Gerechtigkeit unter dem Kreuz des Südens - Molly Hatchet im 'Spirit of 66'
Endlich waren einmal wieder südliche Klänge bei uns in der Region angesagt und mit Molly Hatchet auch wieder einmal eine Band aus der Kategorie der alten Helden der achtziger Jahre. Bereits zum wiederholten Mal hatte Francis Geron sie ins Spirit of 66 im belgischen Verviers gebucht, der letzte Auftritt lag gerade mal ein gutes Jahr zurück. Nun sind sie derzeit auf Tour, um ihr aktuelles Album Justice vorzustellen. Und neben dem Sinn für eben diese, schreiben sie sich bekanntermaßen seit vielen Jahren auch noch andere Tugenden in ihren Texten auf die Fahne, als da wären: Familie, Freundschaft, Ehrlichkeit, Fahnentreue und weitere artverwandte Attribute der 'Szene'. Für mich war das neue Album zwar bekannt, ich wollte aber dennoch mit eigenen Augen und Ohren sehen und hören, wie sich die Stücke auf der Bühne in altbekanntes Material eingliedern würden.
Vor gut gefülltem Haus, alles Hardliner, ging es erst einmal mit ein paar der alten Kracher wie "Whiskey Man" oder "Beatin' The Odds" zum Aufwärmen los. Shouter Phil McCormack hatte seine Stimme im Vergleich zur letzten Tour wahrlich besser im Griff, sodass es hier keine Abstriche gab. Er ist ja eh kein Oktaven-Virtuose und wenn er dann auch noch schwächelt, wird es leider sehr eng. Aber alles war gut an diesem Abend - wenn man diese Reibeisen-Töne mag. Sehr schön zu sehen war übrigens auch der ständige 'Wettstreit' in puncto Bühnenpräsenz zwischen ihm als Sänger, mit seiner Leibesfülle und dem irren Blick und seinem Counterpart an der ersten Gitarre, Bobby Ingram, der die körperlichen und stimmlichen 'Nachteile' durch kontinuierliche Bewegung wett machte.
Es ist bei der Frage nach Präsenz fast müßig, hier noch weiter auf den 'zweiten' Gitarristen und einziges Gründungsmitglied aus dem Jahre 1975, Dave Hlubek, einzugehen. Er macht seinen Job nach wie vor bestens und unspektakulär, steht in vollem Fleisch am rechten (vom Publikum aus gesehen) Bühnenrand und hat wenig Raum für Soloeinlagen, frei nach dem Motto: Ihr sollt haben keine anderen Ingrams neben mir! Böse, aber wohl wahr.
Einzig Bassist Tim Lindsey darf/will ab und zu mal einen Refrain mit trällern, steht dafür aber vorne an der Bühne. Im Gegensatz zu Keyboarder John Galvin, der zwar auch hin und wieder ans Mikro kommt, ansonsten aber voll und ganz und ohne großen persönlichen Stempel auf seine Tasten konzentriert ist. Lichtblick vom Unterhaltungswert her ist mal wieder Shawn Beamer an der Schießbude, der sicherlich ein ebenbürtiger Konkurrent für McCormack in Sachen wilder Blick ist. Ich dachte immer, Keith Moon sei der Meister aller Grimassen gewesen, aber Shawn hat es auch sehr gut drauf, seine Gesichtszüge eindrücklich einzusetzen.
Letztendlich muss ich aber zugeben, dass mir die internen Hahnenkämpfe relativ egal sind, solange ich in den Genuss einer musikalischen (Weiter-) Entwicklung komme. Dass ich das kann, haben die alten Herren überzeugend bewiesen. Die neuen Songs wie "Deep Water", "American Pride" oder "Justice" kommen gut an und härter rüber. Auch ein "Gonna Live Til I Die" war bei allem Pathos mit Kreuz-am-Halskettchen-küssen usw. - an diesem Abend gewidmet dem »Man on the Silver Mountain«, Ronnie James Dio, den McCormack mal bei einem Sweden Rock Festival kennengelernt und der ihn auch im persönlichen Kontakt sehr beeindruckt hatte - ein für das Publikum gefälliger Song. Natürlich geht üblicherweise kein Hatchet-Gig ohne "Gator Country" oder den berühmten "Fall Of The Peacemakers" ins Land und wir wurden auch hierin nicht enttäuscht.
Nach kurzweiligsten 90 Minuten verschwand die Band dann für die leise Andeutung einer Pause von der Bühne, um uns direkt wieder mit dem fast schon traditionellen "Free Bird" als Zugabe zu beglücken - lang und laut, das Volk liebte es und der Band merkte man es an, dass sie es merkte. Überhaupt, für meinen Geschmack mal wieder eine richtig gute Kommunikation zwischen Band (nun ja, hauptsächlich McCormack) und Publikum, eben ein echter Live Act! Getoppt wurde die Show mit einem abschließenden "Flirtin' With Desaster" und dann ging es ab an den Merch Stand zum Signieren und Händeschütteln.
An Francis vom Spirit of 66 geht - mal wieder - ein riesiges Merci Beaucoup für diesen lauten, aber sehr gelungenen Abend. We want more!
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