Vorschußlorbeeren
Aynsley Lister muss man wohl den RockTimes-Lesern nicht mehr groß vorstellen. Der Bluesgitarrist und Sänger aus dem britischen Leicester wurde schon oft genug besprochen und dementsprechend hoch waren auch meine Erwartungen, als ich an diesem Freitag Abend zum Saal Birgit ins niederrheinische Viersen fuhr. Vorab gesagt: Alle, aber wirklich alle Lobhudeleien waren mehr als gerechtfertigt, und es wurde einer dieser Abende, über den man noch lange spricht.
Alle Augen auf den Chef
Als wir den Saal Birgit betraten, spielten gerade Strange Brew aus Duisburg mit dem Klassiker "Crossroads" bereits ihre letzte Nummer. Klang gut, aber leider verpasst. Die Umbaupause zum Hauptact zog sich zum Glück nicht so lange und dann konnte es auch schon losgehen.
Bereits mit der ersten Nummer konnte man förmlich spüren, dass die Band rund um Bandleader Aynsley heute bestens eingespielt war und es groovte von der ersten Note an wie die Hölle. Der Sound war glasklar und nicht zu laut (was man leider bei Konzerten in der heutigen Zeit zu oft hat). Als erstes fiel auf, dass Aynsley Lister neben seinem Können an der Sechssaitigen auch mit einer tollen Stimme ausgestattet ist. Locker, mit Jeans und T-Shirt, blueste er sich mit einer wunderbaren Leichtigkeit und Entspanntheit durch die Songs. Natürlich war er der Hingucker auf der Bühne, denn wenn man Sänger und Leadgitarrist in einer Person ist, steht man ohne Zweifel im Mittelpunkt des Geschehens. Trotzdem konnten seine Mitmusiker ebenfalls Akzente setzte und wenn mal die Orgel im Mittelpunkt stand, zeigte Morg Morgan aber auch was er drauf hat. Auch Simon Small am Schlagzeug unterlegte Aysnleys gefühlvolles Gitarrenspiel mit einem groovigen Beat und wenn es mal schnell wurde, schepperte er auf seine Felle ein, dass es eine Freude war.
"Spice Bass" par excellence
Etwas versteckt am linken Bühnenrand kam auch Bassistin Midus Guereirro mehr und mehr aus sich heraus und grinste zum Schluss nur noch ohne Ende. Obwohl die Rolle des Bass im Blues immer etwas unterschätzt wird, zeigte sie sehr eindrucksvoll, was man auch mit vier dicken Saiten alles machen kann - ohne ein Solo spielen zu müssen. Midus hat auch bereits langjährige Erfahrung sammeln können, denn sie spielte u.a. schon mit Anne Clark und sogar mit Melanie C. (ehemaliges Spice Girl) zusammen. In der Band von Aysnley Lister jedenfalls ist sie bestens aufgehoben.
Viersen dreht durch
Musikalisch gab es einen bunten Querschnitt aus dem mittlerweile doch reichhaltigen Backkatalog, und neue Nummern wie "Hurricane" oder "Early Morning Dew" fügten sich nahtlos neben alten Stücken wie "Soundman" in die Setlist ein. Obwohl die aktuelle Platte Equilibrium etwas poppiger als die alten Aufnahmen klingt, wirkt live alles wie aus einem Guss. Die absoluten Live-Kracher wurden dann zum Ende gebracht. Zunächst eine tolle Version von Prince's "Purple Rain", die allen Anwesenden Gänsehaut bescherte. Irre! Als Abschluss des regulären Sets wurde dann wieder ein Zahn zugelegt und mit "In The Morning" vom vorletzten Album, Upside Down zog die Band inklusive Aynsley mal wieder alle Register des Könnens. Flotter Boogie-Blues mit Slide-Einlage und der Saal Birgit ging komplett ab. Überhaut meinte es das Viersener Publikum seht gut und es wurde überdurchschnittlich viel applaudiert, oder wie ein Zuschauer sagte »Wer da nicht mitgeht, der ist schon tot«.
Dem kann ich nichts hinzufügen.
We want more !!!
Natürlich ließ sich die Band nicht lange bitten und als erste Zugabe gab es den alten Klassiker "Hush", den neben Deep Purple auch schon diverse andere Bands gecovert haben (sehr zu empfehlen die Gotthard-Version von ihrem Debüt). Die Version der Aynsley Lister Band orientierte sich aber an der Brit Pop-Band Kula Shaker" (kennt die überhaupt noch einer ?) aus den 90ern. Mit richtig Drive und einem wunderbaren Hammond-Sound schaffte es die Band, dass der ganze Saal lautstark das markante »na nanana nanama nanana« mitsang. Eine Zugabe war natürlich zu wenig und so verabschiedete man sich mit einer fulminanten Version von " Balls Of Steel" vom restlos begeisterten Viersener Publikum.
Bis gleich...
Obwohl spätestens jetzt wirklich jeder im Publikum Aysnley Lister samt Band ins Herz geschlossen hatte (für den Rest von Deutschland: Der Niederrheiner ist in solchen Dingen immer sehr schnell ), setzten die vier Jungs und das Mädel noch einen drauf und kamen komplett ohne Starallüren unmittelbar nach dem Gig ins Publikum. Aynsley saß etwas ausgepowert, aber zufrieden am Merchandise-Stand und signierte fleißig und mit britischer Höflichkeit alles was er vorgelegt bekam. Auch der Rest der Band mischte sich unter das Volk.
Das Konzert kann man also locker in die Kategorie 'one of these nights' einordnen. Aynsley Lister beweist, dass Bluesmusik absolut zeitlos ist und auch von einer jungen Band (mit 32 Jahren ist man ja im Blues noch fast ein Teenager) mit viel Können und noch mehr Leidenschaft beeindruckend dargeboten werden kann.
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