Kreuze sind auf Metal-Platten eher die Seltenheit (umgedrehte Kruzifixe natürlich ausgenommen), und so muss man beim Anblick des Menchen-Werks "Red Rock" schon von vorn herein aufmerksam werden. Erst recht, wenn man noch den Typen begutachtet, der sich da mitsamt des Kreuzes seinen Weg durch das Flammeninferno bahnt. Der erinnert einen nämlich irgendwie an Jesus Christus...
Diese Gedanken treffen voll ins Schwarze, denn Mastermind Bill Menchen (Titanic, The Seventh Power, Final Axe) und seine Mannen haben sich hier dem christlichen Heavy Metal bzw. White Metal verschrieben. Das fängt beim Coverartwork an und zieht sich thematisch wie der berühmte rote Faden durch die Songtexte, die allesamt eine religiöse Schlagseite aufweisen:
»Hallelujah, the train is coming
Jesus is the one
Have you seen my servant? / He's an upright man/ He fears the Lord God/ Firm and fast he stand
One God who made us all / One Lord saves us from the fall« - waren das genug Kostproben?
Jetzt wird der ein oder andere entnervt aufstöhnen. Durchaus verständlich, da sicher nicht jeder gewillt ist, so penetrant mit Glaubensansichten bombardiert zu werden, wie es auf "Red Rock" geschieht. Andererseits: Man muss ja nicht zwingend auf die Texte hören, auch wenn Sänger Ken Redding (His Witness) schon eine recht deutliche Aussprache an den Tag legt.
Tut man dies nämlich nicht bzw. passt einem der christliche Touch gut in den Kram, rotiert hier unterm Strich ein feines Metal-Album im Player, dem es an griffigen Songstrukturen und instrumentaler Finesse sicherlich nicht mangelt. Auffällig ist auch der gute Klang dieser Scheibe, dessen Transparenz alle Instrumente gebührend zur Geltung bringt.
Die gute Aussteuerung rückt nämlich gerade Bassmann Tony Franklin ( Whitesnake, Quiet Riot, The Firm) ins rechte Licht, der sich als wahrer Meister der unteren Frequenzen entpuppt! Sein furztrockener Sound bahnt sich hier mühelos seinen Weg! Andererseits wäre es aber eine echte Frechheit gewesen, dieses Talent in schlecht produziertem Klang untergehen zu lassen. Am besten kommt sein virtuoses und doch immer songdienliches Spiel übrigens bei "Shifting Sand" zum Ausdruck - einfach nur großartig, dem Mann lauschen zu dürfen!
Darüber hinaus hat sich Bill Menchen mit Stryper-Schlagwerker Robert Sweet einen Gesinnungsgenossen mit ins Boot geholt, der einfach bestens ins Konzept passt. Sweets Hauptband war schließlich dafür bekannt, Bibeln ins Publikum zu werfen. Stryper zählen zu den bekanntesten Vertretern des sogenannten White Metal.
Last but not least wäre da noch der Namensgeber selbst. Ein Könner an den sechs Saiten, der es jedoch versteht, sein Talent gebührend und wohldosiert einzusetzen, anstatt in irgendwelche Frickelorigien zu verfallen. So finden sich auf "Red Rock" sowohl akzentuierte, griffige Riffs als auch anständiges Solo-Spiel. Bill Menchen ist jedenfalls überzeugter Christ und bei MySpace sogar mit Jesus befreundet...
Zu letzterem mag man stehen, wie man will, ich finde es einfach nur lächerlich. Der Mann ist sich jedenfalls nicht dafür zu schade, seinen Glauben stolz in die Welt hinaus zu posaunen, denn auch Sprüche wie »Lord Jesus, forgive my sin« springen einem auf seiner Profilseite ins Auge. Nun ja, ich halte prinzipiell wenig davon, den Leuten meinen Glauben derartig aufzudrängen, von daher wirkt solches Verhalten auf mich doch eher grenzwertig.
Andererseits: Der Mann ist halt Amerikaner, die haben eben eine andere Herangehensweise. Und Bill Menchen scheint augenscheinlich großen Wert darauf zu legen, mit seinem Glauben in Verbindung gebracht zu werden.
Ihm sei verziehen, um es mal christlich auszudrücken. Denn seine Band macht dann doch so viel Spaß, dass man gut und gerne über derlei Missionierungsdrang hinweg sehen kann. Glanzlichter wie der treibende Opener "Train Crossing" (Sweet setzt seine Bassdrum unglaublich akzentuiert ein; cooler Wechselgesang in der Bridge), der Midtempo-Kracher "A Salt Mine", die Groove-Walze "Shifting Sand" (wie gesagt: mächtiger Bass), das flotte, packende "Wild Wind Blows" (inklusive Hammond-Untermalung) oder "Desert Rain" (einfach geil, wie der Bass im Refrain die Gesangsmelodie unterstützt) ziehen jedenfalls alle Register des zeitlosen, im Hardrock verwurzelten Heavy Metal und laden zu kurzweiligem Hörgenuss ein. Freunde der früheren bzw. der Hauptbands dieser vier Protagonisten dürfen hier jedenfalls bedenkenlos zugreifen, könnten aber von der etwas knapp bemessenen Spielzeit enttäuscht werden.
Line-up:
Robert Sweet (drums)
Bill Menchen (guitar)
Ken Redding (vocals)
Tony Franklin (bass)
Tracklist |
01:Train Crossing (4:12)
02:Noon Sun (3:49)
03:A Salt Mine (4:04)
04:Ashes And Dust (3:34)
05:Forty (3:50)
06:Shifting Sand (3:41)
07:Time To Ride (3:51)
08:Snowy Plain (3:46)
09:Wild Wind Blows (3:44)
10:Desert Rain (3:24)
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