Coco Montoya feat. Meena Cryle / 10.05.2014, Quasimodo, Berlin
Quasimodo
Coco Montoya feat. Meena Cryle
Quasimodo Berlin
10. Mai 2014
Konzertbericht
Stil: Blues Rock


Artikel vom 20.05.2014

       
Mike Kempf                   Holger Ott
Coco Montoya Der Lightnin' Guy & The Mighty Gators-Gig ist noch keine vierundzwanzig Stunden her, da stehe ich bereits wieder am Bühnenrand meines zweiten Wohnzimmers, dem Quasimodo, um mir mit meinem Kollegen Holger Coco Montoya und Meena Cryle an gleicher Wirkungsstätte reinzuziehen. Während der 62-jährige Montoya noch nicht auf meiner Agenda stand und allein schon deshalb diesen Konzertbesuch begründet, ist es vor allem Tell Me, die aktuelle Platte der Österreicherin Meena und ihrem Landsmann und Sechssaitenjongleur Chris Fillmore. Und da ich dessen Gitarrenspiel besonders schätze, ergeben sich weitere handfeste Gründe für meinen erneuten Aufenthalt im Quasimodo innerhalb von zwei Tagen.
Meena Kaum hat Holger seine Kamera in Startposition gebracht, ich meine in selbige um diverse Videoclips einzufangen, steht der Wiener Fillmore direkt vor uns und leitet auf seiner Stratocaster das sechsteilige Live-Intermezzo ein, welches sich hauptsächlich um Songs vom aktuellen Album "Tell Me" bewegt. Während die alpenländische Rockröhre Meena gleich mal demonstriert, wie sie die Fans mit ihrer souligen Stimme in allerbeste Stimmung versetzen kann, ist es der vielleicht beste Gitarrenplayer-Austria-Import, Fillmore, der nicht nur mit mehrmaligen Gitarrenwechseln imponiert, sondern vor allem mit seinem exzellenten und ausgesprochen gefühlvollen Saitengezupfe für wahre Konzert-Highlights sorgt. Sowohl bei "Bring Me The Water" - eine auf einer Dobro inszenierten rattenscharfen Slide-Nummer - als auch bei "You Don't Know" als filigraner Gibson-Saitenakrobat, der sehr gut aufgelegte Chris hat sich spätestens nach diesem Liveauftritt in meiner persönlichen Bestenliste von Gitarristen ganz weit nach oben gespielt. Einziger Wermutstropfen ist, dass die vorher angekündigte Bassistin Marlene Lacherstorfer verhindert ist, sie aber problemlos von Jojo Lackner ersetzt wird. Letztlich haben sie ihre Vorstellung so abwechslungsreich gestaltet, wie sie ihr neuestes Werk "Tell Me" eingespielt haben. Das Quasimodo und Berlin überhaupt, ist nach Meinung von Meena »Ein sehr gutes Pflaster«. Vielleicht auch der Grund, warum Meena und die Chris Fillmore Band sich entschlossen, "Tell Me" in Berlin aufzunehmen.
Meena Sei es wie es sei, Meena und Co., die ich bereits vor gut zweieinhalb Jahren an gleicher Spielstätte schon einmal live erlebte, haben seither einen enormen Sprung nach vorne getan. Vor allem ihr Song-Architektenbüro hat mit dem Entwurf ihres derzeit aktuellen Liedguts wahre Meistergrade verdient, denn dieses haben sie so variantenreich gestaltet, dass bei den anwesenden Fans fast alles an Emotionen aufkommt, nur eins nicht: Langeweile. Durch den zwischen den Liedern registrierten, anerkennden Applaus, schüttet die Band, falls überhaupt vorhanden, jegliche Selbstzweifel über Bord und so lässt sich z. B. Meena auch nicht aus der Ruhe bringen, als ihr Gitarrengurt keine Lust mehr verspürt ihre Telecaster bei "Bring Me The Water" weiterhin sicher um ihren Nacken hängen zu lassen. Gut, dass die Frontfrau noch schnell genug reagiert und die 'Tele' vor einem Bodenkontakt bewahrt.
Für meinen Geschmack hätten die Alpenländler nonstop weitermusizieren können, denn Fillmores Klampferei im Verbund mit Meenas Textvorträgen sorgen einfach nur für gute Laune. Währenddessen fällt mir auf, dass der gute Chris einen besonderen Bezug zu Elvis haben muss. Oder wie lässt sich das Elvis-Foto am Schlagzeug und der Elvis-Schriftzug-Aufkleber auf seiner Strat sonst erklären?
Meena Nach einer kurzen Umbauphase betritt Coco Montoya mit seiner Band die Holzplanken des ehrwürdigen Berliner Kultclubs, stimmt kurz seine lila-cremefarbene Klampfe und legt sogleich los. Dabei merkt man ihm seine über dreißigjährige Karriere durchaus an, denn er spielt nicht nur äußerst routiniert und locker, sondern beherrscht sein Spielgerät fast blind. Dabei präsentiert der 62-jährige Kalifornier Songs von seinen zahlreichen Veröffentlichungen und mich fasziniert, wie das linkshändige Schwergewicht mit seinen nun wirklich nicht zarten Fingern punktgenau und zielgerecht die Saiten seiner Klampfe zupft. Zwischendurch erklärt er den Fans, dass John Mayall und Eric Clapton diejenigen sind, die ihn zum Blues hinführten und richtig viel Sympathiepunkte gewinnt er bei mir, als er an den zurzeit um sein Leben kämpfenden Walter Trout erinnert.
Meena Der US-Griffbrettakrobat, der sich sein Spiel selbst beigebracht hat, demonstriert bei jedem seiner Songs sein herausragendes Können als Gitarrist. Keine Frage, der Sechssaitenspezi gehört zum Besten was die Blues Rock-Szene zu bieten hat, doch warum gefallen mir an diesem Abend Meena, Fillmore und Co. etwas besser? Ganz einfach: Es liegt daran, dass sich die Österreicher besonders ins Zeug legten. Edelklampfer Chris Fillmore bediente sich nicht nur seiner Stratocaster, sondern demonstrierte sein Spiel noch auf einer Epiphone und einer Dobro, auf der er ganz fett unterstrich, dass er auch als Sildegitarrist Großartiges zu leisten vermag. Allein dadurch ist ihre Setliste variantenreicher gestaltet und bietet einfach mehr Abwechslung, als es Montoya mit seiner Band an diesem Tag zu Stande bringen. Zudem setzte Meena mit ihrer fantastischen Stimme zahlreiche Glanzlichter und begleitete ihren langjährigen Weggefährten Fillmore im Verbund mit Drummer Frank Cortez und dem Bassisten Jojo Lackner als Rhythmusunterstützung auf einer Telecaster.
Als Höhepunkt des Abends betreten bei der Zugabe alle Akteure bis auf Lackner gemeinsam die Bühne und musizierten so lange, bis den Fans nichts anderes übrig blieb, als beide Formationen mit gebührendem Applaus zu verabschieden. Diesen hatten sich beide Bands auch reichlich verdient, doch wenn ich mein persönliches Fazit ziehe, gibt es heute Abend einen Künstler, der für mich noch etwas mehr herausragt: Chris Fillmore. So einen extrem gefühlvollen Klampfer bekomme ich nicht alle Tage geboten!
Meena/Montoya Beim abschließenden Toilettengang sehe ich eine freie Stelle von gut vier Quadratmetern, die sich für mich und Holger optimal nutzen ließe, um dort durch den Clubchef ein paar Feldbetten für uns aufstellen zu lassen, denn warum sollten wir zwischen zwei Konzerten erst extra nach Hause fahren? Nun gut, auch wenn mir diese Idee selbst etwas absurd vorkommt, bedanken wir uns beim Quasimodo-Team für die problemlose Akkreditierung und ich will gleich noch einen Tipp loswerden: Am 25. Oktober gastiert wieder Lightnin' Guy & The Mighty Gators, den ich am Vortag in vollen Zügen genoss, im Quasimodo. Wer da nicht hingeht, der verpasst eine sensationelle Show!
Line-up Coco Montoya:
Coco Montoya (vocals, guitar)
Brant Leeper (keyboard, vocals)
Nathan Brown (bass)
Rena Beavers (drums)
Line-up Meena Cryle:
Meena Cryle (vocals, guitar)
Chris Fillmore (guitar, banjo)
Jojo Lackner (bass)
Frank Cortez (drums)
Meena/Montoya   Montoya   Montoya
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