Stefan Kleinkrieg / Im Moment für immer
Im Moment für immer Spielzeit: 41:37
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2010
Stil: Deutschrock

Review vom 24.11.2012


Mike Kempf
Eine Extraportion Extrabreit bitte. Solch einen Nachtisch hatte ich mir 2008 schon einmal bestellt, als ich mir Kai Havaiis Biografie Hart wie Marmelade als Dessert gönnte. Und da die Adventszeit vor der Tür steht, empfehle ich allen Leseratten sich diese großartige Lektüre unter den Tannenbaum legen zu lassen. Wer noch ein Geschenk für Rockmusikliebhaber sucht, die lieber Hören als Lesen, für den kann ich eine weitere Extraportion aus dem Hause der 'Breiten' empfehlen. Stefan Kleinkrieg hat bereits 2010 mit "Im Moment für immer" ein Leckerli in Form einer CD kreiert, auf den Markt geschmissen und mit dieser Platte eine tolle Geschenkalternative für Freunde des anspruchsvollen Deutschrock angeboten.
Kleinkrieg, letztes verbliebenes Gründungsmitglied (1978) der Hagener Kultband und ausgesprochener Fan von Gibson-Gitarren, hat für "Im Moment für immer" dreizehn Songs in gut vierzig Minuten geschmiedet, in der sich nach dem ersten Durchlauf eines glasklar herauskristallisiert: Er eignet sich als Sänger für einen Operettenball genauso gut, wie Schlagerbarde Heino für einen Gastauftritt bei AC/DC. Dass er seine Stimmbänder vermutlich mit dem einen oder anderen Nikotinröllchen, sowie ab und zu mit Hochprozentigem gepflegt hat (Angaben ohne Gewähr!), gefällt mir. Denn dadurch hat seine Stimme das gewisse Etwas und erinnert mich in erster Linie an Düsseldorfs Gesangswunder und Rockröhre Gusti von AL.
Okay, "Vorwärts" geht es auf Stefans Reise in seiner eigenen Songarchitektur, und die ist wahrlich nicht von schlechten Eltern. Gleich an zweiter Position hat er mit "Wenn die Zeit"... gekommen ist, einen hitverdächtigen Kracher gelandet. Sowohl textlich als auch instrumental weiß das Teil voll zu überzeugen. Spätestens nach "1978", dass sich gut als Amsterdamer Stadthymne eignet, wird mir klar woher der Wind weht. Stefan Kleinkrieg, der eigentlich Stefan Klein heißt, wurde Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger mit Punk und der damaligen NDW (Neue Deutsche Welle) konfrontiert und diese Einflüsse spiegeln sich auch "Im Moment für immer" wider. Ob er mit einer "Knarre" mal ein 'Schwein' abknallen würde, eines seiner Lieder "Scheiss" betitelt, bei "Schade" gnadenlos eine Beziehung analysiert, "Herz bleibt stark" fordert, seine "Tante" als Schlampe benennt oder beim "letzten Vorhang" das Lied vom Tod erzählt, Stefan Kleinkrieg ist kein Kind von Traurigkeit und dem Interessierten erwarten mehrere 'rebellische' Sturmböen.
Wer ihm einmal über den Weg gelaufen ist, so wie ich 2008 in Biesdorf, als er mir äußerst lässig mit einem Dreitagebart gegenüber stand, der spürt, so wie das gesamte Album wirkt, dass man von ihm stets ehrliche Musik zu erwarten hat. Diese Attribute hat er auch beim Abmischen des Scheibchens beherzigt und auf Effekthascherei komplett verzichtet. Zusammenfassend erwartet den Konsumenten ein tolles Deutschrock-Album, das mit niveauvollen Texten aufwartet, sich prima mit dem schnörkellosen, unverfälschten und zum Teil dreckig wirkenden Sound ergänzt und sich mit Kleinkriegs markant schroffen Gesang toll komplettiert. Somit kann ich bedenkenlos eine Kaufempfehlung aussprechen, zumal der Preis von 9,99 € sehr kundenfreundlich ist.
Line-up:
Stefan Kleinkrieg (guitar, vocals)
Lars Larson (bass, backing vocals)
Josh Blackbird (drums)
Peter Assmann (drums)
Jan Brenna Koelpin (drums)
Steve the Mashine (drums)
Tracklist
01:Vorwärts (2:35)
02:Wenn die Zeit (3:47)
03:1978(3:08)
04:Knarre (2:33)
05:Vielleicht (3:38)
06:1-2-3 (2:43)
07:Scheiss (2:44)
08:Traurig (2:41)
09:Schade (3:49)
10:Käpt'n bay bay (2:56)
11:Herz, bleibt stark (3:33)
12:Tante (2:26)
13:Letzter Vorhang (5:04)
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