Der markante Schriftzug "Live At Montreux" kündigt wieder ein Sahnestückchen der Extraklasse an: "Live At Montreux" bietet - egal von welchem Musiker - Garantie für hochklassige Konzerte des jeweiligen Protagonisten vor kompetentem Publikum. Und die Tatsache, dass vorliegend fünf Auftritte von Gary dokumentiert sind (jede der fünf CDs deckt ein eigenständiges Konzert ab, und das über einen Zeitraum von 12 Jahren) belegt bereits, dass Moore und Montreux einfach gut zusammen passen. Tatsächlich war Moore mittlerweile - im Jahr 2008 - ein sechstes Mal in Montreux, aber wahrscheinlich ist dieser Gig noch zu aktuell, als dass Eagle Records diese Show im Rahmen dieses Box-Sets hätte verwerten wollen. Sei's drum: Mit besagten sechs Auftritten gehört Gary Moore sicherlich zu den Stammgästen in Montreux (na ja, die 18 Auftritte von B.B. King wird er sicherlich nie erreichen, auch Carlos Santana war beispielsweise schon 13 Mal in Montreux!) und überflügelt damit sogar Deep Purple mit 'nur' fünf Auftritten, die ja bekanntermaßen eine besondere Beziehung zu Montreux haben (auch wenn "Smoke On The Water" nicht beim dortigen Jazz-Festival erschienen ist).
Die fünf CDs dokumentieren die Auftritte von Gary Moore in den Jahren 1990, 1995, 1997, 1999 und 2001. Zwar sind die Auftritte nicht komplett auf den jeweiligen Silberlingen festgehalten; allerdings geben die ansonsten relativ voll gepackten Scheiben (mit Ausnahme von CD 5) kaum Spielraum für weitere Tracks. Bei den gegenüber der tatsächlichen Set-List fehlenden 15 Aufnahmen handelt es sich jedoch ausnahmslos um Songs, die jedenfalls auf einer der anderen CDs veröffentlicht sind, so dass man keinen Song vermisst. Auch ansonsten gibt es zahlreiche Doppelungen; ein Song wie "All Your Love" ist - für mich allerdings unverständlicherweise, da Gary Moore wirklich bessere Songs eingespielt hat - gar vier Mal auf den vorliegenden fünf CDs vertreten.
Was soll man ansonsten über ihn sagen: Wo Gary Moore draufsteht, ist Gary Moore drin. Auf sämtlichen CDs sind die Songs so eingespielt, wie man sie von seinen Studio-Alben her kennt; viel Abwechslung ist insofern nicht zu erwarten. Hinzu kommt, dass Moore seine Montreux-Auftritte in der Regel dazu benutzt hat, sein jeweils aktuelles Album zu präsentieren.
Von den zwölf auf CD verewigten Songs (aus eigentlich 15 gespielten) von seinem Auftritt aus dem Jahr 1990 stammen sieben Tracks immerhin von seinem im gleichen Jahr erschienenen Album "Still Got The Blues". Hervorzuheben bei diesem Konzert ist in erster Linie der gemeinsame Auftritt von Gary Moore mit dem Blues-Veteran Albert Collins bei den Songs "Too Tired", "Cold Cold Feeling", "Further On Up The Road" sowie "The Blues Is Alright". Wie sich die beiden klasse Gitarristen phasenweise duellieren (oder soll man bereits von 'duettieren' sprechen) ist geradezu genial. Nicht zu Unrecht würdigt Gary Moore Albert Collins in einem weiteren Song als "King Of The Blues"
Von den zwölf Titeln des auf Disc 2 veröffentlichten 1995er Konzerts (tatsächlich wurden 15 Songs gespielt) entstammen sechs dem Album "Blues For Greenie", eine Hommage an die Fleetwood Mac (u.a.)-Legende Peter Green, vier weitere Songs waren auf der CD "After Hours" gerade veröffentlicht worden.
CD 3, die das Konzert aus dem Jahre 1997 dokumentiert, ist insoweit etwas Besonderes, als dass dieser Auftritt der am wenigsten Blues-lastige Gig von Gary Moore war. Sechs Songs entstammen der CD "Dark Days In Paradise" aus demselben Jahr. In dieser Phase war Gary Moore rockiger, teilweise auch psychedelisch angehaucht unterwegs.
Dies wird - allerdings nur bei genauerem Hinhören - deutlich auf dem darauf wiedergegebenen "Parisienne Walkways". Der Song kommt hier eine Spur rockiger und insbesondere im Rahmen einer von Schlagzeug- und Basssolo geprägten Passage jazziger herüber als beim Auftritt zwei Jahre später, der auf Disc 4 festgehalten ist. Hier klingt der Song phasenweise richtiggehend 'weichgespült', wenn synthetisch erzeugte Klangteppiche ausgebreitet werden. Als kleines Gimmick vermittelt Gary Moore im Jahr 1999 den Eindruck, dass er den Song bereits nach gut zwei Minuten spontan beenden wolle und erst nach einer gut zehn sekündigen Pause, nachdem das Publikum deutlich wahrnehmbar eine Fortsetzung verlangt, den für "Parisienne Walkways" typischen ersten Ton der Melodie anspielt und ihn dieses Mal besonders lang - etwa eine halbe Minute - zieht. Anschließend erreicht der Song auch hier eine Länge von über 13 Minuten, so dass sich beide Interpretationen - es sei denn, man hört sie 'synoptisch' - zwar kaum voneinander, dafür aber gemeinsam umso mehr von der lediglich dreieinhalb minütigen Originaleinspielung aus dem Jahr 78/79 unterscheiden.
Ähnliche Feststellungen lassen sich im Prinzip für alle Doppelungen, die in der CD-Box enthalten sind, treffen. Zwar sind die bei Live-Einspielungen zu erwartenden unterschiedlichen Interpretationen durchaus wahrnehmbar; allerdings handelt es sich insgesamt gesehen eher um Nuancen, um die sich die einzelnen Versionen unterscheiden, so dass man nicht wirklich von einem positiven 'Aha-Erlebnis' sprechen kann, wenn man einen Titel ein zweites, drittes oder gar viertes Mal hört. Da man aber äußerst selten die Titel sämtlicher CDs in alphabetischer Reihenfolge hören wird, mit der Folge, dass man den selben Titel entsprechend oft unmittelbar hintereinander hört, fallen die Doppelungen im Ergebnis nicht wirklich auf; vielmehr rechtfertigt das Ziel der vorliegenden Box-Ausgabe einer möglichst vollständigen Dokumentation des jeweiligen Auftritts das Ergebnis.
Bezüglich CD 4 lässt sich ansonsten noch feststellen, dass aufgrund der Tatsache, dass Gary Moore in diesem Jahr kein aktuelles Album vorstellen konnte, hier besonders viele Titel wiedergegeben sind - nämlich acht von den enthaltenen zwölf - die bereits bei den vorangegangenen Auftritten gespielt worden waren und daher auf den CDs 1-3 bereits vorliegen. Von daher ist es überraschend, dass sein großer Hit "Still Got The Blues" hier erstmals dokumentiert ist, obwohl Gary Moore diesen Song bereits bei seinen Auftritten im Jahr 1990 und 1995 zum Besten gegeben hat. Und letztlich CD 5: Sechs der elf auf dieser CD festgehaltenen Songs (der gesamte Auftritt umfasste 13 Songs) entstammen der seinerzeit aktuellen CD "Back To The Blues".
Über die Qualität von Gary Moore und seiner Musik kann man vortrefflich streiten, auch wenn man seine musikalische Kompetenz kaum ernsthaft in Frage stellen kann. Doch auch und gerade auf RockTimes sind sehr unterschiedliche Würdigungen zu finden, vgl. nur die beiden Reviews von Joachim 'Joe' Brookes zu Old New Ballads Blues einerseits und Close As You Get andererseits. Für die einen endet zudem Moores Genialität mit dem Ende von Thin Lizzy, für die anderen beginnt sie danach erst. Aber besser eine kritische Würdigung als gar keine Erwähnung: So hält es das ansonsten sehr profunde im Verlag rororo veröffentlichte Rock-Lexikon nicht für nötig, das Solo-Werk von Gary Moore überhaupt zu erwähnen, und führt ihn nur als zeitweises Mitglied von Thin Lizzy auf, wo er tatsächlich - sowohl in Relation zum Bestehen dieser Band wie auch seiner eigenen Solo-Karriere - insgesamt nur relativ kurz verweilte.
Natürlich gibt es die Montreux-Auftritte von Gary Moore auch auf DVD: unter dem Titel The Definitive Montreux Collection: Live at Montreux gibt es eine - bereits auf RockTimes gewürdigte - Doppel-DVD, auf der insgesamt 42 Titel der auch hier dokumentierten fünf Konzerte wiedergegeben werden, auf denen es - soweit ersichtlich und im Unterschied zur vorliegenden 5-CD-Box - keine Dopplungen gibt. Aber da Musik - unabhängig ob als Studio-Aufnahme oder als Live-Mitschnitt - für mich in erster Linie etwas 'für die Ohren' und weniger 'für die Augen' ist, habe ich mich ganz bewusst für die CD-Ausgabe entschieden, um mich voll und ganz auf die Musik konzentrieren zu können.
Ansonsten bleibt nur noch zu erwähnen: Die CD-Box ist von Eagle Records wie üblich - vgl. nur das Review von Joachim 'Joe' Brookes zu der CD-Box von John Mayall - äußerst liebevoll gestaltet. Jede CD ist in einem extra Papp-Schuber untergebracht, auf dem - bei ansonsten gleichem Design - ein Foto von Gary Moore von dem jeweiligen Auftritt wiedergegeben ist. Das beiliegende Booklet mit wenigen Fotos gibt zudem eine kurze Beschreibung der einzelnen Auftritte. Dass die CDs technisch einwandfrei sind und der Sound glasklar rüberkommt, versteht sich bei Scheiben von Eagle Records - namentlich in Bezug auf Konzertmitschnitte aus Montreux - von selbst. Wenn man dann noch den relativ günstigen Preis bedenkt, zu dem man rund sechs Stunden Gary Moore in Höchstform erhält, kann man mit diesem Kauf kaum etwas falsch machen.
Line-up:
CD 1:
Gary Moore (guitar, vocals)
Don Airey (keyboards)
Andy Pyle (bass)
Graham Walker (drums)
Frank Mead (saxophone, harp)
Nick Pentelow (saxophone)
Nick Payne (saxophone)
Martin Drower (trumpet)
Albert Collins (guitar, vocals)
CD 2:
Gary Moore (guitar, vocals)
Howard McCreary (keyboards)
Andy Pale (bass)
Graham Walker (drums)
Nick Pentelow (saxophone)
Nick Payn (saxophone, harp)
CD 3:
Gary Moore (vocals. guitar)
Magnus Fiennes (keyboards)
Guy Pratt (bass)
Gary Husband (drums)
CD 4:
Gary Moore (guitar, vocals)
Vic Martin (keyboards)
Pete Rees (bass)
Gary Husband (drums)
CD 5:
Gary Moore (guitar, vocals)
Pete Rees (bass)
Vic Martin (keyboards)
Darrin Mooney (drums)
| Tracklist |
Disc 1 (1990):
01:Midnight Blues (6:27)
02:You Don´t Love Me (3:50)
03:Texas Strut (13:00)
04:Moving On (2:54)
05:Too Tired (3:49)
06:Cold Cold Feeling (8:16)
07:Further On Up The Road (5:28)
08:King Of The Blues (6:26)
09:Stop Messing Around (4:32)
10:The Blues Is Alright (7:18)
11:The Messiah Will Come Again (10:35)
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Disc 2 (1995):
01:If You Be My Baby (5:54)
02:Long Grey Mare (3:14)
03:Oh Pretty Woman (5:05)
04:I Loved Another Woman (6:19)
05:Merry-Go-Round (5:38)
06:The Stumble (3:21)
07:Need Your Love So Bad (8:07)
08:You Don´t Love Me (5:14)
09:Key To Love (2:22)
10:All Your Love (4:16)
11:Since I Met Vou Baby (3:27)
12:The Blues Is Alright (8:54)
13:Stop Messing Around (6:21)
14:Jumping At Shadows (4:38)
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Disc 3 (1997):
01:One Good Reason (3:09)
02:One Fine Day (4:19)
03:Cold Wind Blows (6:41)
04:I´ve Found My Love In You (8:26)
05:Always There For You (6:15)
06:Oh Pretty Woman (4:38)
07:Walking By Myself (4:16)
08:Business As Usual (13:18)
09:Out In The Fields (7:50)
10:Over The Hills And Far Away (6:21)
11:Parisienne Walkways (11:14)
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Disc 4 (1999):
01:Walking By Myself (4:14)
02:Since I Met You Baby (3:38)
03:Need Your Love So Bad (7:22)
04:Tore Down (4:01)
05:You Don´t Love Me (4:44)
06:All Your Love (4:32)
07:Still Got The Blues (6:35)
08:Too Tired (4:25)
09:The Sky Is Crying (11:33)
10:Further On Up The Road (6:22)
11:Fire (3:09)
12:Parisienne Walkways (11:31)
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Disc 5 (2001):
01:You Upset Me Baby (3:21)
02:Cold Black Night (4:20)
03:Stormy Monday (7:15)
04:Oh Pretty Woman (4:42)
05:All Your Love (5:14)
06:Still Got The Blues (7:16)
07:Too Tired (9:51)
08:How Many Lies (7:27)
09:Fire (3.56)
10:Enough Of The Blues (8:06)
11:The Prophet (7:15)
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Externe Links:
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