Ted Russell Kamp ist ja beileibe kein Unbekannter mehr für RockTimes, besprachen wir doch vor gar nicht allzu langer Zeit sein letztes Album Divisadero. Und schnell ist der Mann auch noch, habe ich doch gerade mal wenige Wochen später bereits den Nachfolger und das somit brandaktuelle Werk "Poor Man's Paradise" in den Händen, bzw. im Player rotieren. Aber Spaß beiseite, zwischen den beiden Scheiben liegen zirka zwei Jahre. Zwei Jahre, in denen Kamp trotz engem Terminkalender wieder mal ausreichend Zeit gefunden hat, sich intensiv mit dem Songwriting für einen neuen Solo-Ausflug zu befassen.
Die Messlatte hatte sich der US-Amerikaner mit "Divisadero" selbst ganz schön hoch gelegt, wodurch ich der neuen Langrille verständlicher Weise mit großer Spannung entgegen blickte. Ziemlich schnell stellte sich jedoch heraus, dass sämtliche Zweifel und Befürchtungen völlig unbegründet waren. Denn mit "Poor Man's Paradise" legt Ted Russell Kamp erneut ein sehr starkes Americana-Album vor, das vor Songperlen der exquisiten Art nur so sprudelt. Genau so spielend schafft er es auch, einmal mehr eine Atmosphäre zu schaffen, die sowohl knisternd wie auch relaxt wirkt.
Zum Beispiel ist "Let Love Do The Rest" einerseits herrlich laid back, aber ebenso mit jeder Menge Feeling versehen. Im Hintergrund verbreitet eine Orgel den warmen Soundteppich, während die ebenfalls eher verhaltene Gitarre die weiteren musikalischen Akzente zu einem Track setzt, der von Kamps einmal mehr an Steve Earle-Melodien erinnernden Gesang geführt wird. "Ballad Of That Guy" schlägt in dieselbe Kerbe, wobei hier Schlagzeug und Orgel fehlen, dafür die Gesangslinien eher in Richtung Guy Clark gehen. Aber dieses 'Name Dropping' soll auch nur wieder eine kleine Orientierungshilfe sein, denn Kamp hat es keineswegs nötig, irgendwen zu kopieren.
Mit schönem E-Piano beginnt "Dixie", fortan glänzend von einer Lap Steel und der immer wieder glänzenden, wie unauffällig im Hintergrund agierenden Orgel unterstützt. Die Art und Weise, in der Ted Russell Kamp dann Gesangslinien und seine Stimme darüber legt, verrät einmal mehr die Klasse dieses Musikers. Im beschwingten "Old Folks Blues" bekommen wir einen kleinen Einblick in das Leben eines tourenden Musikers, in die anscheinend guten Zeiten (»…I got the whiskey, you got the little white lines…«), wie auch die Nachwirkungen (»…but it's catchin' up with me, I got them 'Old Folks Blues'…«). Alles natürlich mit einem gewissen Augenzwinkern versehen.
Bei "Never Gonna Do You Wrong" sind sogar Bläser am Start, die sich einwandfrei in den Gesamtsound von "Poor Man's Paradise" einfügen. Auch die leider nicht namentlich erwähnten Ladies am Background Gesang machen eine tolle Figur und verleihen dem Track das gewisse Etwas. Kamps Gesang schwingt sich hier, vielleicht auch gerade deshalb, in neue Höhen. Beim anschließenden "Player Piano" treibt einem die Lap Steel einmal mehr die ein oder andere Gänsehaut über den Rücken, während der Song ein sehr starkes Album qualitativ hochwertig beschließt. Etwas rätselhaft ist, warum Kamp mit "Just A Yesterday Away" zwar einen starken, aber sicherlich nicht den besten Track als Opener der ganzen Geschichte gewählt hat.
Die absoluten Höhepunkte von "Poor Man's Paradise" bilden die Tracks "Just Go South" und "Let The Rain Fall Down", die beide über die Fähigkeiten verfügen, sowohl Radiofutter wie auch mit Ecken und Kanten versehen zu sein. "Just Go South" punktet dazu mit eine starke Rock-Gitarre und eine fast schon unverschämt geile Gesangsmelodie. Abgerundet mit tollen Soli ist dieser Song der absolute Gewinner des Albums. Nur ganz knapp geschlagen präsentiert sich "Let The Rain Fall Down", das einmal mehr einen deutlichen Steve Earle-Vibe hat. Dennoch: Starker Song, super eingespielt und sowohl Feeling wie auch der Groove lassen nichts zu wünschen übrig.
Wenn man Kamp überhaupt etwas vorwerfen kann, dann, dass er das Tempo der einzelnen Stücke ein bischen mehr hätte variieren können. Aber dieser Punkt erscheint fast wie Erbsenzählerei, wenn man die Qualität der insgesamt elf Songs im Ganzen betrachtet. Bleibt zu hoffen, dass sich der Mann auch mal in Deutschland blicken lässt und hier die ein oder andere Bühne unsicher machen wird. "Poor Man's Paradise" ist eine Scheibe, die man sich wesentlich öfter als ein paar Mal anhören wird, da sie über Tiefe und die bereits weiter oben erwähnten Qualitäten verfügt. Wie der Vorgänger "Divisadero" also sozusagen eine, deren Anschaffung sich definitiv lohnt!
Tracklist |
01:Just A Yesterday Away
02:Just Go South
03:Let The Rain Fall Down
04:Long Distance Man
05:Let Love Do The Rest
06:Ballad Of That Guy
07:Dixie
08:Poor Man's Paradise
09:Old Folks Blues
10:Never Gonna Do You Wrong
11:Player Piano
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