Einige Vinyls aus der Zeit Anfang der 80er und der erst kürzlich veröffentlichte Provinz-Roman von Kai HavaiisHart Wie Marmelade waren meine Motivation, am 11. Juli in die Parkbühne Biesdorf zu marschieren, um mir Extrabreit zu gönnen. Schon erstaunlich, dass die Band nach über einem Vierteljahrhundert des Daseins immer noch, oder gerade wieder, die Massen elektrisieren kann. Sicher, ihr neustes Album Neues Von Hiob, das im Mai 08 auf dem Markt erschien, weckte weiteres Interesse der Fans, die Breiten live zu erleben.
Ab 18.30 Uhr sorgten Die Halben und Vollhardt dafür, dass die Fans gut vorgeheizt den Top-Act um 20.15 Uhr empfangen konnten. Doch leider waren die Techniker des Veranstalters überfordert und ca. 45 Minuten damit beschäftigt Kabel zu sortieren und Fehlerquellen zu beseitigen. Der Veranstalter sprach von »hausgemachten Problemen«.
Die Breiten, die gute 8 Stunden über die Autobahnen heizten, um pünktlich aufzutreten, hatten das Warten satt. So setzte sich Rolf Möller an die Muckibude und läutete "1-1-0" ein. Obwohl immer noch einige Techniker auf der Bühne herumirrten, schnappte sich Kai Havaii sein Mikro und sang drauf los. Stefan Kleinkrieg war erst gar nicht zu hören und von Lars Larssons Tieftöner kamen nur Soundfetzen aus den Boxen. Diese Soundprobleme zogen sich durch die ersten drei Songs (u. a. auch "Baaders Sonnenbrille"), erst danach war der Ton einwandfrei. Doch es war bewundernswert, wie die Methusalems des Deutschen Rocks unbeeindruckt das Programm durchzogen.
Mit "Polizisten" vernahm ich ihren ersten Nummer-Eins-Hit von 1980 und fühlte mich wie auf einer Zeitreise, denn nun erlebte ich Extrabreit nach über 20 Jahren zum ersten Mal wieder live. Nach "Lärm" folgte "Nichts ist für immer" und Havaii verstand es, die Menge in beste Stimmung zu bringen. Edelfan Kiwi, der mir vorher alles über die Band erzählte, wurde schließlich vom Shouter bei "Nichts ist für immer" per Händedruck begrüßt.
Ich hatte eh das Gefühl, dass die Band ihre Stammwurzeln nicht vergessen hatte und sich sicherlich an ihre beschwerlichen Anfänge erinnerte. Nach dem Motto: 'Ohne Euch sind wir nichts', wurde den Fans dementsprechend 100% Extrabreit geboten.
Havaii nutzte in der Folgezeit die komplette Bühne, mal links, mal rechts, mal vorn, mal hinten, er war einfach überall! Wenn er sich nach hinten zwischen Kleinkrieg und Bubi Hönig einreihte, dann thronte Drummer Möller über ihm. Nun musste man bei den gewaltigen Schlagzeug-Attacken echt um die Gesundheit des Sängers fürchten.
Es war schon sehr beeindruckend, mit welcher Brachialgewalt und Ausdauer Möller sein Kraftwerk bearbeitete und das Material ganz und gar nicht schonte, so dass der Roadie voll damit beschäftigt war, diverse Schrauben an der Schießbude nachzuziehen. Richtig riesig kam er rüber, wenn er seine Sticks im Mund hielt, um klatschend die Fans zu animieren!
Als Havaii "Hart wie Marmelade" ins Mikro blies, ertappte ich mich, wie ich lautstark den Refrain »Hart wie Marmelade, zäh wie Himbeergelee« zum Besten gab. Nachdem einem kurzen Gedenken an Harald Juhnke wurden bei "Rote Rosen" Erinnerungen an Hildegard Knef geweckt. Mit diesen beiden Entertainern hatte die Band in vergangenen Zeiten einige Songs eingespielt.
Ein Hit folgte dem anderen, ob "Lottokönig", "Annemarie" oder "Flieger", die Fans waren begeistert und es war irgendwie logisch, dass die Hardliner alle Texte mitsangen. In den Songs wechselten sich Bubi und Kleinkrieg bei den Soli ab und Kraftpaket Möller ergänzte sich prima mit Larsson, der routiniert seine dicken Saiten zupfte. Auf der Grundlage der jahrzehntelangen Zusammengehörigkeit versprühte die Band eine große Harmonie und Vertrautheit. Sie war mit den Fans völlig im Einklang!
Völlig durchgeölt verließ Havaii am Ende des Konzertes die Bühne und genoss mit seinen Mitstreitern das Bad in der Menge.
Doch die Fans mussten nicht lange auf die Zugaben warten. Möller war wieder der Erste auf der Bühne und ihm wurde die Ehre zuteil, die weiteren Songs anzusagen. Insgesamt gab es vier Zugaben, ehe die Hintergrundmusik signalisierte, dass nun wirklich Feierabend war.
Trotz der anfänglichen technischen Probleme und der nicht optimalen Aussteuerung der Anlage (es hätte ruhig etwas lauter sein können), waren sich alle Zuhörer einig, dass sich dieser Konzertbesuch voll gelohnt hatte.
Zu guter Letzt versuchte ich noch Kontakt zur Band aufzunehmen, um meine Silberlinge signieren zu lassen. Der Backstage-Bereich war von der Security gut gesichert, und so wurden einige Fans, die schon erhebliche Alkohol bedingte Schlagseite hatten, folgerichtig abgewiesen.
Gut dass ich bei Wasser und alkoholfreiem Bier geblieben war. Meine Ankündigung, einen Gig-Bericht für RockTimes zu verfassen, war die halbe Miete, um die Band noch mal hautnah zu erleben. Kleinkrieg fragte mich, wie der Sound war, da er ein ständiges Brummen im Ohr hatte. Ein sichtlich gut aufgelegter Havaii verewigte mich bildtechnisch zusammen mit Möller auf meiner Speicherkarte. Doch es war deutlich sichtbar, dass die Band ziemlich platt war, und so zog ich mich diskret zurück.
An dieser Stelle möchte ich den Jungs von Extrabreit noch einmal ausdrücklich für die Möglichkeit danken, ein paar Eindrücke aus dem Backstage-Bereich mitzunehmen.
Bilder vom Konzert
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