Gar keine Frage, Udo Lindenberg hat deutsche Musikgeschichte geschrieben. Seit Beginn der siebziger Jahre steht der Mann aus Nordrhein-Westfalen an vorderster Front, wenn es um germanische (Pop-) Rock-Musik geht. Meiner Wenigkeit erging es so, dass ich 'uns Udo' nach der für mich persönlich eher enttäuschenden Scheibe "Keule" (1982) und den mich auch nicht gerade vom Hocker reißenden Nachfolgealben vollkommen aus den Augen, bzw. Ohren verlor. Lediglich den Song "Reeperbahn" ( nicht das "Penny Lane"-Cover der Beatles ) von ca. 1991 fand ich noch richtig gut.
Somit handelt es sich bei "Stark wie Zwei" um einen Fall von gleich mehreren Comebacks. Einmal mein Eigenes mit dem Meister himself und dann ist es auch noch Lindenbergs erstes Album nach einer siebenjährigen Pause. Auffällig ist, dass Udo hier textlich des Öfteren mal einen Blick zurück auf seine eigene Vergangenheit wirft. Kritisch bzw. selbstkritisch, aber doch auch lächelnd oder hier und da mal sentimental. Als 'über Sechzigjähriger' darf man das aber auch.
Musikalisch hat das Album alles, was man von einem Udo Lindenberg-Werk erwarten kann und sich erhofft. Mit dem Zusatz, dass "Stark wie Zwei" ein sehr gutes Langeisen geworden ist. Echte Instrumente, ohne viele Samples und Keyboard-Einlagen bestimmen das Bild und richtig klasse Gesangsmelodien hat der Dirigent des Panik Orchesters auch wieder am Start.
Dazu hatte sich der ehemalige Profi-Schlagzeuger eine Menge Gäste ins Studio geladen. Da ist einmal Jan Delay auf "Ganz anders", dessen schnoddrige Mickey Mouse-Stimme sich optimal in die locker-leichte Atmosphäre einfügt. Der Text dieses Songs ließ mich dann aber doch schmunzeln, steht er doch im totalen Gegensatz zu den Textzeilen von "We Could Be Friends" von Udos (noch englischsprachigem) Debütalbum "Lindenberg" (1970). Aber okay, erstens stammt der Text von "Ganz anders" nicht von dem Mann mit dem Hut und außerdem liegen zwischen den beiden Tracks geschlagene ca. 38 Jahre, in denen garantiert wahnsinnig viel passiert ist und auch jede Menge Veränderungen in einem Menschen und seinem Umfeld vorgegangen sind.
Helge Schneider ist beim hahnebüchenen "Chubby Checker" mit von der Partie. Köstlich witzig, wenn man dem Humor von Schneider etwas abgewinnen kann, ansonsten 'ne jazzige Sonntagmorgen-Matinee-Nummer, die man gerne zum Frühschoppen genießt. Bei "Der Deal" handelt es sich um eine Kollaboration mit Silbermond und deren Vokalistin Stefanie Kloß im Speziellen, da die Lady sich den Lead-Gesang hier mit Udo teilt.
Till Brönner (Trompete) ist dann bei seinem selbstverfassten Song "Verbotene Stadt" auch noch als Special Guest dabei, aber im Endeffekt hätte "Stark wie Zwei" all diese großen Gastauftritte gar nicht wirklich benötigt, da es durch seine Songs bereits selbst stark genug ist, um den Hörer auf seine Seite zu ziehen. Stücke wie "Ich zieh' meinen Hut", "Woody Woody Wodka", "Nasses Gold" oder auch "Interview mit Gott" sind Udo Lindenberg pur, so wie der Mann ist und immer schon war, mit allen Qualitäten.
Zugegebenermaßen kann ich keine Vergleiche zu den Studioalben der letzten 20 Jahre ziehen, aber "Stark wie Zwei" ist zweifelsfrei sehr gut gelungen und gespickt mit starken Songs und klasse Gesangsmelodien. Neben einer sehr großen Anzahl an Sessionmusikern tauchen hier und da auch mal alte Panik Orchester-Komplizen wie Steffi Stephan, Bertram Engel oder Thomas Kretschmer (der/die sich nach einer Operation jetzt Carola Ruby Kretschmer nennt) auf.
8 von 10 RockTimes-Uhren gehören Udo Lindenberg, der sein Handwerk ganz sicher nicht verlernt hat und diese jetzt entweder selbst an die Wand hängen oder weiter verticken (Scherzkeks) kann. Und die schöne Piano-Ballade "Der Astronaut muss weiter" zum Abschluss hätte theoretisch auch aus seiner goldensten Zeit in den Siebzigern stammen können, was hier ausdrücklich positiv gemeint ist.
Ganz ehrlich, Udo, "We Could Be Friends"!! Again, after more than 20 years!!
Tracklist |
01:Ich zieh' meinen Hut
02:Wenn du durchhängst
03:Ganz anders
04:Was hat die Zeit mit uns gemacht
05:Mein Ding
06:Stark wie Zwei
07:Der Deal
08:Chubby Checker
09:Der Greis ist heiß
10:Woody Woody Wodka
11:Nasses Gold
12:Interview mit Gott
13:Verbotene Stadt
14:Der Astronaut muss weiter
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