Steve Lukather & Edgar Winter / Live
Live Spielzeit: 67:31
Medium: DVD
Label: String Commander, MIG-Music, 2010
Stil: Rock, Blues Rock

Review vom 17.04.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Im Jahr 2000 brachte das North Sea Jazz Festival die beiden Akteure Steve Lukather sowie
Edgar Winter zusammen. Knapp siebzig Minuten standen die beiden Musiker auf der Bühne der renommierten Veranstaltung, die es seit 1976 gibt.
Die Songs in der Setlist sind Garanten für gute Laune-Musik aus erster Hand, denn was dem Lukather sein "Song For Jeff" bedeutet, ist für Edgar Winter "Frankenstein". Davor sowie dazwischen findet sich mehr Fetziges als Besinnliches und die Tracks bringen das Publikum schon auf die Beine und wenn es nicht eh schon stehen muss, dann ordentlich in Bewegung.
Der Lukather-Song "Song For Jeff" ist ja schon ein Klassiker.
Allerdings ist es schade, dass der Ex-Toto- oder doch noch Toto-Gitarrist nicht die eine oder andere Wendung im Arrangement zulässt. So hat man die Nummer schon vor zwei Dekaden zusammen mit den Los Lobotomys gehört. Na gut, der Song ist schon toll und hat für den Gitarristen ja auch einen nicht unbedeutenden Sinn.
Was einerseits die sphärische Ruhe in Person ist, kann anderseits auch mit brillanter Kinetik abgehen. "Smell Yourself" ist ein hyperaktiver Opener, den man besser auf dem Highspeedoval belässt. Die Finger der beiden Protagonisten fliegen über die Saiten, Tasten sowie Klappen, dass es dem Hörer schon zu Beginn der DVD die Perlen auf die Stirn treibt. Danach wird erst einmal locker gegroovt, denn der 12-Takter hält Einzug in die Halle. Besonders schön kommt der Bass von Phil Soussan rüber und Gary Fergusons Trommeln hat Auswirkungen auf die Gezeiten der Nordsee. Winter kann es nicht lassen und gibt den Songs immer wieder einen jazzigen Anstrich. In "Texas" geschieht das besonders durch seine Stimme. Beim Standard "Redhouse" ist es dann im Besonderen sein Altsaxofon, das für die jazzige Seite zuständig ist und verdammt noch eins, der Winter kann richtig klasse singen.
Die auf Piano eingestellten Keyboards in "Fly Away" verwandeln zumindest musikalisch den Saal in eine Kirche, denn Gospel ist angesagt. Hier ist Lukather nicht ganz in der Nähe des Altars, sondern spielt mit seiner Dobro eher im Kirchenschiff. Diese Nummer gehört eindeutig Edgar Winter.
Im "Rock Medley" wird viel mehr dem Zusatz 'n'Roll gefrönt. Instrumental auf Trioformat geschrumpft hält es Winter nicht mehr auf seinem Hocker und ist in allen drei Teilen fast ausschließlich Sänger. Dann legt er dem Publikum in "Long Tall Sally" ein leckeres Saxsolo vor die Füße.
Nachdem Edgar "Tobacco Road" seinem Bruder Johnny widmet, schält sich schon bald nach der Einleitung heraus, dass dieser Track wohl zu den Highlights des Auftritts zählen dürfte. Da serviert der Winter eine heiße Vokalakrobatik, die einen mit offenem Mund vor der Glotze sitzen lässt. Dann gibt es auch noch ein tolles Frage-Antwortspielchen zwischen Sänger sowie Gitarrist, wobei sich die ganz Performance zu einer wahnsinnigen Geschwindigkeit steigert. Das Schlagzeug verstärkt diesen Eindruck noch und dann gehen die Antworten auf das Publikum über. Die "Tobacco Road" mochte ich schon vorher und jetzt erst recht.
"Frankenstein" könnte jetzt nicht besser in die Szenerie passen, nachdem das Blut schon einmal kurz vor dem Siedepunkt angekommen ist. Edgar Winter schultert eine monströse Keytar und brennt ein fürchterlich gutes Solo ab. Lukather muss sich da schon etwas einfallen lassen. Mit Stakkatoriffs und Klangmalereien hält er mit und plötzlich löst sich alles zunächst in Wohlgefallen auf, nur um mit dem Winter-Saxofon weiter zu machen. Nach dem "Pink Panther" verliert man echt die Bodenhaftung und improvisiert, was das Zeug hält. Schade, dass Soussan nicht die Gelegenheit zu einem Solo hat, denn Ferguson sorgt gemeinsam mit Winter viel rhythmische Vielfalt. Was kann der Winter denn nicht spielen?
Zusammen mit "Tobacco Road" ist "Frankenstein" schon das besondere Etwas der DVD. Der Sound sowie die Bildführung sind toll und eine ausreichende Anzahl von Kameras hat das Geschehen sehr gut eingefangen. Im Allgemeinen kann man "Live" mit fantastisch aufgelegten Frontleuten sowie tollen Begleitmusikern nur empfehlen. Stellt sich nur die Frage, warum die Konserve erst zehn Jahre nach dem Ereignis auf den Markt kommt?
Line-up:
Steve Lukather (guitars, backing vocals)
Edgar Winter (vocals, saxophone, keyboards, timbales)
Phil Soussan (bass)
Gary Ferguson (drums)
Tracklist
01:Smell Yourself
02:Texas
03:Song For Jeff
04:Redhouse
05:Fly Away
06:Rock Medley
  a:Johnny B Good
  b:Whole Lotta Shakin Going On
  c:Long Tall Sally
07:Tobacco Road
08:Frankenstein
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