Das 'Erblühen' der späteren Krokusse nimmt seinen Anfang bereits 1974 in Solothurn. Damals noch unter dem Namen Inside, spielte man überall da, wo man einen Auftritt ergattern konnte und das mit ständig wechselnden Musikern. Das konnte natürlich nicht gut gehen und der Traum von Ruhm, Reichtum und Groupies zerplatze sehr schnell wie eine Seifenblase.
Im November 1975 aber wollte Chris von Rohr Nägel mit Köpfen zu machen. Der musikalische Durchbruch sollte nun endlich mit einer konstanten Band in Erfüllung gehen und somit begab er sich auf Musikersuche - mit Erfolg.
Das neue Line-up bestand aus Schlagzeuger Chris von Rohr, Gitarrist Tommy Kiefer, Bassist Remo Spadino und Sänger Peter Richard. Bereits nach der ersten gemeinsamen Probe wurde ein neuer Name gewählt: Krokus!
Lange währte die Freude aber nicht, denn Sänger Peter Richard stieg aus und mit Tommy Kiefer gab es Drogenprobleme. Somit wurde beschlossen, zu dessen Unterstützung einen zweiten Gitarristen hinzuzunehmen. Den fand man in Hansi Droz. Der Sängerposten war aber das größte Problem - also mussten alle ran - bis sich am Ende Tommy und Chris das Mikro teilten, deren Gesangsleistungen jedoch nicht wirklich überzeugen konnten.
Nun begann die mühsame Phase, sich von Album zu Album hochzuarbeiten. Drei Platten wurden veröffentlicht: "Krokus" (1976), "To You All" (1977) und "Painkiller/Pay It In Metal" (1978). Aber der große Erfolg blieb der Band verwehrt. Auch der Einstieg von Fernando von Arb 1976 als neuer Gitarrist änderte daran wenig. Erst mit dem Beitritt des Sängers Marc Storace im Jahr 1980 sollte sich das Blatt wandeln.
Zum Schlüsselerlebnis wurde eine Begegnung mit den jungen Wilden aus Australien, die sich bereits erste Sporen verdient hatten. Chris von Rohr fasst es in seinem Buch "Hunde wollt ihr ewig rocken" so zusammen: »Da kamen fünf wilde Desperados, die genau das spielten, was wir fühlten. […] Diese zwergwüchsigen Jungs aus Australien hämmerten eine Musik, die seit Jahren in allen Köpfen rumgeisterte, sich aber noch nicht auf unsere Instrumente hatte übertragen können. Für mich und Fernando war's klar: Wir mussten die ganze Situation neu überdenken.«
Man ging also voller Elan an's Werk:
"Metal Rendez-Vous" hieß der erste Geniestreich nach dieser Denkphase und sorgte sogar für internationales Aufsehen, zumal sich darauf gleich mehrere Hitnummern tummelten: "Headstrokes", "Bedside Radio" oder auch "Tokyo Nights". Treibende Grooves, griffige hymnenhafte Melodien arschtight gespielt und ein Sänger in bester klassischer Metal-Tradition, das war das Rezept und das ging auf.
Für meine Begriffe gehört "Fire" ebenfalls zu den absoluten Glanzlichtern auf dem Album; ein knapp über Sechs-Minuten-Track, der so etwas wie leichte Prog-Anleihen hat und mich ein wenig an die experimentellen Zeiten der Band vor 1980 erinnert. Einen echten Durchhänger konnte ich auf dieser Scheibe sowieso noch nie ausmachen.
Überhaupt sind die Songstrukturen der Krokusse wesentlich ideenreicher als die der Australier, die einem lediglich ihren dreckigen Riff-Raff-Rotzrock um die Ohren hauen. Auch wenn die Eidgenossen seit der Übernahme des Mikros durch Front-Diva Storace ständig mit ihnen verglichen werden, für mich sind die Schweizer bedeutend unterhaltsamer (sorry Mr. Kempfenstein).
Mit dem folgenden "Hardware" aus 1981 ändert sich eigentlich wenig. Man setzt den eingeschlagenen Pfad weiter fort und kann mit solchen Krachern wie "Easy Rocker", "Celebration", "She's Got Everything" überzeugen, diese werden zu regelrechten Stadion-Hymnen und dürfen bei keinem Auftritt fehlen. Selbst Balladen der Marke "Winning Man" finden großen Anklang und so bleibt es natürlich nicht aus, dass man auch im Ausland auf die 'Frühjahresblüher' aufmerksam wird. Erste US-Konzerte im Vorprogramm einiger Größen wie Sammy Hagar oder auch Blue Öyster Cult (um nur einige zu nennen) waren die logische Konsequenz.
Leider gab es einen Wermutstropfen zu verzeichnen: Kiefers Drogenprobleme nahmen immer mehr Überhand und so wurde sein Ausstieg vermeldet. Er wurde durch Mandy Meier ( Cobra, Asia, Katmandu, Gotthard) ersetzt, der aber zu den Aufnahmen zum nächsten Studioalbum bereits Mark Kohler die Axt durchreichen musste.
Im Jahr 1982 ließen Krokus mit "One Vice At A Time" die Kuh fliegen. Hier waren sich wohl viele Heavy Rock-Jünger uneins: Krokus oder AC/DC, AC/DC oder Krokus. Krokus eine billige Kopie von AC/DC? Ich bin nach wie vor der Meinung: Dieses Songmaterial ist viel zu gut, als dass man es als Plagiat bezeichnen kann. Leck die Katze am XXX - die Australier würden sich alle Finger danach lecken, wenn sie Songs wie "Long Stick Goes Boom" oder auch "Playin' The Outlaw" hätten auf eines ihrer Alben schaufeln können. Bei "I'm On The Run" liefert sich Marc Storace sogar ein furioses Duett mit Iron Maiden-Sänger Bruce Dickinson.
Und selbst wenn mal 'ne Schippe zurückgenommen wurde wie bei "Save Me", steppt immer noch der Bär. Frontgaul Storace röhrt sich die Kehle aus dem Leib, die Gitarren krachen und die Rhythmussektion wuchtet sich schnörkellos durch die Songs. Diese Scheibe bleibt mein Favorit.
Sony hat sich nun endlich auch dieser drei Kult-Veröffentlichungen angenommen und liefert damit unter der Serie "Original Album Classics" ein wahres Higlight für den Heavy Rock-Fan ab, auch wenn die Box, bestehend aus einem Pappschuber, in dem die drei Scheiben jeweils in einem Card Sleeves ohne Booklet stecken, vielleicht nicht jedermanns Sache sein dürfte. Dennoch, zu einem sehr angenehmen Preis zu erwerben (amazon.de), ist diese Zusammenstellung bestimmt ein gutes Kaufargument für Komplettisten und Spätgeborene. Alle Daumen nach oben!
Tracklist |
CD 1: Metal Rendez-Vous (1980)
01:Heatstrokes (4:00)
02:Bedside Radio (3:18)
03:Come On (4:23)
04:Streamer (6:38)
05:Shy Kid (2:30)
06:Tokyo Nights (5:51)
07:Lady Double Dealer (3:12)
08:Fire (6:02)
09:No Way (4:00)
10:Back Seat Rock'n Roll (3:12)
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CD 2: Hardware (1981)
01:Celebration (3:24)
02:Easy Rocker (5:27)
03:Smelly Nelly (3:38)
04:Mr. 69 (3:01)
05:She's Got Everything (3:57)
06:Burning Bones (3:34)
07:Rock City (4:43)
08:Winning Man (5:33)
09:Mad Racket (4:00)
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CD 3: One Vice At A Time (1982)
01:Long Stick Goes Boom (5:13)
02:Bad Boys, Rag Dolls (3:50)
03:Playin' The Outlaw - [20-Bit Digital Mastering From The Original Master Tapes: 2000] (4:00)
04:To The Top (4:25)
05:Down The Drain (3:20)
06:American Woman (3:30)
07:I'm On The Run (3:45)
08:Save Me (4:30)
09:Rock'n'Roll (4:10)
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