Das war für mich irgendwie ein ganz seltsamer Abend.
Gefahren bin ich an diesem Freitag in mein geliebtes Weseler Karo wegen
Madison Violet. Empfohlen hatte mir das Duo Karo-Leiter
Mathias Schüller schon vor einigen Monaten beim
Band Of Heathens-
Konzert. Danach vergingen Wochen, ohne dass ich einen weiteren Gedanken an die kanadischen Mädels verschwendete (welch blöder Ausdruck...). Dann erreichte mich plötzlich ein Newsletter von der Promo-Agentur, die das neue
MV-Album "No Fool For Trying" ankündigte.
Ich mailte die Agentur an und bat um eine Akkreditierung für das Weseler Konzert und gleichzeitig um ein Rezensionsexemplar der CD - man möchte ja schließlich nicht unvorbereitet zu solch einem Gig. Prompt hatte ich zwei Tage später das Teil im Briefkasten. Der Konzerttermin war in meinem Kalender auf der Arbeit vermerkt. Unglücklicherweise brach ich mir vor 14 Tagen den Zeh meines rechten Fußes und überlegte, ob ich den Gig angesichts der zu erwartenden Standzeiten wahrnehmen sollte, zumal noch keine Akkreditierungszusage vorlag. Aber Kollegin
Ilka klopfte nach und siehe da, die Agentur hatte sich bereits um alles gekümmert.
Also hieß es doch auf die Zähne zu beißen. Kaum in Wesel angekommen, lag die nächste Überraschung für mich und meine Frau bereit.
Madison Violet waren gar nicht der 'Main-Act', sondern eine junge Truppe aus Ahlen, namens
Black Rust, die aber von der neben uns stehenden Besucherin
Gudi, die auch einen Stammkundin des Karos ist, direkt in höchsten Tönen gelobt wurde. So ziehe ich hier im Gegensatz zu sonst mal das Pferd von hinten auf und beginne meinen Bericht mit dem Headliner. Wie die nachträgliche Recherche ergab, erhielt die Band, bestehend aus
Jonas Künne (Gesang, Akustikgitarre),
Julian Osthues (Mandoline, Akustk- u. E-Gitarre),
Julian Jacobi (Contrabass),
Christoph Seiler (Keyboard),
Adrian Hemley (Schlagzeug) und
Norbert Künne (Vater von
Jonas, Percussion) für ihr aktuelles Werk Medicine & Metaphors" aus allen medialen Himmelsrichtungen glänzende Kritiken.
Für mich als Berichterstatter trotzdem irgendwie eine unangenehme Situation. Ich schreibe eigentlich ohne ein gewisses Maß an Vorwissen nur ungern eine Beurteilung (vor allem über noch junge und aufstrebende Bands), von daher bleibt mein Fazit hier auch recht übersichtlich. Im Großen und Ganzen machte das Sextett, das eine recht sympathische Mischung aus folkigem und melodisch-rootsigem Pop präsentierte, eine ganz gute Figur, aber allerdings auch noch mit einiger Luft nach oben. Wie ich anhand meiner kurzen Notizen im Nachhinein feststellen konnte, wurde schwerpunktmäßig ein Querschnitt des aktuellen Silberlings geboten. Was hängen blieb, war die angenehme Stimme des Sängers
Jonas Künne, die schweißtreibende Performance von
Julian Jacobi an seinem Standbass, die nette Idee, einen Song inmitten des Publikums zu absolvieren, und eine furiose Coverversion des
Neil Young-Klassikers "Rockin' In The Free World" zum endgültigen Abschluss.
Die etwas übertriebene Anbiederung ans (wie immer angenehme und fachkundige) Weseler-Publikum hätte allerdings etwas schleimfreier ausfallen dürfen. Aber insgesamt eine gelungene Sache. Die Jungs haben sicher noch eine vielversprechende Zukunft vor sich.