Meat Loaf / Hell In A Handbasket
Hell In A Handbasket Spielzeit: 52:38
Medium: CD
Label: Sony Music, 2011
Stil: Rock

Review vom 19.12.2011


Jürgen Hauß
»Meat Loaf – das ist für mich zu allererst “Bat Out Of Hell“ … Dieser Prototyp des ‘Bombast-Rock‘ hat mich seit meiner Jugend begleitet und in seiner Faszination stets begeistert.« So habe ich im vergangenen Jahr mein Review über die letzte Meat Loaf -CD Hang Cool Teddy Bear eingeleitet. Und der Beitrag schloss mit der Aussage »Für mich bleibt Meat Loaf wohl auf ewig mit diesem Opus sowie mit Kompositionen von Jim Steinman verbunden.« Zur Erklärung hatte ich seinerzeit noch eingefügt: »Meat Loaf, das ist natürlich auch die kongeniale Partnerschaft Singer/Songwriter mit Jim Steinman, der ihm die Lieder auf den – über viele Jahre hinweg überdimensionierten – Leib schrieb, die nur er mit seiner seinerzeit vier Oktaven umfassenden Stimmgewalt interpretieren konnte.« Zu alldem stehe ich natürlich heute noch.
Mit einer derart vorgefassten Meinung geht man natürlich nicht wirklich unvoreingenommen an das neueste Werk des ‘Fleischklopps‘ aus Dallas, "Hell In A Handbasket". Wenn aber trotzdem eine gute Bewertung herauskommen sollte - umso besser für das zu betrachtende Opus, aber warten wir erst einmal ab.
Meat Loaf bezeichnet "Hell In A Handbasket“ als sein bislang – nein, nicht: bestes, so vermessen ist er nun doch nicht, sondern – »persönlichstes Album «, auf dem er nach eigenen Worten sagt, » was ich über das Leben denke und darüber, was derzeit geschieht.« Wow!
Diesen Anspruch setzt er bereits mit dem Cover um, das in seiner Gestaltung doch – zumindest auf den ersten Blick – überrascht: Nicht die ansonsten oft fantasy-martialischen, zudem machohaften Zeichnungen blicken einem entgegen, sondern eine pointillistisch anmutende Darstellung der Erdkugel. Bei genauerem Betrachten wird hier jedoch die Meeresfläche durch blau gehaltene, die Erdoberfläche durch weiß-gelbliche Totenköpfe dargestellt. Wenn das nicht ebenso martialisch ist! Öffnet man die Hülle blickt man unvermittelt auf die CD mit ebenfalls drei nicht zu übersehenden Totenköpfen sowie die Rückseite des Booklet, die lediglich Fragmente eines Schädels ‘zieren‘.
Ohne zu diesem Zeitpunkt wirklich zu wissen, was auf mich zukommt, wundere ich mich allerdings, dass die Hülle nicht – wie das vorige Album – mit dem Aufkleber ‘Parental advisory – explicit content‘ versehen ist, mit dem Tonträgerunternehmen in den Vereinigten Staaten Musik-Veröffentlichungen kennzeichnen, die aufgrund anstößiger Texte als ungeeignet für Minderjährige empfunden werden. Totenköpfe sind davon offenbar nicht erfasst.
Noch ein Wort zum Booklet: In ihm sind weitere Abbildungen von Gebeinen abgedruckt, die offenbar den CD-Titel, wonach alles ‘den Bach runter geht‘ plakativ umsetzen sollen. Wenn es aber dem Protagonisten so wichtig ist, seine Gedanken zu diesem Thema zu vermitteln, ist es einerseits löblich, dass sämtliche Songtexte im Booklet abgedruckt sind, zumal sein Gesang nicht immer alles verständlich rüberbringt. Aber eins sollte Meat Loaf bewusst sein: Die überwiegende Zahl seiner Fans dürfte mit ihm gealtert sein. Ihnen tut man keinen Gefallen, wenn die Songtexte im Schriftgrad ‘4‘ (gefühlt, nicht gemessen!) abgedruckt sind. Lese-freundlich ist das nicht gerade!
Doch zur Musik: Mit Paul Crook hat Meat Loaf mal wieder einen neuen Produzenten für sich gewonnen, der wie schon auf dem letzten Album vorliegend ebenfalls mitmusiziert. Dafür sind einige Mitmusiker – dieses Mal einmal mehr unter dem Band-Namen Neverland Express - dabei, die auch schon frühere Einspielungen begleitet haben. Die insgesamt zwölf Songs stammen von neun verschiedenen Autoren/-Teams. Dennoch birgt das gesamte Projekt weder musikalisch viel Neues noch gar grundlegend Unterschiedliches: Die Songs kommen relativ rockig daher, geprägt von der nach wie vor charismatischen Stimme des Protagonisten, doch den Bombast-Rock der frühen Jahre können – oder vielleicht wollen – sie nicht erreichen.
Damit das Ganze dennoch nicht zu eintönig wird, gibt es wieder ein paar durchaus interessante Duette bzw. Gastauftritte. Der Rapper Chuck D bringt in den Doppel-Titel "Mad Mad World/The Good God Is A Woman And She Don’t Like Ugly" (mein Englisch-Lehrer hätte mir einen elementaren Grammatik-Fehler angestrichen!) tatsächlich Rap-Feeling hinein. Bei "Stand In The Storm" werden mit John Rich, Lil John, Mark McGrath sogar drei Begleiter namentlich erwähnt; auch dieser Titel stark Rap-lastig. Und natürlich ist auch wieder Patti Russo mit dabei.
Offenbar, um musikalische Vielfältigkeit zu dokumentieren, erhält "Live Or Die" drei Intros, die bei genauem Hinhören doch gewisse Anlehnungen an bekannte Songs nicht verleugnen können: "California Dreamin’" von The Mamas & The Papas, "Handbags And Gladrags" von Rod Stewart und schließlich The Ballad Of John Henry von Joe Bonamassa standen hier offenbar Pate, und auch wenn der letztgenannte Song im Folgenden die Oberhand gewonnen zu haben scheint, erklingen auch immer wieder die anderen Vorlagen.
Und dann kommt plötzlich und unvermittelt – leider auch völlig unpassend – doch noch als eigenständiger Song "California Dreamin’". Das Stück passt weder in den vorliegenden Kontext, noch zu Meat Loaf . Und die Angabe auf dem Cover, die hier als »in der Hauptrolle singend « Patti Russo ankündigt, die ja schon viele tolle Duette mit Meat Loaf eingesungen hat, rettet die Aufnahme auch nicht mehr, zumal deren Stimme hier äußerst schwach herüber kommt und sie über eine Nebenrolle nun wirklich nicht herauskommt. Der Track wird zum Ende hin noch äußerst rockig interpretiert, zudem mit intensivem Saxofon-Gebläse (das wiederum stark an entsprechenden Einsatz in der Eric Burdon-Version von "Sixteen Tons" erinnert, wo es gut hinpasst), aber hier und zu diesem Klassiker passt das alles genauso wenig wie Schnee zu Kalifornien. Völlig daneben!
Insgesamt gibt es zur musikalischen Qualität der CD nicht viel Positives zu sagen: Als Rock-Songs sind die einzelnen Titel nicht mehr als Mittelmaß, um nicht zu sagen: belanglos! Ich befürchte, dass ich die CD – wie die letzten Meat Loaf-Alben auch – mit Fertigstellen dieses Reviews beiseite legen und nur noch dann hören werde, wenn ich in meinem Media-Player, auf den ich sie allerdings aufgespielt habe, den Zufalls-Generator einschalte. Ob ich die Nummern dann überhaupt wahrnehme und der jeweiligen CD zuordnen kann, wage ich allerdings zu bezweifeln. Als Meat Loaf-Fan der ersten Stunde bedauere ich diese Entwicklung; allzu sehr hoffe ich mit jeder Ankündigung eines neuen Opus, dass ihm mal wieder ein großer Wurf gelingen würde. Natürlich setze ich mich mit diesem Beitrag der Kritik aus, ein ‘ewig Gestriger‘ zu sein. Aber bezüglich Meat Loaf bekenne ich mich ausdrücklich dazu.
»Meat Loaf – das ist für mich zu allererst “Bat Out Of Hell“«. »Für mich bleibt Meat Loaf wohl auf ewig mit diesem Opus sowie mit Kompositionen von Jim Steinman verbunden.«. Für mich gelten diese eingangs wiedergegebenen Zitate auch nach Anhören der aktuellen CD – leider – uneingeschränkt fort; ich wünschte, ich hätte mich korrigieren können!
Line-up:
Meat Loaf (vocals)
Justin Avery (piano, keyboard, synthesizer, backing vocals)
Paul Crook (electric & acoustic guitars, keyboard, synthesizer, loop programming)
Randy Flowers (electric & acoustic gitars, vocals)
David Luther (saxophone, backing vocals)
John Miceli (drums, percussion)
Danny Miranda (electric & upright bass)
Tim Pierce (guitar)
Patti Russo (lead & backing vocals)
Tracklist
01:All Of Me (5:17)
02:Fall From Grace (3:46)
03:The Giving Tree (4:54)
04:Mad Mad World/Good God Is A woman … (4:06)
05:Party Of One (4:00)
06:Live Or Die (4:27)
07:California Dreamin’ (4:06)
08:Another Day (5:03)
09:40 Days (5:23)
10:Our Love And Our Souls (4:01)
11:Stand In The Storm (4:38)
12:Blue Sky (2:57)
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