Paul Kossoff / Koss
Koss Spielzeit: 70:01
Medium: CD
Label: Castle Communications, 1987 (1977)
Stil: Blues Rock


Review vom 05.02.2010


Markus Kerren
Paul Kossoff war einer der besten Blues-Gitarristen seiner Zeit, versehen mit einem einzigartigen und unverwechselbaren Stil. Leider wurde er jedoch auch seit frühester Jugend von inneren Dämonen geplagt, was schließlich dazu führte, dass er bereits im zarten Alter von 25 Jahren aus dem Leben schied. Wem der Name Paul Kossoff bisher noch nicht begegnet ist, dem seien nur die beiden Begriffe Free und "All Right Now", ein Song, den eigentlich jeder kennen dürfte, genannt. Nachdem sich Free 1971 zunächst aufgelöst hatten, dann wieder zusammen kamen, um sich 1973 schließlich endgültig zu trennen (Paul Rodgers und Drummer Simon Kirke gründeten darauf Bad Company), konzentrierte sich Kossoff auf eine Solokarriere.
Nach einem ersten Soloalbum ("Back Street Crawler", 1973), das von Sessionmusikern und den Kollegen von Free eingespielt wurde, stellte Kossoff mit Mike Montgomery (Piano), Terry Wilson-Slesser (Gesang), Tony Braunagel (Schlagzeug) und Terry Wilson (Bass) eine feste Band zusammen, mit der er dann zwei weitere Alben aufnahm. Aber nun zum vorliegenden Album "Koss", benannt nach Pauls Spitznamen, das etwa ein Jahr nach seinem frühen Tod zum ersten Mal erschien und eine hervorragende Werkschau seiner Karriere bietet. Selbstverständlich nur häppchenweise, aber auch so konnte das damalige Doppel-Album locker gefüllt werden.
Den Auftakt machen Free mit "The Worm", einem Song, der damals nur als Single-B-Seite zu "Songs Of Yesterday" erschienen war. Gefolgt wird mit der Album-Version der bekannten A-Seite. "Mr. Big" von der "Free Live"-Scheibe macht den Anschluss, bevor mit "Time Away" ein schönes, melancholisches - ja, fast weinendes - Instrumental von dem ersten Kossoff-Soloalbum durch die Boxen strömt. So viel zu den bekannteren Stücken. Koss war aber auch, wenn quantitativ auch nicht übermäßig, als Session-Musiker für andere Acts tätig. Nachgewiesen hier durch die Nummer "Hole In The Head", erschienen auf dem Album "Mulgrave Street" von Eddie Bairds Folk Rock-Band Amazing Blondel. Einmal mehr kann man sich hier regelrecht verlieren in Kossoffs hochemotionalem Spiel.
Auch an zwei Soloalben des Traffic-Drummers/Sängers Jim Capaldi war er beteiligt. Aus diesen Sessions stammt "You And Me", eine wunderschöne balladeske Nummer, die Capaldi aus sich mir nicht zu erschließenden Gründen dann aber doch nie veröffentlichte. Eine weitere Zusammenarbeit mit Amazing Blondel stellt "You've Taken Hold Of Me" dar. Danach der Übergang zu der Band Back Street Crawler. Und das gleich mit einem Hammer und meinem absoluten Favoriten auf "Koss", nämlich "Molten Gold". Der Track war zwar bereits auf seinem ersten Soloalbum vertreten, allerdings von anderen Musikern eingespielt worden. Diese Version hier ist allerdings um Längen besser. Ebenfalls davor unveröffentlicht.
Es folgen weitere Studio-Perlen in Form der Rocker "Sidekick To The Stars" und "Never Take Me Alive", bevor dann an die Live-Front gewechselt wird. Die letzten vier Tracks stammen also von einem Konzert in Croydon, außerhalb Londons, aus dem Jahre 1975, die diese Ehrerweisung an den verstorbenen Musiker auf hohem Niveau abschließen. Mittlerweile gibt es gar ein komplettes Album von diesem Konzert, das sich bereits auf meinem Einkaufszettel befindet. Übrigens war Back Street Crawler eine richtig starke Band, die, nachdem Kossoff nicht mehr da war, mit dem Gitarristen Geoff Whitehorn unter dem Namen Crawler weiter machte. Allerdings ohne den gewünschten Erfolg und das Ende kam dann ziemlich schnell.
Ich bin eigentlich überhaupt kein Freund von Compilations, aber "Koss" stellt eine der wenigen Ausnahmen zur Regel dar. Es ist DIE optimale Einstiegsplatte, um sich mit der Musik dieses Gitarristen und vor allem seiner Zeit nach Free, bekannt zu machen, bzw. sie für sich zu entdecken. Von dem her eine absolute Empfehlung!
Paul 'Koss' Kossoff war bereits seit den frühen Siebzigern schwer drogenabhängig, was ihm von da an nur noch sporadisch erlaubte, zu arbeiten und somit einer der Gründe für das Scheitern von Free, sowie dem schleppenden Karriereverlauf von Back Street Crawler war. Wenn man die bereits vorhandene Klasse in seinen jungen Jahren bedenkt, diese ihm ganz eigene Originalität, dann ist es gar nicht auszudenken, was wir noch hätten erwarten dürfen, wenn uns ein gesunder Paul, der in diesem Jahr seinen 60. Geburtstag gefeiert hätte, erhalten geblieben wäre.
Immerhin sprechen wir hier von einem Mann, den selbst Eric Clapton nach einem Konzert hinter der Bühne aufgesucht hatte und ihn bat, ihm doch dieses wahnsinnig geile Vibrato in den Fingern beizubringen. Leider, leider bekam Paul Kossoff sein Leben aber nicht in den Griff. Nachdem er bereits 1975 nach einer heftigen Herzattacke nur mit höchstem Einsatz wiederbelebt werden konnte, erlag er schließlich am 19. März 1976 auf US-Tour während eines Fluges von New York nach Los Angeles den Folgen eines weiteren schweren, von harten Drogen verursachten Infarkts.
Line-up Back Street Crawler
Paul Kossoff (guitars)
Terry Wilson-Slesser (lead vocals)
Mike Montgomery (piano, keyboards)
Tony Braunagel (drums)
Terry Wilson (bass)

Mit:
John 'Rabbit' Bundrick (organ - #8,10)
Tracklist
01:The Worm
02:Songs Of Yesterday
03:Mr. Big
04:Time Away
05:Hole In The Head
06:You And Me
07:You've Taken Hold Of Me
08:Molten Gold
09:Sidekick To The Stars
10:Never Take Me Alive
11:The Band Plays On
12:It's A Long Way To The Top
13:Train Song
14:The Hunter
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