Michael Kobrin / Searching
Searching Spielzeit: 38:00
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2014
Stil: Indie Rock


Review vom 14.11.2014


Sabine Feickert
»So far from home two eyes mean hunger
One chest is drum beating to live
I'm moving on to light some fire
While some one else talks about someone peace
Through thorns and rain I'm moving quickly
The smell of blood has risen again
This world is great and I can see that clearly
Under the sky of fear and pain
I stand I fall
Love stands I fall
Spring appears with all its splendor
Cherry flowers are your lips
Before I left we stood together
Swimming in some lazy dreams
I stand I fall
Love stands I fall
And I will stand«

("Animal")
Uns geht’s hier doch eigentlich gut... manchmal wird einem das schlagartig wieder bewusst. Bei allen Wehwehchen und Problemchen und auch ernsthaften Widrigkeiten des Lebens geht es uns doch verdammt gut.
Michael Kobrin, ein junger Mann aus Haifa hat mir das gerade wieder ganz eindringlich vor Augen geführt. 1991 wurde er in der Ukraine geboren, im Alter von vier Jahren ist er mit den Eltern nach Israel ausgewandert. Sein Vater, ein Boxtrainer, wollte, dass er in seine Fußstapfen tritt. Die Musik war stärker, im Alter von 11 Jahren begann er in einem Chor zu singen, mit 13 fing er mit der klassischen Gitarre an. Mit 17 erste Auftritte und Talentwettbewerbe. Er entwickelte seinen eigenen, perkussiven Gitarrenstil und kombinierte Elemente aus Folk, Blues, Progressiv-Metal und Oriental, holte sich Inspiration in Boston, tourte in Frankreich, Deutschland, Rumänien, Italien, Spanien und der Ukraine. 2012 begann er mit seinem Produzenten Yossi Sassi an "Searching" zu arbeiten.
Sein Stilmix hat mich schon bei der ersten Hörprobe fasziniert. Der ist ungeheuer pfiffig und doch ausgewogen kombiniert. Das ganze Album bestätigt diesen ersten Eindruck. Vielfalt mit deutlich lesbarer Handschrift. Der Opener "Decision" plätschert wie kleine schnelle Wellen, diese flirrenden Fingerpickings unter einem eher langgezogenen Gesang (boah - Gänsehautstimme!!), das hat was! "Learning How To Live" folgt direkt hinterher und begeistert mich nicht nur durch den Text, sondern durch den gesamten Aufbau des Songs. Unterschiedliche Stimmungen und Tempi ziehen sich hier durch, von sehr relaxed und doch fingerschnipsend-beschwingt zu energiegeladenen Passagen inklusive sehr intensivem Geigensolo als Finale. Auch hier fesselt mich wieder nicht nur die Musik, sondern auch der Text, so wie das eigentlich durchgehend auf dieser Platte der Fall ist. Kobrin hat in seinen Lyrics Themen, die Menschen in seinem Alter (im Idealfall) bewegen sollten; Themen, die Menschen jeden Alters bewegen sollten sowie Themen, die durch die Region, in der er lebt, geprägt sind und eigentlich für keinen Menschen auf dieser Welt Thema sein sollen müssten. Sehr viele Gedanken sind hier verarbeitet und bei allem zieht sich doch ein gesunder (jugendlicher) Optimismus durch. Ganz besonders in meinem persönlichen Favoriten "Animal", dessen kompletten Text ich an den Anfang meiner Ausführungen gestellt habe, weil er mir so charakteristisch für dieses Album erscheint.
Auch Augenzwinkern kommt nicht zu kurz, wenn beim herrlich funkigen(!) "Still Got The Blues" diese scheinbaren Widersprüche zwischen Funk und Blues mit Humor und Können vereint werden. Apropos Widersprüche – der Prog Metal-Einfluss mag ja bei der Auflistung der Genres auch etwas skurril erscheinen, doch obwohl hier nix nach Metal klingt, kommt eine Dynamik und Intensität in die Songs, die wohl wirklich dort herrührt und sich auch so hören lässt. Spannend gemacht!
Dabei ist die Scheibe aber durchaus auch mit soviel Eingängigkeit versehen, dass sie sogar radiotauglich ist. Und das, obwohl sie mit jedem genaueren Hinhören immer mehr dazugewinnt!
Sehr feine Hinhörer liefert Michael auch immer wieder mit der akustischen Gitarre. Wer sich beispielsweise für die Fingerakrobatik einesJon Gomm oder mehr noch das so kunst- wie gefühlvolle Spiel eines Philip Bölter begeistern kann, dem wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Michael Kobrin gefallen. Zumindest dann, wenn man auch diese Grundidee, so völlig verschiedene Stilrichtungen zueinander zu führen und miteinander zu etwas ganz eigenem zu kombinieren, mag. Mir fallen dazu spontan beispielsweise Antun Opic oder die bezaubernde Toby ein, die völlig andere Grundzutaten verwenden, auch anders klingen und doch eine ähnliche Grundidee umsetzen.
Ganz dicke fette Empfehlung von mir: unbedingt in Ruhe anhören, gut hinhören und sich drauf einlassen! Sehr feines Teil!!
Line-up:
Michael Kobrin (vocals, acoustic guitar)
Ami Bornstein (drums)
Tal Blustein (bass guitar)
Yossi Sassi (electric guitars, bouzouki, keyboards)
Roei Fridman (percussion)
Yonatan Miller (violin, banjo)
Moran Magal (piano)
Adam Ben-Ezra (double-bass)
Shay Ifrah (drums - #3,5)
Uri Shamir (bass - #3,5)
Tracklist
01:Decision
02:Learning How To Live
03:Searching
04:Not Myself
05:Animal
06:Won't Last
07:Still Got The Blues
08:Nightlife
09:Perfect World
10:Outside
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