Aggressiver, direkt in die Fresse gehender Deutschpunk mit einer Idee Hardcore bekommt der Fan unter der Überschrift "Die Zukunft der Tiefe" auf die Ohren. Das Trio Kommando Kap Hoorn um den Sänger und Gitarristen Uli Trüb, hervorgegangen übrigens aus der Combo Unter Wölfen, rockt bzw. punkt hier fast 40 Minuten qualitativ hochwertig vor sich hin und erinnert dabei des Öfteren an die Rostocker Formation Dritte Wahl.
Unterstützt wird die Band dabei vom ehemaligen LWS/Leberwohlstand sowie Acid Rain Dance-Gitarrero Jacke, der der Musik mit seiner Rhythmus-Gitarre zu deutlich mehr Vielseitigkeit verhilft.
Aber zurück zu den Dritte Wahl-Parallelen: Uli Trübs Gesang kommt ähnlich roh und ungehobelt daher, und auch die musikalische Untermalung muss einfach als Verbeugung in Richtung Rostock gesehen werden. Damit aber nicht genug, denn nicht zuletzt die einfachen, packenden Songtexte, in denen linkes Gedankengut und vehemente Sozialkritik ziemlich intelligent dargeboten werden, deuten in Richtung der 'Wahlen'. In Zeiten von Finanzkrise und steigenden Arbeitslosenzahlen jedenfalls sollte sich der ein oder andere mit verbitterten Zeilen à la
»Die Regierung will ich sehen im Wohnblock auf Hartz IV
Zusammen mit dem Elend Tür an Tür
Da wärt ihr näher am Volk, könntet sehen was passiert
Wenn man ohne Tuchfühlung von oben regiert«
(aus dem Song "Grenzgang") mit Leichtigkeit identifizieren können.
Aber zurück zur Musik. Wie eingangs erwähnt, tritt die Band ziemlich direkt, ungeschönt und aggressiv auf den Plan und die Songs gehen größtenteils mit gutem Tempo nach vorn. Angetrieben von schnellem Drumming, bauen sich die Gitarrenwände auf, die hier und da durch kurze, knackige Leads aufgelockert werden, sozusagen dem Salz in der Suppe. Von den Melodien her gesehen, agiert das Kommando Kap Hoorn auf ziemlich hohem Niveau, denn die Musik geht sofort ins Ohr. Ungehobelte, ungebändigte äußere Form, aber trotzdem unwiderstehliche Melodiebögen - genau so soll es sein!
Auf der einen Seite hat man supergeile Punk-Kracher der Marke "Punkt 12", "Sturm" oder "Zahltag" in Petto, andererseits gibt es aber auch Liedgut der Marke "Asozial", "Parasiten" oder "Boss", das rhythmisch stellenweise etwas anders aufgebaut ist. Richtig aus dem Rahmen fällt allerdings erst die letzte Nummer, "Euer Leben lang": Mit gesprochenen, stark verzerrten Textzeilen und verträumten Pianoklängen will dieser Song so gar nicht ins Konzept passen. Gut also, dass dieses gewöhnungsbedürftige Experiment erst am Schluss des Albums Platz gefunden hat, da der Rest der Scheibe quasi wie Butter in die Gehörgänge geht.
Ungeübte Ohren mögen jetzt monieren, dass auf "Die Zukunft der Tiefe" alles gleich klingen würde. Sicherlich gehen zwölf der 13 Lieder alle in eine ähnliche Richtung und man kann als genrefremde Person somit schnell den Überblick verlieren, aber genau so ist das eben beim Punk, und natürlich können auch Kommando Kap Hoorn anno 2009 nur mit den bekannten Zutaten ihr Süppchen kochen. Das verhält sich bei Blues oder klassischem Heavy Metal schließlich auch nicht anders.
Die Bremer Punker machen hier jedenfalls alles richtig und jagen dem doch etwas in die Jahre gekommenen deutschen Punk Rock eine dicke Adrenalinspritze in den Arsch. Wer auf Dritte Wahl und ähnliches steht, der sollte sich dem Kommando Kap Hoorn unbedingt anschließen und "Die Zukunft der Tiefe" eingehend erforschen! Daumen hoch!
Line-up:
Uli (vocals, guitar)
Michael (bass)
Matthias (drums)
Jacke (guitar)
Tracklist |
01:Der seltsame Baum (3:02)
02:Punkt 12 (2:43)
03:Sturm (3:14)
04:Zahltag (1:46)
05:Asozial (2:31)
06:Parasiten (3:18)
07:Scheuklappenblind (3:07)
08:Boss (3:05)
09:Grenzgang (2:57)
10:Alles ist grau (1:50)
11:Zahn der Zeit (3:05)
12:Raubtier Mensch (2:43)
13:Euer Leben lang (4:10)
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