Auf der letzten Seite des Booklets schreibt Aynsley Lister: »Music is a release for me. When I play I get lost in it and it's a very happy place to be.« Vom einstigen Talent hat sich der Engländer schon lange zum Trendsetter in Sachen Blues Rock entwickelt. Was das spielerische Terrain für den Künstler ist, entwickelt sich verdammt schnell zum Glück des Hörers. Aynsley Lister hat eine unverkennbar-eigene Handschrift und wird bei elf der zwölf Songs von "Home" als Songschreiber gelistet. "You Make It Real" stammt aus den Federn von James Morrison/ Paul Barry. Letztgenannter hat unter anderem bereits für Cher, Celine Dion, Lionel Richie, Britney Spears, Rod Stewart oder Tina Turner Tinte aufs Papier gebracht.
Unter dem Dach des Blues vereint Aynsley Lister eine Menge Verästelungen, für die man allerdings kein Navigationsgerät benötigt. Diese Rolle übernimmt unter anderem die Gitarre des Musikers. Der Protagonist ist in Topform und bedient neben kraftvoll rockenden Nummern, zeitlos-charmanten Midtempo-Songs auch Balladeskes, mit dem er wohl nicht nur die Frauen zu einem anerkennenden Nicken bringt. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass er sich mit dem einen oder anderen Track (zum Beispiel "Inside Out") doch auf überzeugende Weise von der 12-Takter-Matrix entfernt und das Genre nur noch ein wenig durchschimmern lässt. Melodie und Eingängigkeit sind hier die Asse. Beim Gitarrensolo lässt er mit einem leichten Twinsound Southern-Feeling aufkommen.
Ohne Zweifel ist Aynsley Lister mit einer überzeugenden Band am Start. In André Bassing hat der Gitarrist einen kongenialen Partner an seiner Seite, der genau weiß, wie man die Kompositionen durch den Druck auf die schwarzen und weißen Tasten zu färben hat. Einen gewissen Hang zum Jazz darf man dem Keyboarder durchaus unterstellen. Bassist Steve Amadeo sorgt mit seinen tiefen Basistönen für eine herrliche Transparenz. Bei der hohen Qualität des Schlagzeugers Wayne Proctor (auch Oli Brown, The Nimmo Brothers, Ian Parker) braucht man sich über eine exzellente Rhythmik keine Sorgen zu machen.
Der Album-Starter "Home" ist ein Liebeslied:
»And I know where I belong
Whether near or far away
Over me you have the power
There's nowhere I'd rather be
Got me from inside
In your arms tonight is home to me
Well that's home to me yeah«
Große Gitarrentöne werden in einem herrlichen Break von André Bassings Piano abgelöst und die Rhythmusabteilung lässt es phasenweise grooven. Aynsley Lister braucht noch nicht einmal einen Rock-Kracher, um die Aufmerksamkeit des Hörers zu erregen. Vielleicht darf der Albumtitel aber auch als Synonym für seine eigene Plattenfirma Straight Talkin' Records hergenommen werden.
"Free" ist aus meiner Sicht die Hymne auf "Home". Der Musiker pendelt zwischen Feuerzeug-Melancholie und Geradeaus-Rock. Da kommt ein Hammer-Song auf uns zu. Mit "Sugar" geht es über den großen Teich, direkt in einen Chicagoer Blues Club. Natürlich lässt auch Aynsley Lister hier sein Arbeitsgerät an der langen Ideen-Leine, aber an und für sich ist diese Nummer André Bassings Baumwollfeld, denn er geleitet uns durch den Track. Toll!
Wer auf einen klasse Groove und mächtige E-Gitarre steht, wählt "Possession" als seinen Favoriten. Achtung, hier besteht definitiv die Gefahr, von der Musik abhängig zu werden. "Hyde 2612" ist dann geprägt von der Bottleneck-Handschrift des Frontmannes. Wunderschön, dieser luftige Rhythmus als Fundament. Dazu passt das nächste Lied perfekt, weil es mit Wayne Proctors Jazzbesen-Einsatz und André Bassings Piano auch noch entsprechend jazzig swingt. "Impossible"? Auf dieser Platte scheint alles möglich zu sein. Man hat schon lange den Hut vor dem Künstler gezogen, auch wenn er im letzten Track "Straight Talkin' Woman" abermals das Jazz-Genre (mit einem bluesigen Solo) bedient. Erleben wir mit Songs dieses Stils einen neuen Aynsley Lister? Warum nicht, der Mann besitzt die Souveränität für übergreifende Musik.
Bei der Klasse von "Home", einem Album, das viel mehr ist als Gitarren-Blues Rock, einer super Band und einem Musiker, Sänger und Songwriter Aynsley Lister bleibt es hier nicht nur bei einer lapidaren Empfehlung. Im Oktober/November 2013 ist er wieder unterwegs und nicht nur vorliegende Platte dürfte magnetische Wirkung für einen Konzertbesuch haben.
Line-up:
Aynsley Lister (guitars, vocals)
André Bassing (keyboards)
Steve Amadeo (bass)
Wayne Proctor (drums, percussion)
Tracklist |
01:Home (6:32)
02:Broke (3:36)
03:Insatiable (4:21)
04:Inside Out (4:55)
05:Free (5:37)
06:Sugar (4:05)
07:You Make It Real (4:30)
08:Feeling Good (4:53)
09:Possession (5:21)
10:Hyde 2612 (3:57)
11:Impossible (3:14)
12:Straight Talkin' Woman (4:14)
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