The Melodic / Effra Parade
Effra Parade Spielzeit: 47:25
Medium: CD
Label: Anti Records, 2014
Stil: Folk

Review vom 02.04.2014


Markus Kerren
Wenn man der Londoner, aus dem Stadtteil Brixton stammenden, Band The Melodic etwas lassen muss, dann dass sie sehr konsequent ist. Nicht nur folgten nach vielen Jahren des Zusammenspielens die Aufnahmen für diese Debütscheibe, die Engländer ließen sich dabei auch zeitlich nicht irritieren, wodurch die Erde sich erst ein paar Mal um die Sonne drehen musste, bis alle Beteiligten zufrieden waren und ihren Segen gaben.
Direkt im Anschluss siedelte das Sextett in die USA über, um in New York City und Los Angeles zu wohnen, wo die Musiker in U-Bahn-Stationen und auf der Straße spielten. Wobei 'wohnen' wahrscheinlich das falsche Wort ist, denn sehr bald schon ging es für ein halbes Jahr auf eine Nonstop-Tour. Anfang dieses Jahres kamen sie zu Promotionszwecken für eine kürzere Periode zurück in die Heimat, mittlerweile ist die Combo aber schon wieder in Nordamerika, wo unter anderem ein Auftritt bei dem prestigeträchtigen SXSW-Festival in Texas auf dem Plan stand.
Und konsequent sind die Briten schließlich auch mit ihrer Musik. Ein pures Folk-Album - sieht man mal von ein paar wenigen Einsprengseln aus der World Music ab - ist "Effra Parade" nämlich geworden. Jede Menge Gastmusiker und insgesamt 18 Instrumente kamen hier zum Einsatz, von denen man sehr viele äußerst selten mal vor die Ohren bekommt. Ganz zu schweigen davon, dass man bisher jemals was von ihnen gehört hat. Aber umso schöner ist es doch immer, wenn auch mal etwas frischer Wind durch die grauen Zellen des Hörers weht.
Wenn ich das Line-up dieses Albums richtig interpretiere, werden fast alle Songs von Huw Williams und Anna Schmidt gesungen. Auch bei den Songwriting Credits ist zumeist ein Williams/Schmidt/Reyes vermerkt, wobei nicht ganz klar ist, ob es sich bei dem zweiten Namen nicht um den Multiinstrumentalisten Rudi Schmidt handelt. Bei The Melodic wird grundsätzlich alles mit akustischen Instrumenten und von Hand gemacht, erschwerend dazu kommt, dass die Band trotz hochmodernem Aufnahmeequipment und Sound tief in der musikalischen Tradition der letzten etwa 55 Jahre verwurzelt ist.
Den sehr gelungenen Gesang hatte ich bereits erwähnt. Und am allerbesten kommt der, wenn es mehrstimmig zur Sache geht, wie etwa bei meinem Favoriten der Scheibe, "Roots". Aber auch "On My Way", die erste Singleauskopplung der Platte, besticht durch den sehr harmonischen Wechselgesang. Weitere Anspieltipps sind "Watch The World Turn Blue", das tragisch anmutende "Ode To Victor Jara" oder das relativ flotte "Piece Me Back Together" sowie "Plunge".
Letztendlich ist "Effra Parade" ganz sicher kein Album für eine wilde Freitagabend-Party, dafür aber umso mehr zum relaxten Abhängen sowie auch aufmerksamen Zuhören sehr geeignet. Denn zu entdecken gibt es viel. Das beginnt bei den schönen Melodien über die für 2014 fast schon außergewöhnliche Stilistik bis hin zu den vielen unterschiedlichen, ungewohnten wie auch interessanten Instrumenten. Die 15 Tracks sind durchgängig sehr ruhig gehalten, strahlen eine angenehme Zeitlosigkeit aus und lassen keine direkten Vergleiche zu einer anderen aktuellen - zumindest keiner mir bekannten - Band zu.
Sehr schönes Teil für Folkliebhaber und -fans!
Line-up:
Huw Williams (guitars, charango, ukulele, vocals)
Rudi Schmidt (charango, charango kalampeo, guitars, flute, melodica, kora, penny whistle, vocals)
John Naldrett (electric bass)
Anna Schmidt (melodica, vocals)
Emilio Reyes (melodica, piano, queno, charango, kora)
Greta Eacott (marimba, drums & percussion, background vocals)

With:
Ali Digby (cello)
Aloyse Raptopoulos (flute)
Ania Crawshaw (clarinet)
Charlie Shuttler (trumpet)
Christopher James (double bass)
Gill Scheuer (oboe, cor anglais)
Idris Rahman (saxophone, clarinet)
Jane Bom-Bane (vocals)
John Eacott (trumpet)
Jon Willoughby (percussion, drums)
Lydia Samuels (autoharp)
Nick Pynn (violin, viola)
Orlando Clarkson (double bass)
Robin Hopcroft (trumpet)
Sue Williams (trombone)
Tracklist
01:Last Thing You Said (Intro)
02:On My Way
03:Imperfect Time
04:Plunge
05:Honey Bee (Interlude)
06:Roots
07:Runaway
08:Ode To Victor Jara
09:Willow
10:Come Outside
11:Lost To You
12:Dreams Of Air
13:Watch The World Turn Blue
14:Piece Me Back Together
15:Effra Parade (Outro)
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