Metamorphosis / Dark
Dark Spielzeit: 62:03
Medium: CD
Label: Galileo Records/ProgRock Records, 2009
Stil: Symphonic Prog

Review vom 30.03.2009


Ingolf Schmock
Auch wenn momentan heftige Verbalattacken aus dem Ländle im Schatten des Matterhorns, gen 'Good Old Germany' geritten werden, hat die Schweiz außer Wirtschaftsbossen, austrocknenden Steueroasen und großlöcherigem Käse, auch noch ein paar gewichtige Kulturgüter anzupreisen, wobei in Sachen progressiver Rockmusik und deren Erzeuger eine Hand zum Aufzählen schier ausreichen dürfte.
So birgt der neueste Tonträger eines schweizer Musikprojektes namens Metamorphosis für den Rezensenten an sich schon etwas Herausforderndes, läuft aber dabei auch Gefahr, als Aspirant auf den Floyd'schen Thron in die überstrapazierte Genreschublade abgelegt zu werden.
Aber was da aus den Lautsprechern scheppert, wischt doch schnell alle Klischees vom Tisch und ruft die wahre musikalische Essenz der Eidgenossen auf den Plan. In den Höhen und den Tiefen bis zum Anschlag ausgereizt, suhlen sich die Protagonisten in den Melodien besagter Prog-Ikonen aus den Königreich, wissen anderseits aber auch symphonische und populäre Nu Metal-Elemente als kompositorische Plattform zu nutzen.
Instrumental offeriert hier Multiinstrumentalist und Mentor Jean-Pierre Schenk nebst seinen Gesellen wie erwartet gewohnt hochklassige Kost, wobei er nicht nur beim Titelsong, sondern auch beim restlichen, meist überlangen Repertoire auf der Platte, oft unüberhörbar harte und dunkle Geschütze auffährt, welche sich aber halbwegs in die gesamte Atmosphäre einfügen.
Textlich ist das mittlerweile vierte Studiowerk, des seit den frühen Siebzigern musizierenden Schweizers, doch sehr apokalyptisch und kritisch geraten und vereint diesmal mehr metallische Ingredienzien als die Vorgänger. So thematisiert "Dark" düstere Visionen über das menschliche Machtstreben und dessen vernichtendes Potential, zelebriert akustisch getragene Antikriegshymnen wie "The Fight Is Over", oder zieht mit den Spekulanten der Finanzwelt bei "Hard Working Man" deftig ins Gericht.
Dieser Output baut sowohl auf die härteren, gitarrenorientierten Elemente, welche sich durch die beiden beflissenen Handwerker Olivier Guenat und Roger Burri ein weites Feld erobern, weiss aber auch, nach so manchen, gelegentlich aufblitzenden psychedelischen Riffs, wieder in einer gemäßigten Klangwolke zu verschwinden.
Die acht Kompositionen bieten den Virtuosen genug Raum, um sich ausufernd in mäandernden Synthesizer-Sounds und mitunter floydschen Motiven zu tummeln, imponieren selbstredend mit klampfentechnischen Dauerprotzereien, und bombastisieren ihre Hörerschaft mit Bedeutungsschwangerschaft sowie starren Krampf, eingebettet in einer ungemein überproduzierten und geschärften Kulisse.
Schenks symphonische Prog Metal-Suiten schöpfen aus den Pfützen der klassischen Musik, werden aber trotz wuchtigem Background und sphärisch-meditativer Brüche über weite Strecken mit meterdicken Klangschichten zugekleistert.
Des Meisters Gesang fehlt die nötige Plastizität und ertrinkt stimmlich im klischeebehafteten instrumentalen Duktus dieser Produktion, die sich, außer mit Arrangements wie "Song For My Son" und "You", nicht unbedingt im Großhirn festzusetzen vermag. Glücklicherweise weiten an einigen Stellen etwas verspieltere bzw. rabiatere Momentaufnahmen das ansonsten straffe, instrumentale Korsett leicht auf, um bei all diesen epischen Langstreckenflügen den Hörer nicht in Verdruss geraten zu lassen.
Dieses Album wird bei den Genreliebhabern einige Durchgänge benötigen, um den überwiegenden zweifelsohne seelenlosen Gebräu aus Gilmour'schen und Wilson'schen Zutaten eine etwaige Magie abzugewinnen und es daher schwer haben, nicht unwiederbringlich unter einem Stapel mausgrauer Socken zu verschwinden.
Die musikalisch zähfließenden, barocken Ingenien des Dreiergestirnes fangen spätestens zur Halbzeit leicht zu enervieren an, werden den engstirnigen Prog-Fan zum Handtuchwerfen animieren, den Prog-Metaller mit Sinn für viel Melodie dagegen das Adrenalin erhöhen. Auch wenn sich der Business-Erfahrene Jean-Pierre Schenk im neuesten Werk bemüht, seine zahlreichen glühenden Ideen in Formen zu schmieden, hinterlässt es doch eher den Eindruck mit heißer Nadel gestrickt zu sein.
Ein Teil des Hörerlagers wird die harsche Kritik vielleicht als ungerecht empfinden, gerade diesem ambitionierten Progprojekt betonierte Starre bzw. Konstruktion ihrer perfekten Instrumentierung und der Fülle ihres Kreativismuses Mattheit zu attestieren, aber angesichts unzähliger Genrekonkrurenten, muss den Künstlern eben manchmal ihre zu konservative Haltung vor Augen geführt werden.
Tracklist
01:Song For My Son
02:The Fight Is Over
03:Hey Man
04:Waking Up
05:Knowing All I Do Is Worth Nothing
06:You
07:Where Do We Go Now
08:Dark
Externe Links: