»The Kordz wurden von mehreren Studenten der berühmten Amerikanischen Universität in Beirut zu Zeiten des langen Bürgerkrieges gegründet« - so verrät es das Infoblatt. Hm, das ist eine recht schwammige zeitliche Angabe, da dieser Krieg von 1975 bis 1990 dauerte.
Andererseits auch eine interessante Tatsache, denn unter solchen Umständen eine Band zu gründen, ist doch etwas anderes als in Europa in einem Proberaum. PLO, arabische Milizen, Terroranschläge und dazwischen junge Männer, die westliche (und damit für manche Fanatiker 'teuflische') Rockmusik machen.
Musikindustrie, Auftrittsmöglichkeiten und geeignete Infrastruktur für das Vorankommen einer Rockband dürften daher weniger vorhanden gewesen sein - im Gegenteil muss eher von Ablehnung solcher Klänge ausgegangen werden.
Daher hatten The Kordz keinen einfachen Weg vor sich, arbeiteten jedoch hart und gehörten Ende der 90er zu der Speerspitze der dortigen Szene.
Dennoch dauerte es bis 2004, bis mit "Last Call", einem ihrer frühen und bekanntesten Songs, erstmals eine Single in Europa veröffentlicht wurde, welche sich auch auf der vorliegenden "Beauty & The East" (2011) befindet.
Von dieser hatte ich im Vorfeld als 'Oriental Metal' gelesen, was jedoch nur bedingt zutrifft, denn Metal im Sinne von Bands wie Melechesh oder Orphaned Land machen The Kordz nicht, eher lässige Rockmusik mit unter anderem Alternative- und Metal-Einflüssen. Das 'Oriental' im Begriff stimmt allerdings, zumindest stellenweise.
Somit lässt sich die Musik als eindrucksvolle Brücke zwischen West und Ost bezeichnen, bzw. zwischen westlicher Rockmusik und Klängen aus dem Nahen/Mittleren Osten (nebenbei: ist eigentlich schon mal jemandem aufgefallen, dass es im Englischen nur Middle East heißt?).
Gleichzeitig ist "Beauty & The East" angenehm zeitlos und grenzüberschreitend in mehrerlei Hinsicht: Einflüsse aus verschiedenen Jahrzehnten, Ländern und Stilrichtungen wurden verarbeitet. Mal proggig, mal partyrockend, mal etwas kantig, mal verträumt, mal balladesk, mal traditionelle Klänge der Heimat einbeziehend.
Immer wieder hat man das Gefühl, eine Melodie schon mal gehört zu haben, ohne zu wissen wo; einiges erscheint vertraut, aber ohne direkt abgekupfert worden zu sein. So lassen sich die Songs recht leicht hören, trotz der Tatsache, dass einige unterschiedliche Stilrichtungen auftauchen. Diese wirken jedoch nie gegensätzlich oder krampfhaft kombiniert, sondern die Übergänge sind flüssig. Was daran liegt, dass hier auf hohem Niveau musiziert wird, insbesondere das Gitarrenspiel ist toll. Auch verfügt Moe Hamzeh über eine gute kräftige Stimme.
Viele der Songs haben ihren eigenen Charakter und Stärken. "Insomnia Kid" punktet mit waberndem Keyboard, während es im Titeltrack recht orientalisch zugeht. Auch stark: das balladeske "Save Us".
Kleiner Kritikpunkt: Bei 16 Tracks gibt es gegen Ende doch einige Längen. Was an der Spielzeit von über einer Stunde liegen mag oder daran, dass dann schwächere Lieder kommen.
The Kordz wirken vielleicht nicht unbedingt zwingend oder revolutionär, zudem weniger exotisch als erwartet. Aber es gelingt ihnen, vielseitige, gut hörbare Musik zu machen, die in vielen Ländern gehört werden kann. Die vielerorts das Radio bereichern könnte, ohne oberflächliches Gedudel zu sein, sondern auf eigene Weise gehalt- und kraftvoll ist.
Gleichzeitig wirkt "Beauty & The East" insgesamt recht lässig und entspannt - es wäre wünschenswert, wenn etwas davon auf die Stimmung und Verhältnisse in und zwischen einigen Ländern abfärben könnte…
Nachtrag 27.02.2012:
Mittlerweile sind zehn Monate vergangen, die Verhältnisse im Nahen und Mittleren Osten haben sich nicht entschieden verändert, doch zumindest für The Kords ist einiges Positives passiert. Die Band hatte die Gelegenheit mit Deep
Purple auf Tour zu gehen und somit ihre Musik einem größeren Publikum vorzustellen.
Die aktuelle Livebesetzung besteht aus Moe Hamzeh (Gesang), Mazen Siblini (Keyboards), Nadim Sioufi (Gitarre), Abou Sous (Schlagzeug), Alan Azar (Gitarre), und Nadim Abou Chakra (Bass).
Nun, im März 2012 erscheint das Debüt noch einmal bei EarMusic (Edel) in einer erweiterten Auflage als "Beauty & The East (Heroes & Killers Edition)". Diese enthält neben der ursprünglichen CD noch eine DVD mit einer gut 40-minütigen 'Behind the scenes'-Dokumentation. Darauf sind Interviews mit den Musikern, kurze Live-Mitschnitte und auch Einblicke in das Leben im
Libanon zu sehen.
Line-up:
Moe Hamzeh (Gesang)
Mazen Siblini (Keyboards)
Abou Sous (Schlagzeug)
Alan Azar (Gitarre)
Elie Akl (Gitarre)
Tony Bou Ghosn (Bass)
Nadim Sioufi (Gitarre)
Tracklist |
01:Coma Nation
02:Deeper In
03:Nothing Or Everything
04:Insomnia Kid
05:Get Behind
06:Beauty & The East
07:Last Call
08:Save Us
09:Don't You Wait
10:Heroes 'N' Killers
11:The Garden
12:Purgatory
13:The End
14:Again
15:The One
16:Nic-o-Teen |
|
Externe Links:
|