Die Kurt-Isanen / New Kurt In Town
New Kurt In Town Spielzeit: 61:04
Medium: CD
Label: Hoopymusic, 2011
Stil: Schorlerock

Review vom 17.09.2011


Ulli Heiser
Kurt is 'Beck'? Nicht wirklich, denn 'König Kurt' ist zwar Beck aber nicht back. Er thront nach wie vor in der Mainzer Staatskanzlei und ist kraft seines Amtes der amtierende 'Oberpfälzer'. Der "New Kurt In Town" muss also ein anderer Kurt sein. So neu ist der allerdings nicht und er kommt auch nicht mehr back zu Beck. Die Rede ist von Kurt Dehn († 26. August 2000), einem echten Pfälzer Urgestein. Seine Mundartgedichte und pfälzische Volksmusik werden bereits den kleinen Krischern mit in die Wiege gelegt. Aber auch außerhalb der Pfalz sind seine Lieder, die sich vorwiegend um zwei der pfälzischen Lieblingsbeschäftigungen (Essen und Trinken) drehen, bekannt. Ich bin ganz sicher, dass selbst in den Harzer Schlenken und Bulten zu "Do werd die Wuzz geschlacht" anständig mitgesungen wird.
An dieser Stelle möchte ich jedoch einen Hinweis setzen: Wenn man bei Kurts Texten auch permanent in Gedanken beim Essen und Trinken ist - zuviel Fleisch und fette Wurst sowie übermäßiger Alkoholkonsum sind der Gesundheit abträglich. Genießt man die herrlichen Produkte heimischer Landwirtschaft jedoch in Maßen, spricht nichts dagegen, auch im hohen Alter mit Läwwerworscht-verschmierter Gosch seinen Schoppe zu genießen und anschließend zum Piffsche einen Stumpen zu rauchen.
Essen und Trinken … da schließt sich der Kreis um die beiden Kurts. Als 'Oberpfälzer' ist unser König selbstverständlich ein Freund der hiesigen Gaumenkitzler und der Mundartkönig Dehn war unzweifelhaft ein ebensolcher. Und weil jedes Volk seinem König gehorsam folgen muss, gibt es viele Gelegenheiten, das ganze Jahr über auf den vielen (Wein-) Festen dem einen Kurt sein Steuersäckel zu füllen und dem anderen Kurt mit lauter Stimme Reverenz zu erweisen.
Und jetzt brauchen wir nicht zu dischbediere: Den einen wird die Interpretation der alten Weisen in Richtung Schorlerock so sauer aufstoßen wie ein elsässischer Edelzwicker der 1-Euro-Klasse. Die anderen werden zu den bekannten Texten die Weinberge rocken und umherzappen wie die Griwwelmigge am Abendhimmel.
Mer esse jez erschd emol ebbes und dann wandern die Kurt-Isanen in den Player. Der Rezensent wird eine Flasche Eschbacher Riesling, halbtrocken, öffnen und hoffen, dass die iwwerkandiddelden Hochdeutsch-Babbler bis hierher folgen konnten …
Ich gestehe, beim ersten Hören der eigentlich bekannten Lieder, zuckt man doch leicht zusammen. Denn wenn man nicht gerade mitten in der Südpfalz wohnt und häufiger mit Rockbands zu tun hat, die Weinlieder im Dialekt präsentieren, klingt das erstmal 'fremd'. Und ich bin nicht sicher, ob ich dieser rockigen Variante immer den Vorzug geben würde. Im lauschigen Innenhof eines alten Winzerhofes, abends beim gemütlichen Ferdel und einem guten Gespräch mit Freunden, wird die Dehn-Variante wohl immer die bessere Wahl sein, weil sie der Stimmung beim Genießen der letzten Sonnenstrahlen auf den rebenbewachsenen Fachwerkmauern zuträglicher ist. Auf der Woikerb allerdings muss die vorliegende Version abgehn wie der Zecher in Richtung Abort nach zuviel Bitzler.
Stücke wie z. B. "Pfalzwoi", "In de Palz geht de Parre mit de Peif in die Kerch" und vor allem, "Do werd die Wuzz geschlacht" sind sicher nicht nur Pfälzern bekannt. Die Interpretationen durch die beiden Haupt-Protagonisten Michael 'Josef' Weiler und Dennis 'Hoppy' Hauk gehen stellenweise einen Schritt weiter, als es die vielen Rock-Combos tun, die auf den Festen die alten (Trink-) Lieder verrockt wiedergeben. Blues Rock, Boogie Rock, Reggae ..., ja sogar metallische Zutaten sind vorhanden ("Pfälzer Mezzelsupp") und der Welt wird pfälzisches Grundwissen mitgeteilt wie etwa »Worscht und Fläsch vum Griwwehals ist unser bescht Gemies«.
Und ganz klar wird auch 'nach außen' vermittelt, dass man hierzulande seine 'Drogen' mit Bedacht wählt: »Än eschde Pälzer raachd känn Hasch, denn unser Stoff kummt aus de Flasch.«
'Josef' und 'Hoppy' werden durch eine Reihe bekannter (siehe Line-up-Klammerbemerkungen) und unbekannter Musiker unterstützt. Ja sogar Sänger vom 1. Frankenthaler Männerchor 03 sind zugegen, was beweist, dass man auch in 'seriösen Kreisen' Spaß an diesem Projekt hat. Ziel ist es ja auch, Kurt Dehn eine »zeitgemäße Hommage zu widmen« und im Übrigen kam die Idee von Friedemann Sonnefroh, seines Zeichens Archivar der Lieder Dehns. Und, korrekt wie wir Pfälzer nun mal sind, wurde selbstverständlich das Einverständnis von Kurt Dehns Famile eingeholt.
Track Nummer 19, man wird es erahnen, ist nicht aus Dehns Repertoire, schließt sich aber perfekt an die augenwzinkernden 'Oldies' an. Die Kurt-Isanen müssen nun aber touren und die Feste besuchen. Es ist Herbst und das ist in der Pfalz ja eine ganz besondere Jahreszeit ...
Das Album gehört in jeden pfälzischen Haushalt, am besten in die Nähe von Korkenzieher und Kapselschneider!
Line-up:
Michael 'Josef' Weiler
Dennis 'Hoppy' Hauk
James Hüther (High Voltage, Buddies)
Bernd Strobel (Die Woiknorze)
Kemal Vardar (Lövely Reptile)
Roy Zobel (Kä Thäma)
Andreas Schmitt (X-Punch, Rokko Rubin)
Daniel Fischer (The Frank Sinatra Show)
Dirk Fellhauer (Adorion)
Oliver Herrmann (Grabowsky, Dubbeglas Brieder)
Ralf Sonnenfroh
Friedemann Sonnenfroh
Michael "Schrotti" Schroth (Rokko Rubin)
Stefan Trutzel (1. Frankenthaler Männerchor 03)
Stefan Gerstmann
Silke Weiland
Emily Hauk (die Tochter ihres Vaters)
Andreas Gärtner (1. Frankenthaler Männerchor 03)
Jan Haas (1. Frankenthaler Männerchor 03)
Tracklist
01:Palzwoi
02:Tri Tra Tröppelche
03:Än eschde Pälzer raachd känn Hasch
04:Bitzlerlied
05:In de Palz geht de Parre mit de Peif in die Kerch
06:Gehschde weg
07:E queldie Grummbeer mit Blutworscht
08:Pälzisch is gar net so leicht
09:Pfälzer Metzelsupp
10:Do werd die Wuzz geschlacht
11:Die Mamme
12:Mein Schlüsselloch
13:Ich hab heut Abend wieder Sitzung
14:Wann isch ken Pälzer wär
15:Der schönste Verein ist der Winzerverein
16:Ich geh in moi Palz unn trink Woi
17:Wertschaft im Himmel
18:Blos noch ähner
19:New Kurt in Town
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