, backing vocals)
Alex Irwin (drums, percussion, backing vocals)

Additional Musicians:
Randy O'Malley (harmonica - #7)
David Chiu (piano - #6)
Tracklist
01:Crazy One (3:27)
02:Back Burner (3:14)
03:No Skeletons Or Monkeys (3:48)
04:Stompin' (3:50)
05:Find My Way (3:29)
06:You (3:10)
07:Lay It On Me (3:19)
08:New Orleans (4:14)
09:Born On The Bayou (4:50)
10:Trouble (5:02)
11:The Mountain Song (2:29)
12:Mercedes Benz (2:33)
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