Mind Gone Blind / Liars And Preachers
Liars And Preachers Spielzeit: 46:19
Medium: CD
Label: Rising Records, 2008
Stil: Hard Rock, Classic Rock

Review vom 11.11.2008


Moritz Alves
Mind Gone Blind sind zweifellos ein gutes Beispiel für falsche Vermarktung. Denn es kann im Promo-Schreiben zum Debütalbum "Liars And Preachers" noch so oft stehen, dass man es hier mit »kraftvollem, melodischem Rock« zu tun hat - nachdem mir das Coverartwork ins Auge gesprungen ist, möchte ich dem nämlich nicht so ganz glauben. Ein trauriger Engel im düsteren, knochigen Wald ist und bleibt für mich ein Motiv, dass dem Gothic Metal zuzuschreiben ist, da kann sich die Band auf den Kopf stellen... Oder soll das sogar Eva sein, denn oben links in der Ecke kann man einen verlockenden Apfel am Ast erkennen. Wie auch immer: Der Zeichenstil und gerade das Bild sind 100 Prozent Gothic - nennt mich ruhig einen engstirnigen Sack.
Musikalisch dagegen wandeln die Schotten auf ganz anderen, ja quasi gegensätzlichen Pfaden. Der Vierer hat sich nämlich lupenreinem Hard Rock verschrieben, der seine Einflüsse aus dem bluesigen Rock der 1970er sowie dem Alternative Rock der 1990er Jahre holt. So finden sich bei Mind Gone Blind ausufernde Instrumentalpassagen, deren Jam-Charakter und Gitarrensoli Namen wie Cream, Jimi Hendrix Experience oder auch Ten Years After unweigerlich vor dem inneren Auge aufblitzen lassen. Darüber hinaus sind wuchtige Akkorde zu vernehmen, die manches Mal an die Hochphase des Grunge erinnern, sich aber genauso im Classic Rock zu Hause fühlen. Damit aber nicht genug, denn der Gesang von Gary Moyes zeigt stellenweise Parallelen zu Eddie Vedder (Pearl Jam), was zum einen die Stimmlage, aber auch Gesangslinien und Gesangsstil anbetrifft. Das beste Beispiel dafür liefern Mind Gone Blind bei "Somebody Else", dem dritten Song des Albums.
Vielleicht ist es ob dieses Stilmixes am treffendsten und anschaulichsten, diese Band mit dem Seattle'schen All-Star-Projekt Temple Of The Dog zu vergleichen, einer Formation, die Anfang der 1990er Jahre mit ihrem einzigen, gleichnamigen Album (1991) einen Meilenstein des alternativen Rocks aufnahm. Sinn und Zweck dieses Projektes war es, dem damals frisch verstorbenen Mother Love Bone-Sänger Andy Wood ein musikalisches Denkmal zu setzen.
Bevor jetzt einige empört aufschreien, sei gesagt, dass Mind Gone Blind zwar durchaus beachtliche musikalische Fähigkeiten aufweisen, an die Klasse von Temple Of The Dog aber nur in Ansätzen heranreichen. Der Vergleich dient lediglich einer ungefähren klanglichen Einordnung der Schotten. Denn auch sie spielen Hard Rock mit alternativen Versatzstücken und zeichnen sich zudem durch Arrangements aus, deren ausladende, teilweise leicht progressive Instrumental-Jams ein wichtiger Bestandteil ihres Sounds sind.
Mind Gone Blind ist mit "Liars And Preachers" eine solide Scheibe gelungen, die durch ihre Mischung aus Alternative Rock und Classic Rock weitestgehend zu überzeugen weiß. Der druckvolle Sound schielt übrigens gerne in Richtung Retro und trägt somit bestens zum Gesamtbild des Albums bei. Freunde der genannten Bands sollten definitiv reinhören und sich dabei vor allem nicht vom Cover abschrecken lassen, das ja nun wirklich eine gänzlich andere musikalische Ausrichtung vermuten lässt. Das nächste Mal denkt ihr bitte etwas mehr über die Verpackung eurer Musik nach, Jungs!
Line-up:
Gary Moyes (vocals)
Shane Younie (guitar)
Michael Forrest (bass)
Rob Hendry (drums)
Tracklist
01:Say You Will (3:40)
02:Fragile (3:44)
03:Somebody Else (4:41)
04:Liars & Preachers (5:01)
05:Be (4:22)
06:Getting Back (3:46)
07:Chains (4:48)
08:Die & Start Again (3:21)
09:Redline (4:46)
10:Convicted (4:04)
11:Just (4:06)
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