Jimmy Martin / Wild At Heart
Wild At Heart Spielzeit: 41:01
Medium: CD
Label: Fastball Music, 2013
Stil: Rock

Review vom 06.10.2013


Daniel Daus
Auweia, dachte ich am Anfang, als mir die ersten Töne des Openers "Live Your Dream" aus dem Album "Wild At Heart" des mir bis dato völlig unbekannten Musikers Jimmy Martin entgegenrauschten - schon wieder so ein 'Möchtegern-Bon Jovi'… Auch meine mir im Büro gegenübersitzende, junge Auszubildende verdrehte die Augen in eindeutiger Manier. Ganz der Pädagoge, erlöste ich sie wenige Momente später, nahm die CD aus dem PC und beschloss, meine Hörtätigkeit fortan auf die gewohnten Umgebungen, wie den Player in meinem Auto, und natürlich die heimische Anlage im Wohnzimmer zu fokussieren.
Selbst das in einer moderaten Lautstärke komplette Abspielen des Silberlings im Auto brachte, besonders was die Stimme des Protagonisten anging, zunächst kein Umschwenken zu positiveren Eindrücken. Auch die Musik, zweifellos melodisch, durchaus rockig, mit einiger schöner Gitarrenarbeit, aber viel künstlich klingendem 80er-Flair (besonders die Keys), konnte keine Begeisterungsstürme in mir entfachen.
Mit jedem weiteren Hördurchgang bis zum finalen Abspielen in meiner recht gut klingenden Kenwood-Anlage in den heimischen vier Wänden verbesserte sich mein Urteil allerdings von Mal zu Mal. Ich hatte mich an Martins Gesang irgendwie gewöhnt und komme letztendlich zur Einsicht, dass er ganz gut zur angebotenen Musik passt. Ein einziger Kritikpunkt ist noch der, der heutigen Daten-Komprimiererei geschuldete Klang beim lauten Abspielen, hier vornehmlich in den Powerrefrains, wo dann viele Instrumente und das Anheben der Stimmorgane geballt aufeinandertreffen. Ansonsten ist ihm aber eine durchaushörenswerte Platte gelungen, die einige nennenswerte Details zu Tage fördert.
Wie mir die Begleitinfos suggerieren, ist Jimmy Martin auch gar kein unbeschriebenes Blatt. Mit 19 Jahren von Luxembourg nach Los Angeles der Musik wegen in die große Welt gezogen, fasste er schnell Fuß (u. a. in der französischen Band FISC), nahm zwei Solo-Alben auf (die Single "I Can't Fight Love" vom Debüt feierte wohl Erfolge in Kanada), vertrat sein Heimatland beim Eurovision Song Contest in Irland, erreichte mit der Single "Angels" Platz 1 der hiesigen Charts und Präsenz in Radio und Fernsehen, vornehmlich in TV-Sendern der RTL-Gruppe.
Aber auch die Zusammenarbeit auf diesem Album mit bekannten Leuten wie den Produzenten Tommy Remm (Jeannette Biedermann, Texas Lightning, Silbermond) und Cliff Magness (Avril Lavigne, Kelly Clarkson), James Christian (dessen Gattin Robin Beck bei "I Wish You Were Her Tonight" ihre Vocals zu einem fulminanten Duett beisteuert) und den bekannten Musikern wie Laurie Wisefield (Wishbone Ash) und Rick Springfield (Duett auf "Love Somebody") weist eindeutig darauf hin, dass es sich bei Martin um einen international längst akzeptierten Künstler handelt.
Die Musik bewegt sich insgesamt in einem 80er/90er-Jahre-Spektrum von o. a. Bon Jovi, über Bad English, Marillion bis hin zu REO Speedwagon reichend (gerade bei den von Wisefield produzierten und mit seiner Gitarrenarbeit versehenen Tracks ("Love Is The Answer", "When Your Love Fades Away", "Life Without Love") erinnert mich Martins Stimme immer an die des Frontmannes letztgenannter Band, Kevin Cronin. Vor allem bei "When Your Love Fades Away" vereinen sich Bausteine markanter einstiger Stücke wie "When I See You Smile und "Take It On The Run" zu einer abgewandelten hitträchtigen Neukomposition.
Mein persönlicher Favorit des Werkes ist das mit wuchtigen Drums und fetten E-Gitarren (klasse Saitenarbeit von René Schostak inkl. tollem Solo) umgarnte, schön rau dahin stampfende "Born To Run". Das am Ende befindliche, ganz witzige Cover des einstigen, polternden One-Hit-Wonders "My Sharona" von The Knack lässt sich auch ganz gut anhören. Als Bonus gibt es auf der CD noch ein Video zur Single "Love Don't Live Here Anymore", bei dem die hübsch anzusehende Schauspielerin Kristin Maass, recht nett bekleidet in herrschaftlichem Wohnzimmerambiente, die optischen Highlights als Gegenpol zu den vornehmlich in schwarz/weiß gedrehten Bandeinblendungen setzt.
Jimmy Martin, der auf dem Cover aussieht, als wenn er am Morgen des Tages zum Fotoshooting nach dem Haarewaschen seinen Fön mit dem Handstaubsauger verwechselt hätte, bietet mit seinem Album "Wild At Heart" solide, durchaus engagierte sowie fast durchgehend radiotaugliche Rockmusik im beschriebenen Rahmen. Hier geht der Daumen weder so richtig rauf, aber auch auf gar keinen Fall richtig runter. Mein Herz pocht jedenfalls erst mal weiter wie bisher.
Tracklist
01:Live Your Dream
02:Break Free
03:Love Don't Live Here Anymore (+Video)
04:I Wish You Were Here Tonight
05:Born To Run
06:Love Somebody
07:Different
08:Love Is The Answer
09:When Your Smile Fades Away
10:Life Without Love
11:My Sharona
Externe Links: