Mary's Gunns / Same
Mary's Gunns Spielzeit: 36:58
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2012
Stil: Hard Rock

Review vom 13.11.2012


Jochen v. Arnim
Im Grunde hätte man nach dem gelungenen Debüt der Hard-Rocker aus Vancouver annehmen können, dass sich ein bekanntes Label der Truppe annimmt und ein ebenso gutes Zweitwerk produzieren lässt. Aber, wie schon vor vier Jahren, so ist auch die vorliegende Scheibe in Eigenproduktion entstanden und unlängst in den Vertrieb bei Just For Kicks gekommen. Beim Lesen des etwas mageren Waschzettels fällt auf, dass es einen Wechsel im Line-up gegeben hat, der soundmäßig von einer gewissen Bedeutung ist. Shaun Arthurs, den früheren zweiten Mann an der Gitarre, hat es unterwegs verrissen und für ihn hat man sich den Tastenmann Karson Archer an Bord geholt. Damit sagt man der Band eine stilistische Verlagerung von der Ecke um Aerosmith, Mötley Crüe, Guns N' Roses, Black Crowes oder Led Zep hin zum eher Purple-esken. Nun ja, schieben wir das silberne Teil mal in den Player und lassen die Musik sprechen.
Unüberhörbar geht es direkt mit einigen Tastenlauten los, aber danach hämmert die Klampfe ein sattes Riff aus den Speakern, "On The Leave" kommt durchweg gefällig daher. Das betrifft auch "Feel Your Touch" mit eingängiger Melodie und einem Refrain, der an die Stadion-Rocker der später achtziger Jahre erinnert. Bislang alles sehr gitarrenorientiert und, assoziativ gelockert, eher an die erstgenannten Referenzbands weiter oben erinnernd. Bei "The Best Is Yet To Come" tauchen langsam einige Nuancen (!) auf, die in der Tat an Deep Purple'sche Produkte erinnern. Hier ist dann auch erstmalig (hörbar) die Orgel im Einsatz und über allem schwebt die Stimme Sheppards in ihrem zwar höheren, aber dennoch angerauten Timbre.
Eine akustische Gitarre läutet mit "It's So Easy (Lovin' You)" die erste, jawohl, Ballade ein und wir fühlen uns regelrecht in die Siebziger zurückversetzt. Bluesig angehaucht, schön mit Keyboards unterlegt, das passt auch gut auf die große Bühne zum ersten Luftholen nach einigen kräftigen Rockern. Kaum ist das geschehen, gibt es wieder kräftig was auf die Ohren und, die Tasten werden hier bei "Witch Doctor" hörbarer eingesetzt. Dazu kommt eine recht coole Gitarre, die von wummernder Rhythmusarbeit bestärkt wird. Zwischendurch erinnert mich der Song in seiner Instrumentalpassage sehr an Jam Rock-Darbietungen mit diesen ewig weitergehenden Harmonien. "Roll With Me" passt ebenfalls in die Abteilung der beiden ersten Tracks, während "Dirty Little Lover" wiederum ein Schritt zurück in die Siebziger macht, für mich die deutlichsten Komponenten einer Anlehnung an Deep Purple in sich vereint. Sehr gut gemacht, besonders die geschickt eingeflochtene Orgel. Und in genau dieselbe Bresche schlägt auch "Easy Livin'"; hier sicherlich eine der besseren Coverversionen von Ken Hensleys Klassiker, der auch heute noch bei keiner Uriah Heep-Show fehlen darf. Hammond-Orgel stimmt, der mehrstimmige Gesang passt, prima Ding.
Uptempo heißt es dann passenderweise bei "Long Road To Hell", dem vorletzten Track der Scheibe, Sheppard schreit die Textzeilen dreckig hinaus, während im Chorus wieder Achtziger-Jahre-Rock durchschimmert. Aber auch kleine Reminiszenzen an Led Zeppelin möchte das aufmerksame Ohr entdecken. Mit einer eindringlichen Orgel ganz im Stile eines Jon Lord werden wir dann aus der Platte geschmissen. "Forsaken The Light" setzt noch einmal einen interessanten Akzent, der es durchaus zu einem der ganz starken Stücken dieses - ich sage es mal bewusst ironisch: selbstbetitelten - Albums macht. Warum Mary's Gunns ausgerechnet für das zweite Werk keine bessere Idee hatten, ist mir vollkommen schleierhaft (wobei ich mir diese Frage auch schon bei vielen anderen Veröffentlichungen immer wieder mal gestellt habe). Für mich ist der Inhalt hier jedoch eine gelungene Vorstellung aus der Rubrik des klassischen Hard Rock, verbunden mit Anlehnungen an einige der vorgenannten Bands, die ihre Hochphase vor rund dreißig Jahren hatten. Vielleicht wäre unter den Argusaugen eines großen Labels eine noch fettere Produktion dabei herausgekommen, aber wir wollen uns mal nicht beschweren. Diese Scheibe wandert bei mir auf keinen Fall nach hinten ins Regal!
Line-up:
Wes Paul Sheppard (vocals, guitars)
Karson Archer (keyboards, organ, vocals)
Kylan Prince (bass, mandolin, vocals)
Corey 'Dancefloor' Bryant (drums, percussion, vocals)
Tracklist
01:On The Leave
02:Feel Your Touch
03:The Best Is Yet To Come
04:It's So Easy (Lovin' You)
05:Witch Doctor
06:Roll With Me
07:Dirty Little Lover
08:Easy Livin'
09:Long Road To Hell
10:Forsake The Light
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