Mandolin Brothers / Far Out
Far Out Spielzeit: 55:02
Medium: CD
Label: Ultra Sound Records, 2014
Stil: Roots'n'Country

Review vom 22.07.2014


Ulli Heiser
Vorbei sind die Zeiten, als man bereits nach den ersten musikalischen Sekunden erkennen konnte, ob eine Band aus dem angelsächsischen Sprachraum, oder eben nicht von da kommt. Zumindest hat das Gültigkeit für Musik, die im engeren Sinn kompatibel für ein Magazin wie das unsere ist. Das vorliegendes Album "Far Out" der Mandolin Brothers ist da keine Ausnahme. Ja mehr noch, die Italiener klingen so amerikanisch as amerikanisch can be.
1979 von Jimmy Ragazzon, Paolo Canevari und Paolo Canevari als Country & Blues-Akustiktrio gegründet, wurde die Band ein paar Jahre später durch Bass und Schlagzeug verstärkt. Sie wurde elektrisch und schwenkte in Richtung Blues Rock. Es folgten einige Besetzungswechsel und in den Neunzigern stießen Keyboard, Akkordeon und wieder eine Mandoline dazu. Musikalisch ging es ab da in Richtung Roots Rock und Americana.
Aber die Mandolin Brothers auf Roots Rock und Americana zu reduzieren, wäre das Gleiche, als würde man einen Barolo Vietti Lazzarito lapidar als Rotwein bezeichnen. Schließlich sind - ohne die Gastmusiker mitzuzählen - bis zu vier Gitarren am Werk. Normale Gitarren wohlgemerkt, in deren Arbeit sich Slide und National Steel des Öfteren perfekt einreihen. Um dem Charakter der Nummern das Maximum an guten Eigenschaften mitzugeben, werfen die Mandolin Brothers noch Mandoline (natürlich), Harp, Akkordeon sowie mehrstimmigen Gesang in den Ring.
"Far Out" ist der fünfte Tonträger der Band und wurde vom amerikanischen Singer/Songwriter Jono Manson produziert. Jono spielt auch auf dem Album mit. Wie die durch Zusammenarbeit mit
Paul Butterfield, Levon Helm, Rick Danko, Bob Dylan, Ryan Adams oder Rod Stewart bekannte Cindy Cashdollar, Edward Abbiati (Lowlands) und John Popper von Blues Traveler, dessen Harp-Spiel im Country-Rocker "Sorry If" unverwechselbar mit Verve daher braust.
Americana Roots, Country Rock, New Orleans, Blues, Cajun ... die Italiener shuffeln durch die Stile, als hätte sie Mama mit Jambalaya und Burritos statt Pizza und Pasta gefüttert. Immer wieder und besonders bei "Ask The Devil" schimmern Little Feat durch. "Freak Out Train" gemahnt leicht an Dylan, "Come On Linda" hat was von Tom Petty. Das Honky-Piano, die Hammond, Stimme und überhaupt alles riecht nach den Crowes (oder, um mal den Kontinent zu wechseln, nach den Faces), der langsame Country-Walzer namens "Short Long Story" ist einfach nur klasse und "Nightmare In Alamo" könnte ein herrlicher Jam sein. Hammond und Gitarren starten zumindest so, als käme nun eine ellenlange Jamsequenz. Das wird wohl live auch so sein, hier ist das leider nur als Andeutung zu genießen.
Das Album leistet sich keinen Durchhänger und wenn mir als musikalische Referenz fast der gute Steve Earle verlustig gegangen wäre, so denke ich aber daran, eine geile Bluesnummer zu erwähnen. Aus dieser Ecke kommen die Mandolin Brothers schließlich und dieses Stück hat alles, was einen guten Blues ausmacht. Musik (mit Slide und Harp) und einen Text, dessen Worte es in sich haben und hoffentlich nicht (wie bei den ersten, alten Bluesern) authentisch sind:

» I got a bad liver
He's gonna kill me before I'll get old
[...]
He'll make me die in pain and troubles
But I'm gonna drown him in alcohol
[...]
'cause I got a bad bad liver
But I'm gonna kill him before I die. «
Überhaupt ist "Far Out" mal wieder eine Platte, bei der es sich lohnt, auch den Lyrics Beachtung zu schenken. Die enorm vielen Saiten wirken nie überdosiert sondern geben im Gegenteil das eine oder andere Mal Gelegenheit, eine Art Reduzierung auf das Wichtige zu bestaunen. Die Scheibe ist perfekt austariert. Zum Beispiel auch durch die TPN Horn Section in "Hey Senorita".
Grazie mille per questo record ...
Line-up:
Jimmy Ragazzon (lead vocals , acoustic guitar, harp)
Paolo Canevari (electric guitars, slide guitar, National Steel)
Marco Rovin (vocals, mandolin, electric & acoustic guitar)
Riccardo Maccabruni (vocals, accordion, piano, organ, acoustic guitar)
Joe Barreca (bass, double bass)
Daniele Negro (drums, percussion)

Special guests:
Cindy Cashdollar (Weissenborn guitar - #4)
John Popper (harp - #7)
Jono Manson (electric guitar - #2,3,7, backing vocals - #2)
Bruno De Faveri (electric guitar - #10)
Stefano Bertolotti (drums - #6,8)
Edward Abbiati (vocals - #11)
Camilla Sernagiotto (backing vocals - #6)
The TPN Horn Section (- #13):
Marco Grignani (trombone)
Max Paganin (trumpet)
Claudio Perelli (clarinet)
Andreas Villani (baritone sax)
Tracklist
01:Freak Out Train
02:Come On Linda
03:Someone Else
04:Circus
05:Nightmare In Alamo
06:Ask The Devil
07:Sorry If
08:Bad Liver Blues
09:Short Long Story
10:Lotus Eaters
11:Black Oil
12:My Last Day
13:Hey Senorita
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