Der Niederländer Mark Lotterman legt mit "Better Things To Do" bereits sein zweites Solo-Album vor. Das Debüt "Pain & Entertainment" erschien vor etwa zwei Jahren und in der Zeit davor spielte er etwa vier Jahre mit dem holländischen Beat-Poeten Simon Vinkenoog, unterstützte bei Konzerten den amerikanischen Freak Roots(?)-Artisten Johnny Dowd und trat mit seiner eigenen Band bereits im Vorprogramm der Boogie-Veteranen Canned Heat auf. Laut Promo-Zettel ist sein erstes Album mittlerweile total ausverkauft, was bei mir, wenn ich solch glorreiche Verkündungen lese, immer die Frage aufwirft, warum es, wenn die Scheibe so gut lief, dann keine Nachpressung gab… aber gut, beschäftigen wir uns mit dem aktuellen, bereits im März diesen Jahres erschienenen, "Better Things To Do".
Erstaunlich ist die Stilvielfalt, die Lotterman dem Hörer auf diesem Album bietet. Hier gibt es Rock, Blues, Balladen, Rockabilly, gar einen Ska-Song und… eine Mikrowelle. Während der flotte Rocker "How Wrong Can You Be?" (mit tonnenweise Adrenalin) den Opener macht, geht es danach mit einem sehr schwermütigen Blues namens "Dying Day" weiter. Ein großartiger Track, den Lotterman mit seiner dunklen Stimme grandios umsetzt und die jeweiligen Strophen immer wieder mit einem bittersüßen »…I gotta do something with my life today… but first I need something to drink!« beschließt.
Wer jetzt bereits eine Idee davon hat, in welchem Gemütszustand sich Lotterman auf den meisten Tracks dieser Scheibe befindet, dem sei bestätigt, dass "Better Things To Do" tatsächlich kein fröhliches Album geworden ist. Weit entfernt. Der Holländer verfügt über (teilweise sonderbaren) Humor, lässt uns in seine seelischen Abgründe schauen, irritiert teilweise mit seinen verstörenden Lyrics und hat auch (in seinem Lied über's Furzen) solch originelle Lebens-Weisheiten wie »…aber soviel ich auch furze, es ist nie genug, um diese ganze Scheiße aus meinem Hirn zu bekommen…«. Er kann auch nicht verhehlen, dass er ein großer Tom Waits-Fan ist, was ihn eventuell zu diesen Texten inspiriert hat.
In der Ska-Nummer "Two Years" stellt der Protagonist zu fetzigen Tönen plötzlich erstaunt fest, dass er in den letzten zwei Jahren seines Lebens, außer sich daheim auf der Couch mit verschiedensten Mitteln zu betäuben, vor allem… nichts gemacht hat. Ob die Texte Lottermans tatsächlich autobiographisch sind, ist für den Rezensenten natürlich kaum, bzw. gar nicht ergründbar. Aber die Stücke werden hier mit einer Intensität und Glaubwürdigkeit gebracht, dass man stark dazu neigt, dem Protagonisten ein schwer gestörtes Seelenleben zu attestieren. Der bereits erwähnte Tom Waits kommt besonders dann in Erinnerung, wenn Mark wie bei "Until The End Of Days" oder "Funeral Song" die Pump Organ auspackt.
Und, bevor ich es vergesse: Gewalzert wird schließlich auch noch, namentlich bei "Crazy Way (Part I, II & III)", ein reiner Keyboard-/Gesangstitel, der einmal mehr deutliche Einflüsse von Waits erkennen lässt. Das mit über sieben Minuten längste Stück des Albums, "River Wild" beginnt mit gezupfter Gitarre und Lottermans Gesang, entwickelt sich dann aber ca. ab der Hälfte zu einer superben Gitarren-Nummer im Blues Rock-Stil. Das leider sehr kurze, aber dafür umso schönere Gitarren-Instrumental "New Orleans" stellt schließlich das letzte Teil dieses Puzzles dar.
"Better Things To Do" ist ein starkes und oft wahnsinnig intensives Album, das mit einer nahezu entwaffnenden Vielfältigkeit auftrumpfen kann. Dazu kommt mit dem Protagonisten ein Musiker, der seine (allesamt selbst verfassten) Songs sehr überzeugend und glaubhaft bringt, sowie durch seine abgedrehten Texte zwangsläufig die Aufmerksamkeit auf sich zieht und einen damit geradezu zum Nachdenken zwingt. Meine Daumen gehen ohne Anflug eines Zweifels nach oben und von dem her kann ich auch gar nicht anders, als dieses Album zu empfehlen.
Line-up:
Mark Lotterman (vocals, electric & acoustic guitars, piano, organ, pump organ, keyboards, synthesizer, percussion)
Kevin Andeweg (bass, synthesizer)
David Groeneweg (electric guitars, percussion)
Fabian Greveling (drums & percussion)
plus guests
Tracklist |
01:How Wrong Can You Be?
02:Dying Day
03:Hit Me When I'm Weak
04:Hate What You Can Change (And Sing For What You Can't)
05:Better Things To Do
06:Two Years
07:Microwave
08:Until The End Of Days
09:Funeral Song
10:40 Days Pregnant
11:Fart Out Of Hell
12:Crazy Way (Part I, II & III)
13:River Wild
14:New Orleans
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Externe Links:
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