Locus / Habit@
Habit@ Spielzeit: 60:32
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2010
Stil: Modern Rock

Review vom 12.08.2010


Ingolf Schmock
Jeglicher Geschmackspolizei zum Trotz greifen einige offenbar verschrobene Musikanten vom Fuße der Rocky Mountains ungeniert in die musikalische Gemischtwarenkiste, um nur jedes erdenkliche alternative Klischee weit abseits vom Formatradio zu bedienen.
Unter dem etwas hanebüchen erwählten Projektnamen Locus versuchen selbige die von Klangkonventionen freigespülten Kompositionsergüsse, und ihre mitunter geheimnisumwitterte Imagepflege, in eigener Regie auf dem Jahrmarkt der erschwerten Hörgewohnheiten anzupreisen.
Der von einer gewissen Düsternis geplagte Gitarrensound ergießt sich allenthalbenin einen tosenden Malstrom aus zirkulierenden Rhythmusgeflechten und genetisch verweichlichten obgleich eindringlichen Gesangseinlagen, welche im zusammenbetonierten Klanggerüst doch eine eher meditative Rolle übernehmen.
Die Debütanten aus dem US-Bundesstaat Colorado verstehen es zwar vorzüglich, ihre referenzlosen Verkündungen vom Einssein mit dem Kosmos in ein zutiefst spirituelles Soundgewand zu kleiden, tasten sich aber dennoch eine quälende Stunde orientierungslos und von Stimmungsschwankungen befallen durch ihr musikalisches Mysterium. Das großspurige bzw. plakative Produktions-Motto »Independent!Viva la Revolucion« und die vollmundige Verkündung eines mehrdimensionalen Musikmodells vermögen die Protagonisten nur ansatzweise mit ihrer lukullischen Liebe zur Opulenz und dem verästelten Hang zu abendländlicher Folklore einzulösen.
Auch wenn einige der Songs unter der tonnenschweren Last grungiger Riff-Attacken ächzen und drohen, im Gitarrenmatsch stecken zu bleiben, gelingt es ihnen nur ansatzweise, mit vielschichtiger Homogenität und abgemessener Komplexität den aufkeimenden Gleichmarsch querzutreten.
Locus betrachten sich selbst als »unabhängig produziertes audio-visuelles Projekt«, welches in seiner musikalischen Versuchsreihe, sich allen Peinlichkeiten des schmierigen Mainstreams zu verweigern, doch recht angekränkelt übers Parkett schrammt, und trotz einiger reinlicher Ambiente-Schleifen beim Hörer den Beigeschmack einer depressiven Kaputtheit hinterlässt.
Selbst wenn gelegentlich angejazzte Harmonien filigran versponnen oder gar verlockende Art Rock-Früchte vernascht werden, wuchert ständig eine amphetaminhaltige Unruhe unter dem Ganzen und enttarnt sich zunehmend als überprätentiöser Garagenrock mit einem Hang zu feinstofflicher Modernität. Die Beteiligten schmoren sprichwörtlich zwar im eigenen kreativen Saft, verhökern aber dennoch recht gekonnt eine musikalisch auftoupierte Zweitverwertung genialisch schrammelnder Artschool-Veteranen.
Energetisches Vorwärtstreiben, in gewohnt wattierte Melodie-Muster gebettet, welche allmählich in den kalten Schlund des Orkus entschwinden, und die vernehmbare Koketterie mit einem unberechenbaren Rock-Snobismus sprengen wohl kaum längst erforschte Genregrenzen.
Auch wenn dabei der versuchte Balanceakt zwischen Ruhe und vorwärtsstrebendem Forschergeist im instrumentalen Fokus steht, erzeugen einige gut gemeinte Sättigungsbeilagen den Eindruck, rigoros zarte Lücken stopfen zu wollen. Der Amis lächerliche mediale Konzeption einer authentitätslosen Musiker-Anarchie, und deren fürs geneigte Zuhörerohr materialisierte Gähnware, erwecken wohl prophetische Hoffnungen für eine kreative Verbesserung, werden aber doch eher den befürchteten Einzug in die spinnwebverhangene Asservatenkammer vermeintlicher Rockerneuerer halten.
Tracklist
01:Sunrise
02:The Core
03:Black Sky
04:Clockwork
05:Vices
06:Rainmaker
07:Inner Mission
08:Calm
09:The Crosses That Divide
10:Collision
11:Faceless
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