Linda McRae / Carve It To The Heart
Carve It To The Heart Spielzeit: 38:35
Medium: CD
Label: Black Hen Music, 2007
Stil: Roots Music, Folk

Review vom 16.09.2007


Norbert Neugebauer
'Ladies Nights' im Hause Neugebauer! Gleich vier aktuelle Alben mit weiblichen Stimmen liegen derzeit auf meinem Schreibtisch, und da ist wahrlich keine schlechte dabei. Zwei der Damen stammen aus Kanada und haben recht ähnliche Bios. Dann fangen wir mal mit Linda McRae an, die schon seit über 20 Jahren sehr erfolgreich in ihrem Heimatland Folk- und Rootsmusik macht. Die kräftige Linda mit dem runden Gesicht stammt aus Vancouver und verfügt über eine einprägsame, etwas harsche Altstimme, mit der sie selbst die größten Schleicher ohne Peinlichkeit auftragen kann.
Mit ihrer vom Elternhaus vorgegebenen Musikalität begann sie ihre Karriere bei den Celtic Roots Rockern Spirit of the West, spielte dort Bass, Akkordeon und sang. Während dieser zehn Jahre verdiente sich die Band zwei Platin- und ein Goldalbum, tourte durch Nordamerika sowie halb Europa und trat mit diversen Top-Acts unterschiedlicher Stilrichtungen auf.
Auf ihrem ersten Solowerk "Flying Jenny" bekam Mrs. McRae Unterstützung von namhaften Kollegen, unter anderem Richard Bell von The Band. Produziert wurde es von Colin Linden, das zweite, wieder mit prominenter Unterstützung, von Gurf Morlix (u.a. Lucinda Williams). Beide wurden nicht nur daheim viel beachtet.
Für das nun vorliegende "Carve It To The Heart" trägt sie selbst zusammen mit ihrem Drummer Marc L'Esperance die Verantwortung für die Aufnahmen. Und auch hier ist die Begleitmannschaft erstklassig. An beidem gibt es nichts auszusetzen.
Neun der zehn Titel stammen von der Hauptperson (teilweise in Kooperation), dazu kommt das Cover "The L&N Don't Stop Here Anymore". Sie sind alle sehr folkorientiert, wobei sich Linda McRae im weiten Feld der europäischen Auswanderer-Traditionen, von den Songs der Rockys und der Prärien ihrer Heimat, über die Appalachian Mountains bis hinunter zu den Hillbillies im Süden bewegt. Allerdings ist das weder ein Folklore-Album, noch rein akustisch, sondern auf der Höhe der Roots Music. Da rockt es schon twangig beim Opener "This Winding Road" mit einem schleppenden Groove. Aber gleich der Titelsong ist dann Kontrastprogramm. Ein rein akustischer Celtic Tune mit Banjo und Quetsche. Dann folgt der erste Walzer, eine echte Schnulze. Sowas geht 99 mal in den Schlüpfer. Bei Linda aber nicht.
Vor den folgenden, noch sentimentaleren "Living In The Past With You" (ein Old Time Walz mit Gary Fjellgaard als Jodelpartner) hat sie das bittere "How Can I Bring Her Back" gestellt, wieder im keltischen Stil (mit Pogues-Intro). Anschließend Country, erst zünftig, dann rührselig und mit "I'll Watch Your Lovelight Shine" wieder so ein Song, bei dem es Herbst wird. Die einzige Fremdkomposition präsentiert sie als Americana-Ballade, bei der die E-Gitarre mit viel Hall für entsprechendes 'Ghost Town'-Feeling sorgt. Die Frau hat nicht nur eine klasse, gereifte Stimme für die jeweiligen Song-Stimmungen, sondern auch noch ein Gespür für die richtigen Arrangements. Der Schlusssong "Some Of My Friends" ist nochmal was für die Tränendrüsen.
Und wenn! Die Stimme im Hintergrund quengelt lindenstraßig: »Einschlafmusik« und 13/16 der RockTimes-Redaktion würden die Scheibe wohl sofort in die Ecke feuern. Ich drück ein weiteres Mal auf 'Play' und schau, wo's die ersten beiden Alben von dieser Frau mit den roten Haaren und dem großen Herzen gibt. »We all need a shoulder to cry on«, so isses. Die kalten Nächte kommen.
Tracklist
01:This Winding Road
02:Carve It to the Heart
03:Before the Hereafter
04:How Can I Bring Her Back
05:Living in the Past with You
06:Little Red Shoes
07:Really & Truly
08:I'll Watch Your Lovelight Shine
09:L&N Don't Stop Here Anymore
10:Some of My Friends
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