Die aus der Schweiz stammende Band Krokodil wird bis heute dem Großbegriff Krautrock zugerechnet, selbst wenn man ebenso häufig die Schublade Progressive im weltweiten Netz finden kann. Das erste, gleichnamige Album der zunächst als Quintett agierenden Combo erschien 1969. Mit dem Zweitwerk "Swamp" hielt die Psychedelic Einzug in den Bandsound, der schließlich zum experimentellsten Werk "An Invisible World Revealed" führte. 1972 folgte schließlich das hier vorliegende "Getting Up For The Morning", das uns dank Cargo Records noch einmal in wolllüstigem 180g-Vinyl präsentiert wird.
Mit dem Opener "Marzipan" beginnt die Scheibe sowohl beschwingt, wie aber auch sehr relaxt-bluesig. Mojo Weidelis Blues Harp liefert hier das 'Riff', während die Rhythmusabteilung locker-flockig vor sich hin groovt. Einen großen Teil zur Relaxtheit trägt auch der Gesang bei, der nahezu perfekt zum Albumtitel passt. Deutlich extrovertierter kommt da schon "And I Know", bei dem erneut Weideli (dieses Mal mit der Flöte) für den besonderen Ton sorgt. Auch der Gesang wirkt hier deutlich ausgeschlafener als zuvor. Das Album fängt jetzt an, so richtig Spaß zu machen.
Bei "Rabatz" dann ein erneuter Kurswechsel hin zur Akustik-Gitarre, sparsam untermalt von der Harmonika, Bass und Schlagzeug. Dieses Stück macht geradezu süchtig, selbst wenn es doch etwas an Bands wie etwa Fat Mattress erinnert. Hier kommt auch Walty Anselmos Sitar zum ersten Mal richtig stark zur Geltung, während Weideli mit seiner Harp - mal abgesehen vom Gesang - die zweite Hauptrolle spielt. Abgerundet wird die Geschichte dann von Düde Dürsts immer im richtigen Moment Druck machenden Schlagzeug. Klasse! Beschlossen wird die erste Seite durch das im Vergleich kurze, dafür aber schön rockende "Was There A Time". Nicht der beste Track der Scheibe, aber natürlich nimmt man ihn trotzdem gerne mit und freut sich auf die zweite Halbzeit.
Diese wird ebenfalls schön rockig, dennoch mit einiger Psychedelic versetzt und dem gleichen Sänger (leider ist nicht vermerkt, wer welchen Song singt, aber ich habe mal Walty Anselmo im Verdacht) begonnen, der auch schon bei "Marzipan" am Werk war. Immer wieder (vor allem bei "Song No. 2 (Thoughts Under Bad Conditions)") taucht die Flöte auf und verleiht diesem Werk eine unheimlich dichte Atmosphäre, die natürlich nicht hätte zustande kommen können, hätten nicht auch die anderen Musiker voll und ganz in den Songs gelebt, sie gefüttert, gegessen und geatmet.
Den krönenden Abschluss bildet dann "The 12th Of March", das mit acht Minuten Spielzeit auch die längste Nummer ist. Erneut wird hier ein nahezu plastisches Bild vor den Augen des Hörers geschaffen, während sich die Soloinstrumente (hier wieder die Blues Harp sowie die Flöte) ausgiebig Zeit nehmen, das Gemälde mit mehr und mehr Farben zu füllen, es immer bunter zu gestalten. Auch die (etwas an den frühen Neil Young erinnernde) Gitarre geht hier auf eine längere Exkursion und macht die Sache perfekt.
Ob "Getting Up For The Morning" nun die beste Scheibe von Krokodil war, darf und muss jeder für sich selbst entscheiden (ich weiß, ich weiß, das im Jahr zuvor erschienene "An Invisible World Revealed" hat diesbezüglich einen ganz besonderen Status). Klar ist aber, dass es eine sehr starke war, die auch heute noch kaum angestaubt rüberkommt und nach wie vor sehr viel Spaß macht. Leider war für Krokodil nach "Getting Up In The Morning" und einem weiteren Album im Jahr 1973 schon wieder alles vorbei...
Aber Warnung: Wenn man tiefer in die Musik dieser Band eintaucht, wird man schon sehr bald mehr von ihr wollen!
Line-up:
Walty Anselmo (acoustic guitars, lead guitars, sitar, bass, lead vocals)
Düde Dürst (drums & percussion, background vocals)
Terry Stevens (bass, electric guitars, klavino, lead vocals)
Mojo Weideli (harp, flute, background vocals)
Tracklist |
Side 1:
01:Marzipan
02:And I Know
03:Rabatz
04:Was There A Time
Side 2:
01:Schooldays
02:Song No. 2 (Thoughts Under Bad Conditions)
03:The 12th Of March
|
|
Externe Links:
|