Schon wieder was aus Schweden.
Bisher sind so einige Platten über meinen Schreibtisch gegangen und nach den vergangenen Erfahrungen könnte man den Bands jetzt fast schon sechs von zehn RockTimes-Uhren als Basis geben, ohne einen Ton gehört zu haben.
Midnight Scraper ist eine weitere junge Band, die sich zunächst an Beatles-Songs versuchte. Mit kühlem Kopf erkannte man, dass das die falsche Richtung war.
Man schrieb eigenes Material, welches sich am Rock'n'Roll, Rock, (etwas) Blues und Soul orientierte. Gut so, denn diese musikalische Richtung beherrschen die Herren wirklich sehr gut.
Wirft man einen Blick auf die Credits zu den zwölf Songs, hat ein Mann aber kräftig die Finger im Spiel: Stevie Klassons Name taucht alleine zehnmal auf und der ist dann nicht nur bei den musikalischen Gästen zu finden.
Zusammen mit Conny Wall hat der Gitarrist auch im Produzentenstuhl gesessen.
Folglich bleiben zwei Tracks übrig, die Midnight Scraper-Originale sind: "Baby Let Me Make Up Your Mind" und "Bye Bye Sweet Whiskey".
Der Titel des Albums ist wörtlich zu nehmen. In den ersten sieben Nummern wirbelt das Quintett ordentlich Staub auf, um es in den folgenden fünf Songs moderater anzugehen.
Fast Side: Fetzige Bläser ziehen ihre Kreise und die Gitarren sägen Holz in Meterware ab. Verfeinert wird die Mixtur mit Piano- und Orgel-Klängen. Dieser Duke Of Honk ist eh nicht zu bremsen. Wenn man den ins Studio bittet, kann mit Gewissheit nur Gutes dabei rumkommen. Der ist ein mit allen Wassern gewaschener Musiker, der der Midnight Scraper-Stilvielfalt folgt, wie eine Klette. Den wird man nicht mehr so schnell los.
Alles klingt so Retro, wie es das Cover und die weiteren Bilder im Booklet belegen.
Tom Goren singt über die Maßen gut und er gibt dem Hörer das Gefühl, als stünde seine Blockhütte nicht neben einem Elch-Möbelhaus, sondern irgendwo in Amerika.
Den souligen Touch liefern die Chorus-Leute Jenny Schyttberg und Monkan Larsson.
Die ersten sieben Fast-Side-Songs, welche nicht einmal die drei Minuten-Hürde überwinden, sind Energiebündel der ansteckenden Art. Dennoch schaffen es die Gitarristen Christopher Young sowie Sparkie stets ein leckeres Solo unterzubringen.
Die Hooklines haben Ohrwurm-Charakter und mit seiner Stimme ist Goren immer unterhaltsam. Gebläse gibt es satt und auch die Musiker aus dieser Abteilung dürfen sich in aller Kürze solistisch in den Vordergrund spielen ("Leave It Behind").
Die 6-Saiter in "Baby Let Me Make Up Your Mind" riffen Stones-mäßig und auch anderen Orts ist die Nähe zu den Briten zuweilen spür- und hörbar.
"Prove Me Wrong" ist ein herrlich kräftiger Rock'n'Soul-Song. Locker werden die Breaks gesetzt und in einem ruhigeren Versatzstück lässt Magic Gunnarsson sein Holzblasinstrument ruhen und widmet sich den Percussion.
"Champagne Blues" ist kein traditioneller 12-Takter, sondern eine treibende Rock'n'Roll-Nummer, die den Hörer aus dem Sessel holt.
Die Up-Tempo Seite der Finnen wird mit "Sparkle Has Had Too Many Drinks" abgeschlossen. Da folgen gleich mehrere Gitarren-Soli aufeinander und dann wird es plötzlich relaxt. Die Atmosphäre im Song ändert sich fließend und die Musiker entführen uns um Mitternacht in eine Bar. Musikalisch verändert der Rock sein Gesicht und mutiert zum Jazz. Das ist ja eine Überraschung! Die hätte man den Leuten nach den ersten sechs Tracks nicht zugetraut, aber schließlich hat man einen Magnus Jonsson, der diesen Genre-Wechsel durch seine mit Dämpfer gespielte Trompete in erster Linie zu verantworten hat. Logisch, dass auch The Duke Of Honk aktiv beteiligt ist.
Die Slow-Side des Albums ist vom Einsatz der akustischen Rhythmus-Gitarre geprägt, die einen schönen Kontrast zu den nun sanfter gezupften E-Gitarren bildet.
Tom Goren kann richtig hingebungsvoll singen.
"Eldorado" ist sehr Country-stylisch und für die schwedische Band gehört dazu wohl auch die Pedal Steel-Gitarre, gespielt von Roger Gustavsson. Riecht etwas nach Klischee, aber der Hör-Spaß wird in keiner Weise gemindert.
Ganz am Schluss kommt "All About Gambling". Abermals, wie die jazzige Einlage in "Sparkle Has Had Too Many Drinks", etwas Besonderes, weil man jetzt gänzlich akustisch unterwegs ist. Conny Wall setzt den Kontrabass in Betrieb und Lina Söderholtz sowie Emeli Jeremias sorgen für die Streicher-Wehmut.
Midnight Scrapers "Fast Side - Slow Side" hat überzeugt, braucht mehrere Durchläufe, um zur vollen Entfaltung zu kommen und besitzt einen serienmäßigen Spaß-Faktor.
Dafür gibt es 8 von 10 RockTimes-Uhren.
Line-up:
Tom Goren (vocals)
Sparkie (guitar)
Christopher Young (guitar)
Alexander Larsson (bass)
Adam Tonér (drums)
Additional Musicians:
The Duke Of Honk (piano, organ, clavinet)
Strings (guitar solo - #10)
Magnus Jonsson (trumpet)
Magic Gunnarsson (saxophone, percussion)
Roger Gustavsson (pedal steel, six string bass)
Stevie Klasson (electric guitar, Nashville guitar, mandolin)
Benneth Fagerlund (piano - #3)
Brady Blade (drums - #12)
Lina Söderholtz (violin - #12)
Emeli Jeremias (cello - #12)
Janne Pettersson (organ - #11)
Conny Wall (contra bass - #12)
Jenny Schyttberg (backing vocals)
Monkan Larsson (backing vocals)
Tracklist |
01:Tears Stop Falling (2:52)
02:Leave It Behind (2:26)
03:Baby Let Me Make Up Your Mind (2:42)
04:Hold On To What You Got (2:32)
05:Prove Me Wrong (2:29)
06:Champagne Blues (2:24)
07:Sparkle Has Had Too Many Drinks (3:50)
08:It's Wearing Me Down (3:04)
09:Eldorado (3:03)
10:Bye Bye Sweet Whiskey (5:02)
11:You're Smiling Again (3:35)
12:All About Gambling (4:53)
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Externe Links:
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