Bereit für einen düsteren, musikalischen Science Fiction-Trip?
Die Empfehlung: Lahannya. Ihr Konzeptalbum "Defiance" überzeugt mit einem bedrückend-spannenden Zukunfts-Szenario und natürlich der dazu passenden, schaurig-fesselnden Musik!
Lahannya hat sich vor allem durch die Mitarbeit an zahlreich Projekten im Gothic-/ Electro-/ Industrial-Bereich einen Namen gemacht - und natürlich, gerade bei deutschen Fans, durch viele Auftritte, zum Beispiel bei diversen Festivals oder auch als Tour-Support von ASP. Seit Jahren baut sich die Britin aber auch zunehmend etwas Eigenes auf, insbesondere seitdem sie eine enge musikalische Kooperation mit Lutz Demmler ( Umbra et Imago) eingegangen ist. Mit dem hatte sie schon ihr erstes komplettes Album unter eigenem Namen, "Shotgun Reality", aufgenommen. "Defiance" heißt nun der Nachfolger, bei dem sich Demmler für Musik und Lahannya für die Texte verantwortlich zeichnet. Mit in der Band sind mit Belle ( Killing Miranda, Nosferatu) und Christopher Milden ( NFD) weitere in Genre-Kreisen bekannte Mitstreiter.
Auf "Defiance" zeichnet Lahannya ein verstörendes und beängstigendes Bild der nahen Zukunft in London: Terror und Verbrechen haben auf staatlicher Seite zu einer krassen Überreaktion geführt: einem überreglementierten Überwachungsstaat, der mit eiserner Hand durchgreift, um jegliche Spuren von Individualität und Freiheitsbestrebungen schon im Keim zu ersticken. Die es wagen, aus dem System auszubrechen, haben nur eine Chance im Untergrund... im wahrsten Sinne des Wortes - sie hausen in den Londoner U-Bahn-Schächten in einer Art Parallelwelt. Genau dort schlägt sich auch die Protagonistin durch, die als einstige Mitbegründerin der unmenschlichen Schreckensherrschaft zusätzlich gegen ihr eigenes Gewissen ankämpft.
Die geopferte Freiheit als Preis für die (scheinbare) Sicherheit; ein Terror-Staat als Antwort auf den Terrorismus, so die beängstigende Vision auf "Defiance", eine Art mahnende Botschaft, mit Einflüssen von George Orwells "1984" und Aldous Huxleys "Brave New World".
Was den Musikstil angeht, so liest man auf den bandeigenen Seiten etwas von Industrial Rock, etwas von Gothic Metal oder auch »an unconventional marriage of alternative rock and darc electro«. Nun, das Interessante an der Musik Lahannyas ist, dass nichts davon so wirklich absolut zutrifft. Die Wirklichkeit ist dafür eine Kombination von alledem. Man könnte sagen, "Defiance" ist einfach dunkel gefärbter, straighter und riffbetonter Metal mit zahlreichen elektronischen Versatzstücken. Letztere sind ein integraler Bestandteil der Musik, sind aber auch nicht derart dominant, als dass der Audruck 'Electro' zur Stilbezeichnung herhalten müsste. Vielmehr klingen die zahlreichen Effekte und Synthesizer-Elemente einfach nur nach modernem Düster-Metal. Sie verstärken die Bannwirkung der ernsten, zum Teil wehmütigen bis unheimlichen Atmosphären, die sich emotional perfekt in das düstere Untergrund-Szenario der Story fügen - mal trostlos, mal bedrohlich.
Die dunklen Riffs auf "Defiance" sind sehr einfach gestrickt, peitschen die Stücke wie ein maschineller Taktgeber nach vorn. Die Drives scheinen zum Teils bewusst unterkühlt, mechanisch angelegt zu sein. Doch sie wirken dann nicht etwa monoton, sondern vielmehr hypnotisch, verströmen eine faszinierende Attraktivität, wozu auch das Gemenge aus Effekten und Synthesizer-Parts beiträgt. Diese drängen niemals in den Vordergrund, sondern füllen punktgenau jene Klangräume aus, die die von Breaks durchsetzten Gitarrenriffs übrig lassen. Die elektronischen Elemente verstärken eine unwirkliche, gespentische Sci Fi-Atmosphäre.
Lahannyas Musik erzeugt eine Art 'Heavy Trance'; und mit ihrer Stimme verleiht sie der akustischen Bannwirkung den letzten Feinschliff. Der Gesang wirkt so unterkühlt, so ernst wie der musikalische Untergrund. Er ist so direkt wie das Riffing, nicht hochtechnisiert und überkanditelt, dafür gerade in den Refrains oft mit Effekten versetzt. Die Gesangsmelodien entfalten ihre Bannwirkung auf unterschiedliche Art und Weise. Bei "Piece By Piece", das sich dank der Schlichtheit seiner Hookline wie kein anderer Song des Albums in die Gehörgänge einbrennt, ist der Gesang geradlinig und wie automatisiert an die computerisiert wirkende 'Mechanik' der Riffs gekoppelt.
Dagegen stehen Stücke wie das atmosphärische "Dying Inside" oder insbesondere "Burn", wo die Stimme weit ausholt und eine Art sehnsüchtigen Gegenpart zum schweren Grundton bildet. Besonders attraktiv wirkt Lahannyas Stimme auch immer wieder da, wo sie betont tief singt - in Tonlagen, wo wahrlich nicht viele Sängerinnen überzeugen können bzw. es gar nicht erst versuchen. Und dazu noch dieser leicht elegische Ausdruck, der bei der eigentlich starren und betont emotionsarmen Art durchschimmert... damit hat sich Lahannya wahrlich einen individuellen Charakter erarbeitet.
Höhepunkte auf "Defiance" sind sicherlich das besonders eindringliche "Brave New World" mit besonders schwergewichtigen Gitarren, und "Open Your Eyes" als eine Art Power-Ballade mit sehr sehnsüchtigen Atmosphären, veredelt durch fragile Klavierlänge.
Abgerundet wird das Album durch seine anmutvolle Aufmachung, denn auch die Optik ist Teil des Gesamt-Kunstwerks. Das Artwork versetzt die Künstlerin szenisch an die Orte des Geschehens im Londoner Untergrund. Es präsentiert sich düster und geheimnisvoll und damit als gelungenes Pendant zur Musik, die sich nicht unbedingt durch ihre Innovations-, dafür aber um so mehr durch ihre Überzeugungskraft auszeichnet. "Defiance" entführt den Hörer eine gute Stunde lang in eine fesselnde Parallelwelt und verlangt schon jetzt nach einer Fortsetzung!
Line-up:
Lahannya (vocals)
Lutz Demmler (bass, synths, guitar - #7,10)
Belle (drums)
Christopher Milden (guitar - #2,8,9)
Dave "Alien" Turner (guitar - #3,4,5,11)
Sören Jordan (guitar - #6,7,12)
Tracklist |
01:Prelude
02:Dying Inside
03:Sick And Tired
04:Brave New World
05:Burn
06:Adrenaline
07:Open Your Eyes
08:Interference
09:Piece By Piece
10:Kill Me If You Care
11:No Way Out
12:Our War
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