"A Woman Like Me". Was habe ich diese CD schon rauf und runter gehört, jede einzelne Rille genossen. Immer wieder diese Stimme, die mir so große Freude bereitet. Irgendwie ist es mit dieser Disc so, wie es mir selten geht: Man hört die ersten Takte und ist gefesselt.
Zwei ganz große Vertreterinnen des Genres, Etta James und Aretha Franklin, lassen Tina Turner mit ihrer Band als Support auftreten. Vor dem Hauptact dieses Damenfestivals tritt Bettye LaVette auf und alle (ausgenommen Tina Turner) singen zusammen mit Mavis Staples, die zufällig anwesend ist, eine Zugabe der besonderen Art.
Richtig! Fiktion! Diente auch dazu, dieser immer wieder mit Kritikerlob überhäuften, seit Mitte der 60er Jahre aktiven R&B-Sängerin gleich mal in eine entsprechende Schublade, ganz weit oben in der Vitrine, zu packen.
Dennis Walker, der der LaVette fast alle Songs dieses Albums auf den Leib geschrieben hat, ist ja kein Unbekannter in diesen Kreisen.
Kürzlich hatte er auch bei Philipp Fankhausers vortrefflicher Watching From The Safe Side die Finger im Spiel.
War Alan Mirikitani, bekannt durch die Buddah Heads und dem Gentlemen's Blues Club, beim Fankhauser als Gast zugegen, spielt er auf "A Woman Like Me" alles, was man mit Leadgitarre bezeichnet. Ebenfalls taucht sein Name zusammen mit Walkers bei drei Songcredits auf.
Wie Bettye in der herzzerreißenden Ballade "Thru The Winter" die eine Zeile gegen Ende des Tracks phrasiert, das hat was.
Ein luftig-leichter Keyboardteppich durchzieht "Thinkin' About You". Dezentes Drumming von Lee Spath unterstützt die Stimmung und Bettye LaVette zelebriert die Lyrics hingebungsvoll und mitreißend. Man hört die Mirikitani-Gitarre ein- zweimal mit einem gefühlvollen Solo. Ein Kunstwerk, ein Original in Vollendung.
Ähnlich relaxt, wohl etwas flotter, begegnet uns der Titeltrack "A Woman Like Me", durchsetzt mit Hornsounds. Hier zeigt uns die Sängerin auch ihre aufwühlende Stimme, wenn sie ihren Gefühlen, zusammen mit der Leadgitarre, freien Lauf lässt. Glaubwürdig.
Noch nicht genug? Wie wäre es dann mit "When A Woman Had Enough". Neben formidablen Backing Vocals der Bass Sisters stehen Richard Cousins ( John Lee Hooker, Robert Cray, B.B. King, Philipp Fankhauser) und abermals Lee Spath ( Robert Cray, Maria Muldaur) im Vordergrund. Zaubern die einen Groove aus dem Hut! Der gesamte Track ist etwas, wonach sich die Turner (vielleicht) immer gesehnte, aber nie vor die Flinte bekommen hat. Aber die macht ja in Knopfler, Britten, Bowie und Konsorten. Vielleicht früher, als es noch Ike & Tina Turner hieß.
Noch nicht genug? Nein!!! Denn der Silberling wird von Song zu Song mit einer einheitlichen Schicht aus Gold überzogen.
Wir betreten echtes Bluesterrain: "Salt On My Wounds", in dem dem Mann am Saxofon das Solo vorbehalten bleibt. 1A-Musiker, die ihr Handwerk ein ums andere mal mit der gleichen Hingabe einbringen wie die LaVette.
Und dann "When The Blues Catch Up On You": Mit der Kraft der Überzeugung singt, heult, ja schreit sich Bettye fast durch die Takte des Songs.
Wenn es zu "It Ain't Worth It After A While" kommt, entführt uns die Dame weit nach Mitternacht in eine kleine Bar mit gemütlichen Sesseln, einem Longdrink und die geselliger Unterhaltung ist ohnehin beendet, wenn nach dem Band Intro die LaVette mit ihrer sehnsuchtsvollen Stimme die Szene beherrscht.
Ein Ding hat sie selber geschrieben: "Hey, Hey Baby (Bettye's Blues)". Hier kommt dann alles, was vorher gezeigt wurde, nochmals in einem 12-Takter zusammen. Es fehlen nur die Bass Sisters.
Überzeugungsarbeit habe ich nun genügend geleistet. Jetzt ist der Leser dran. Wenn euch zufällig ihre "I've Got My Own Hell To Raise" über den Weg läuft: Auch höchst empfehlenswert.
Spielzeit: 58:51, Medium: CD, Blues Express, 2004, R&B
1:Serves Him Right 2:The Forecast 3:Thru The Winter 4:Right Next Door 5:When The Blues Catch Up To You 6:Thinkin' Bout You 7:A Woman Like Me 8:It Ain't Worth It After A While 9:When A Woman's Had Enough 10:Salt On My Wounds 11:Close As I'll Get To Heaven 12:Hey, Hey Baby (Bettye's Blues)
Joachim P. Brookes, 11.06.2006
|