Manfred Mann's Earth Band / Solar Fire
(Reissue)
Solar Fire Spielzeit: 43:38
Medium: CD (Remastered)
Label: Creature Music (1998), Petbrook (1973)
Foto Credits: Fin Costello
Stil: Progressive Rock


Review vom 07.12.2006


Ralf 'Jogi' Ruhenstroth
Ich habe es bei der näheren Betrachtung von "Nightingales & Bombers" aus dem Jahr 1975 angesprochen. "Solar Fire" ist für mich das bedeutendste Werk von Manfred Mann und seiner Earth Band. Was braucht der Hörer auf einer bahnbrechenden Scheibe? Keine Ahnung, das mag wohl unterschiedlich sein. Hier sind es unvergleichbare Moog-Sounds, Hammond-Orgeln, Mellotron-Klänge und hart rockende Gitarren-Riffs. Die Mischung macht es und genau die sorgte im Jahr 1973 dafür, dass eines der besten und nachhaltig beindruckendsten Progwerke entstand. Natürlich können wir Manfred Mann zusammen mit Keith Emerson und Rick Wakeman in einem Atemzug nennen. Und so ist es hier auch die Formation an sich, die den unverwechselbaren Sound produziert. Sagt mal Leute, wer hätte geglaubt, dass ein Chris Slade später noch mal die Sticks bei AC/DC schwingt? Kein Scherz am Rande. Egal, hier auf "Solar Fire" konnte Slade genussvoll Akzente und den Groove setzen, als mehr oder weniger stumpfsinnig, zugegebenermaßen mit viel Power, den 4/4-Takt zu klopfen.
Da sind es geheimnisvolle Frauenchöre, die dieses Album eröffnen und sofort steigt die Spannung beim Hörer. Und wie ein explodierender Vulkan setzt die Earth Band ein und wuchtet dabei einen grandiosen Orkan in die Boxen. Tja, und jetzt folgt wohl eines der sympathischsten, eingängigsten und melancholischsten Tastenintros, welches im Bereich der progressiven Musik jemals in die Rillen gepresst wurde. Da frage ich mich, ob es nicht sein könnte, dass Manfred Mann im Jahr 1972 mit seiner gleichnamigen Debüt-Scheibe und dem ebenfalls aus 1973 stammenden "Messin'" einfach nur experimentiert hatte, um alle seine kreativen und innovativen Ideen dann schließlich auf "Solar Fire" zusammen zupacken und darzubieten. Ups, ich muss berichtigen. 1972 entstand das erste Album der von ihm gegründeten Earth Band. Erfahrungen im Platten produzieren sammelte Manfred Mann selbstverständlich schon in den 60er Jahren. Aber was macht die Musik und insbesondere dieses Album nun so wertvoll?
Mit "Father Of Day, Father Of Night" hat der Mann erneut einen Song aus der Feder von Bob Dylan so umgeschrieben, dass man wirklich zu der Auffassung kommen könnte, das diese tolle Nummer seinen eigenen Gedanken entsprungen ist. Stellenweise unglaublich, wie die progressiven Elemente, vorzugsweise psychedelische Klänge mit dem Moog, integriert wurden. Die großen Zeiten der Earth Band in den Jahren 1973 - 1979 geben so viel her, dass man alleine mit den in dieser Zeit entstandenen Veröffentlichungen einen kleinen Schleuderkurs in besonderen musikalischen Welten geboten bekommt. Und so ist diese mit knapp 10 Minuten sehr üppige, jedoch nie langweilig werdende Komposition ein kleiner Meilenstein in der Karriere des Manfred Mann und für jeden geübten Lauscher ein unabdingbares Muss, wenn man denn auf kreative Musik steht. Mick Rogers und der Mastermind scheinen sich im Improvisieren ein ums andere mal gegenseitig zu bezwingen und wenn die Stimmung ihren Höhepunkt erreicht hat, wird der Gang rausgenommen und die Schose beginnt von Neuem. Und ganz zwischendrin taucht auch der weibliche Chor wieder auf und verpasst der Nummer wieder diese unvergleichliche Atmosphäre.
Auf "Solar Fire" war die Band noch nicht so weit, dass sie sich von vorne hinein auf eine Richtung festlegte. So ist es auch nicht verwunderlich, dass ein Stück wie "In The Beginning, Darkness" noch ganz klar im Rock zu Hause ist, dessen Grundthematik noch Blues-Rhythmen zu Grunde liegen. Kein Wunder, hatte Mann ab 1962 in der Gruppe Mann Hugg Blues Brothers fungiert. Was man hier jedoch schon hören kann, ist die Umtriebigkeit, die die gesamte Band offensichtlich bereits spürte. Denn selbst diesem an sich recht einfachen Grundgerüst werden umfangreiche Improvisationen beigefügt. Rogers quält förmlich die Gitarre bevor er im nächsten Moment zum Singen ansetzt. Ohnehin ist die Stimme von Rogers diejenige, die ich in diesem ganzen "Mann-Sammelsurium" an edlen Platten am liebsten hören mag.
"Pluto The Dog", instrumental und "moog-typisch". Geradezu lässig spult die Band hier ihr Pensum ab, und um dem Tracknamen etwas mehr Hintergrund zu vermitteln, hört man zwischendrin ein sattes Hundegebell. Welcher Hund das auch immer sein mag, auf jeden Fall spielt man hier über die gesamte Länge ein und dasselbe Thema. Einzig Mann verleiht hier etwas Kosmetik und gibt dem Stück den notwendigen Anstrich.
Ganz anders wieder beim Titelstück "Solar Fire". Die weiblichen Gesänge genießen immer mal wieder den Vorzug und ergänzen Mick Rogers in einem lockeren und ruhigen Gewand. Nun ist noch anzumerken, dass diesem Album als Idee die Kompositionen von Gustav Holst: "Die Planeten" aus den Jahren 1914 - 1916 zu Grunde liegen. Und so geht das Konzept mit "Saturn" (Lord Of The Ring....) eben weiter. Was dabei viel umwerfender ist, zeigt sich in der Ruhe, in der bekanntlich die Kraft liegt und Manfred Mann wiederum dem Moog-Synthesizer freien Lauf lässt. Dabei gibt es ein ums andere mal die Wechselspiele mit der Gitarre, wobei das Tempo in der 2. Hälfte merklich angezogen wird.
Die Frage, die sich noch stellt, ist, ob es sich bei "Solar Fire" um ein Konzeptalbum im eigentlichen Sinn handelt. Ich kann diese Frage nicht abschließend beantworten. Nimmt man die Inspiration von Holst allzu ernst, so muss man dies sicherlich bejahen. Denn auch die beiden Parts von "Earth, The Circle" deuten klar darauf hin. "Part 2" besticht dabei erneut durch seinen Groove, auf dem sich die Solo-Einlagen von Mann und Rogers aufbauen. "Part 1" hingegen scheint musikalisch nichts mit dem Vorausgegangenen gemeinsam zu haben, so unterschiedlich sind die Klänge. Fast nervtötend ist die mit sanften Pianoklängen aufgebaute Spannung, die sich ja fast schon jazzig und zwingend steigert. Damit ist das Ende eines wunderbaren Werkes im Original besiegelt. Die Show ist "over" und ich bin noch heute mehr als begeistert. In Kombination mit dem gleich zu Anfang zitierten "Nightingales & Bombers" erscheint mir "Solar Fire" als die Referenz, wenn es bei Manfred Mann's Earth Band um die progressiven und weitreichenden musikalischen Einflüsse geht. So mystisch und spannend waren Manfred Mann und seine Mannen später nur noch selten.
Es gibt noch eine weitere Epoche dieser grandiosen Musiker. Diese findet sich allerdings etwas mehr im Mainstream wieder. Sie begann zu einer Zeit, als Mick Rogers die Band verlassen hatte und ein gewisser Chris Thompson als Sänger einstieg und Dave Flett die Gitarre spielte. Das waren dann die großen Zeiten von "The Roaring Silence", "Watch" und "Angel Station".
Als Anhalt dient mir die 1998 erschienene "Remastered Version", auf der es noch zwei Bonus-Tracks gibt. Über die Single-Version von "Father Of Day, Father Of Night" brauchen wir kein weiteres Wort verlieren, sie bietet ausschließlich das eingängige und grandiose Melodie-Thema, hat aber mit dem Spielwitz, den es in der Long-Track.-Version zu verzeichnen gibt, nichts zu tun. "Joybringer" hingegen wurde erstmals auf dem Label "Vertigo" veröffentlicht und bedeutete 1969 den ersten Einzug von Manfred Mann in die Charts.
Fazit: Wer sich mit Manfred Mann auch jetzt noch einmal richtig und eingehend beschäftigen möchte, kann und darf an diesem Meilenstein aus der Diskographie der Earth Band nicht vorbei gehen. Es ist ein Sinnbild für das, was eine damalige Epoche musikalisch ausgemacht hat und es zeigt dieses famose Quartett in absoluter Höchstform. Deswegen ist und bleibt "Solar Fire" ein absoluter Klassiker. Full Points!!!
Line-up:
Mick Rogers (vocals, guitars)
Manfred Mann (keyboards)
Colin Pattenden (bass)
Chris Slade (drums)
Tracklist
01:Father Of Day, Father Of Night (9:55)
02:In The Beginning, Darkness (5:21)
03:Pluto The Dog (2:47)
04:Solar Fire (5:15)
05:Saturn, Lord Of The Ring/Mercury The Winged Of The Ring (6:31)
06:Earth, The Circle Part 2 (3:22)
07:Earth, The Circle Part 1 (3:55)

Bonus Tracks:
08:Joybringer (3:24)
09:Father Of Day, Father Of Son (Single Version) (3:03)
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