Volker Kriegel / 2:1 Edition, Journal/Palazzo Blue
2 : 1 Edition Journal Palazzo Blue Spielzeit: 38:59 (CD 1), 39:40 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: inakustik, 2010 (1981/1989)
Stil: Jazz, Fusion


Review vom 02.05.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Das Label inakustik greift in den Backkatalog einiger namhafter Musiker beziehungsweise Bands. So ist in der Reihe "2 : 1 Edition" ein Doppelalbum von Volker Kriegel erschienen. Der Jazz- sowie Fusion-Gitarrist wurde am 24.12.1943 in Darmstadt geboren und verstarb am 14.06.2003 in San Sebastián.
Sein musikalisches Herz war erfüllt vom Jazz und erst mit sechzehn Jahren begann er als Autodidakt das Gitarrespielen. Mit seinem Jazz-Trio gewann er 1963 einen Preis beim Amateur Jazz Festival und Ende der Sechzigerjahre war er in der Band Swinging Oil Drops. Zu ersten Plattenaufnahmen kam es mit Klaus Doldinger und auch das Dave Pike Set war eine der zahlreichen Stationen in Kriegels Karriere. Die Siebziger waren dann eine sehr aktive Dekade für Kriegel. Es kam zur Zusammenarbeit mit dem Violinisten Don 'Sugarcane' Harris und abermals Klaus Doldinger. Das Mild Maniac Orchestra war eine weitere seiner Bands und 1977 kam es zur Gründung des United Jazz + Rock Ensembles. Mit anderen Musikern wurde im gleichen Jahr das Label Moods Records aus der Taufe gehoben. Neben seinen vielschichtigen musikalischen Aktivitäten war er auch Cartoonist, Illustrator, Übersetzer, Mitwirkender bei Kabarettveranstaltungen sowie Autor.
Volker Kriegel war einer der herausragenden deutschen Jazzgitarristen und er hat den Anhängern guter Musik insgesamt achtzehn Alben unter eigenem Namen zur Verfügung gestellt und mit dem United Jazz + Rock Ensemble waren es zehn weniger.
Das Label inakustik veröffentlicht nun mit einem Doppeldecker unter dem Titel "2 : 1 Edition" die beiden Alben "Journal" und "Palazzo Blue" in der remastered Version. Außer der Soundaufbesserung gibt es keine Extras oder Bonus Tracks. Muss auch nicht sein, denn nicht nur diese beiden Alben erweisen sich als beispielhaft gute Jazz- beziehungsweise Fusionplatten.
"Journal" steht im Zeichen des Zusammenspiels mit dem Vibrafonisten Wolfgang Schlüter, der Mitglied der NDR-Bigband war und ebenfalls bei Paul Kuhn als auch Peter Herbolzheimer spielte. Kriegel schrieb sechs der acht Stücke. Gemeinsam mit Hans Peter Ströer (Synthesizer, Fender Piano, Bass) schrieb er "Am Wörthsee" und Ströer alleine gehören die Credits für "Marie Therese".
In beeindruckender Weise werden die Grenzen zwischen Jazz sowie Fusion aufgehoben.
Kriegel war ein Meister des Verschmelzens dieser Genres zu einem ganz eigenen Stil. Dieser wiederum enthält auch fernöstliche Anleihen, die sich besonders durch den Einsatz der Sitar herauskristallisieren. So steht der "Journal"-Opener "Calcador" unter diesem Motto und selbstredend hört man besonders gerne die von Ernst Ströer gespielten Tablas.
"Storyboard" und weitere Tracks stehen unter dem guten Stern des bereits weiter oben erwähnten Zusammenspiels von Vibrafon sowie Gitarre. Ob rhythmisch sehr betont oder in traumhaften Klanglandschaften versinkend ist Kriegels Musik spannend und entspannend zugleich. Der Protagonist lässt seinen Mitmusikern genügend Freiräume für solistische Inszenierungen und bringt sich persönlich natürlich ebenfalls reichlich ein. Die Paarung des Jazz mit dem Rock gelingt Kriegel & Co. phantastisch. Mit dem Funk bereichert finden wir Stücke wie "Am Wörthsee" oder "Rheingold" klasse. Letztere Komposition steht stark im Zeichen des Vibrafons und der Tasten, genauer dem von Thomas Bettermann gespielten Piano. Wenn es um den Funk geht, hören wir auch einen geslappten Bass. Nach einer herrlichen Handtrommeleinlage kommt man abermals zurück zur Ohrwurmmelodie.
"Naura" sowie "Louise Colet & Nora Barnacle" sind zeitlos schöne Balladen, denen man schwerlich einen Stil zuordnen kann. Keine Randnotiz ist der letzte Track des 1981 erschienen "Journal". "Notiz für Giorgio Morandi" ist eine hingebungsvoll gespielte Ode an den Stilllebenmaler Morandi. Durch die Reduktion auf ganz wenige Saiteninstrumente entwickelt sich dieses Stück zu einem der intensivsten auf der Platte. Neben Martin Kolbe waren auch Ralf Illenberger sowie Fríedemann Witecka auf der CD an den Gitarren aktiv. Mit "Journal" verbindet man einprägsame Musik, viel Groove und unter die Haut gehende Stimmungsbilder.
Zeitsprung! Acht Jahre später erschien "Palazzo Blue".
War der Sound von "Journal" durch Vibrafone und Gitarre geprägt, ist die zweite Platte des Doppelalbums in der Hauptsache eine instrumentale Kombination aus Sechssaiter, Saxofon und Keyboards. Darüber hinaus setzen der erste sowie letzte Track mit ihren Spielzeiten von sechzehn beziehungsweise dreizehn Minuten voll auf Sessionlänge. Das Titelstück ist ein Musterbeispiel an Fusionmusik. Gitarre und Saxofon spielen längere Strecken in einem Unisonosound und die Groove-Allianz des Bassisten Michael Schürmann sowie Thomas Alkier am Schlagzeug ist beeindruckend. Bettermann spielt ein höchst luftiges Pianosolo und daran schließt sich Kriegel mit seiner unvergleichlichen Spielweise an. Immer wieder findet das Quintett zum rockigen Thema des Tracks zurück. Christof Lauer, ebenfalls ein United Jazz + Rock Ensemble-Mann, legt auf seinem Holzblasinstrument ein Solo erster Güte hin.
"Postcards For F. W. Amber" ist ein musikalischer Gruß mit dem sanften Federstrich eines Volker Kriegel. Auch hier groovt es herrlich und zum Ende der Nummer spielt der Fünfer im Baumwollfeld des Blues Verstecken. Thomas Bettermann hat die letzten beiden Stücke auf "Palazzo Blue" geschrieben. "Ouagdougou" ist mit stark perkussiver Rhythmik unterlegt und abermals ist es Lauer, der für ein furioses Solo sorgt. Alkier trommelt beeindruckend und der Bass hat nichts anderes als einen kräftigen Groove zu bieten. Dabei klingen die tiefen Töne sehr sanft.
Der zweite Longtrack mit dem Titel "Castel Fiora" ist eine nicht enden wollende Traumstrecke, in der zunächst der Bassist einen großen Teil der Zeit für ein Solo abgreift. Kriegel übernimmt mit wunderschönen Läufen über das Griffbrett und die Keyboards klingen fast nach klassischer Instrumentierung. Nach zirka fünf Minuten kommt Bewegung in den Track und die Combo befindet sich abermals in Fusiongefilden, denen man einen Spritzer Funk bemischt. In seinem langen Solo blitzt Bettermann mit all seinen Fähigkeiten sowie seiner Kreativität auf. Letztlich lässt er sich gar zu psychedelischen Klangteppichen hinreißen und für kurze Zeit verpasst Kriegel seiner Gitarre einen ganz ungewöhnlichen Effektsound. Ganz kurz kreuzen sich die Wege vom Protagonisten mit denen der Beatles... "Elenor Rigby". Was ist eigentlich mit Lauer los? Der meldet sich erst ganz zum Schluss zu Wort und dann wieder sehr kreativ wie kurios. Auch er verpackt ganz geschickt den Fab Four-Song in seinen Beitrag.
Das Doppelalbum "2 :1 Edition" mit den beiden Platten "Journal" sowie "Palazzo Blue" ist eine beeindruckende Wiederveröffentlichung, die selbst nach so vielen Jahren auf den zeitlosen Charakter von Volker Kriegels Musik aufmerksam macht. Hans-Jörg Maucksch bei Pauler Acoustics ist schließlich eine erste Adresse in Sachen Topsound. In der digital remasterten Version bekommt man für einen schlanken Preis viel geboten.
Line-up: Journal
Volker Kriegel (electric guitar, acoustic guitar, sitar guitar, synthesizer)
Wolfgang Schlüter (vibraphone, marimbaphone)
Hans Peter Ströer (synthesizer, Fender piano, bass)
Ralf Illenberger (guitar)
Martin Kolbe (acoustic guitar)
Friedemann Witecka (guitar)
Thomas Bettermann (piano)
Manfred Hofbauer (flute)
Eberhard Weber (bass)
Capo Meyer (bass)
Ralf Hübner (drums)
Evert Fratermann (drums)
Ernst Ströer (percussion, tablas)
Wendel Jekyll (cymbals)
Igor Hype (cymbals)
Line-up: Palazzo Blue
Volker Kriegel (guitar)
Thomas Bettermann (keyboards)
Christof Lauer (saxophone)
Michael Schürmann (bass)
Thomas Alkier (drums)
Tracklist
Journal:
01:Calcador (3:50)
02:Storyboard (4:49)
03:Am Wörthsee (4:40)
04:Naura (5:23)
05:Rheingold (4:50)
06:Marie Therese (4:27)
07:Louise Colet & Nora Barnacle (4:05)
08:Schwebebahn (3:50)
09:Notiz für Giorgio Morandi (3:19)
Palazzo Blue:
01:Palazzo Blue (16:15)
02:Postcards For F. W. Amber (4:09)
03:Ougadougou (5:51)
04:Castel Fiora (13:14)
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